Moerderische Kuesse
hoffnungsvoll.
»Im Oktober wechsle ich zu langen und im April zu kurzen zurück.«
Sie raubte ihm alle Illusionen. Er sah sie in einem eng geschnittenen Pyjama vor sich, aber der Effekt war einfach nicht der gleiche. Er seufzte. »Du hättest dir keinen Zacken aus der Krone gebrochen, wenn du behauptet hättest, dass du splitternackt
schläfst«,
schmollte
er.
»Hätte
das
irgendjemandem geschadet? Ich hatte so viel Spaß.«
»Vielleicht ein bisschen zu viel«, meinte sie trocken.
»Und längst nicht genug.« Seine Erektion schmolz dahin, der Inbegriff von vergeblicher Liebesmühe.
»Entschuldige, dass ich dir nicht weiter entgegenkommen kann.«
»Schon
okay
Du
kannst
mir
dann
persönlich
entgegenkommen.«
»Du träumst wohl.«
»Honey, du hast gar keine Ahnung, wovon ich träume. Also, weshalb ich anrufe –«
Sie lachte, und er spürte so was wie Eichhörnchensprünge in seiner Magengrube. Seine Innereien begannen tatsächlich zu hüpfen, nur weil er sie zum Lachen gebracht hatte. Mal wieder.
»Ich habe heute nichts zu tun, und mir ist langweilig. Sollen wir nach Disneyland fahren?«
»Was?«, hörte er sie fassungslos fragen. Man hätte meinen können, er hätte unverständliches Kauderwelsch von sich gegeben.
»Disneyland. Du weißt schon, das bei Paris. In den USA war ich auch noch nie in einem. Warst du schon mal in Disneyland?«
»Zweimal«, bestätigte sie. »Tina und ich waren zweimal mit Zia dort. Averill ist beide Male nicht mitgekommen, er hatte was gegen Schlangestehen.«
»Man muss ein echter Kerl sein zum Schlangestehen.«
»Und zwar ohne Jammern«, ergänzte sie.
»Ohne Jammern.« Wie hätte er da widersprechen sollen?
»Ich habe jemanden auf diese Sicherheitssystemsache angesetzt, aber heute werde ich wahrscheinlich nicht mehr viel erfahren. Ich muss die Zeit totschlagen, du musst die Zeit totschlagen, warum sollten wir also in getrennten Zimmern die Wand anstarren, wo wir gemeinsam durch Cinderellas Schloss tanzen können?«
»Es ist Schneewittchens Schloss, nicht Cinderellas.«
»Auch egal. Ich persönlich fand Cinderella immer hübscher als Schneewittchen, weil sie so blond war. Ich hab eine Schwäche für blonde Frauen.«
»Ist mir noch gar nicht aufgefallen.« Sie klang, als müsste sie gleich wieder lachen.
»Siehʹs doch mal so: Glaubst du, dich würde irgendwer in Disneyland vermuten?«
Es blieb kurz still, während sie überlegte, ob an seinem Argument etwas dran war. Er konnte ihr schlecht erklären, dass er vor allem wegen Franks Unfall so unruhig und nervös war und dass er wahrscheinlich wahnsinnig werden würde, wenn er den ganzen Tag in seinem Hotelzimmer hocken müsste. Er war kein großer Fan von Freizeitparks, aber auf diese Weise wären sie beide beschäftigt und mussten nicht auf Schritt und Tritt mit einem Hinterhalt rechnen. Nervi würde nicht im Traum daran denken, Disneyland überwachen zu lassen, denn welcher Idiot würde sich mitten in einem tödlichen Katz‐und‐Maus‐Spiel verdrücken, um kurz mit der Big‐Thunder‐Mountain‐Achterbahn zu fahren?
»Außerdem soll heute die Sonne scheinen. Komm schon«, gurrte er. »Es wird bestimmt schön. Wir können Teetassen‐Karussell fahren, bis uns schwindlig ist und wir kotzen müssen.«
»Das klingt wirklich zu verlockend. Ich kann es kaum erwarten.« Sie versuchte, ein Kichern zu unterdrücken, aber er hörte das leise Glucksen in ihrer Stimme.
»Du kommst also mit?«
Sie seufzte. »Warum nicht? Entweder ist es eine dumme Idee oder ein genialer Schachzug. Ich weiß nur nicht, was.«
»Super. Setz einen Hut und deine Sonnenbrille auf und schleich dich hierher, dann können wir noch frühstücken, ehe wir losbrausen. Mich jucktʹs schon im großen Zeh, weil ich endlich mal den kleinen Flitzer ausfahren will, den ich mir anstelle
des
Jaguars
geholt
habe.
Er
hat
zweihundertfünfundzwanzig Pferde unter der Haube, und ich will mindestens zweihundert davon zum Laufen bringen.«
»Ach so! Jetzt weiß ich, warum du angerufen hast. Du willst wie ein Wahnsinniger über die Autobahn preschen und brauchst dazu eine Frau, die dich bewundernd ansieht und im passenden Moment Ah und Oh stöhnt.«
»Bitte, tuʹs mir zuliebe. Ich habe in letzter Zeit viel zu wenig Stöhnen gehört.«
»Ich werde mein Bestes versuchen. Gegen acht bin ich bei dir; wenn du davor hungrig wirst, kannst du dir gern was bestellen. Ich kann auch später essen.«
Die Zweistundenfrist, die sie sich einräumte, ließ
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