Moerderische Schaerennaechte
eine Kunstpause, um die Wirkung seiner Worte zu erhöhen, »… es sieht so aus, als hätte ihn jemand unmittelbar vor seinem Tod fest an den Schultern gepackt.«
Sachsen stellte sich hinter Margit. Sie waren nahezu gleich groß.
»Beug die Knie«, sagte er.
Sie warf ihm einen schwer zu deutenden Blick zu, tat aber wie geheißen und ging leicht in die Hocke, sodass sie ungefähr fünfzehn Zentimeter kleiner als der Arzt war.
Er legte beide Hände auf ihre Schultern, mit den Fingern am Schlüsselbein und den Daumen im Nacken. Dann drückte er zu.
»Au, was machst du?«, rief Margit aus.
Sie wäre beinahe umgefallen, unter der plötzlichen Belastung hatten ihre Knie nachgegeben.
»Ich zeige, was passiert ist.«
Sachsen ließ Margit los und erklärte:
»Die Haut über dem Schlüsselbein zeigt Abdrücke von Fingerkuppen, also gespreizte Finger, die auf das Gewebe gedrückt haben. Auf dem Rücken sind Druckstellen, wie sie nur Daumennägel hinterlassen können. Wenn jemand auf diese Weise von schräg oben zupackt, ist es ein Kinderspiel, einen Menschen unter Wasser zu drücken, bis er aufhört zu atmen.«
Margit rieb sich das Schlüsselbein und machte kleine kreisende Bewegungen mit den Schultern, um die Blutzirkulation wieder in Gang zu bringen.
»Ach, komm«, sagte der Rechtsmediziner. »So schlimm war das nun auch nicht.«
Ihr Gesichtsausdruck machte unmissverständlich klar, dass sie ihm eine runterhauen würde, falls er noch mal versuchen sollte, seine Erkenntnisse an ihr zu demonstrieren.
»Hat ihn jemand ertränkt?«, fragte Thomas.
»Sieht ganz so aus. Es sei denn, Fredell war aus Gummi und konnte seine Arme komplett um den Leib schlingen. Eine andere Möglichkeit, um sich derartige Druckstellen selbst beizubringen, gibt es nicht.«
»Er konnte sich kaum rühren«, sagte Thomas. »Er hatte MS. Ich habe ihn am Tag vor seinem Tod besucht.«
»Dann war es ein anderer, der ihn unter Wasser gedrückt hat, bis er tot war«, sagte Sachsen.
»Mord also«, sagte Margit leise. »Was bedeutet das im Zusammenhang mit Marcus Nielsens Tod?«
»Schwer zu sagen.« Sachsen rieb sich das Kinn. »Ich habe zwar die Obduktion nicht selbst vorgenommen, aber ich habe den Bericht gelesen, und die Untersuchung durch meinen Kollegen war vorbildlich. Was Nielsen betrifft, deutet nichts darauf hin, dass es sich um etwas anderes als Suizid handelt. Keine unerklärlichen Blutergüsse, keine fremden DNA-Spuren. Der Tod ist an Ort und Stelle eingetreten.«
Thomas ging näher heran, um die Abdrücke auf Fredells Brust zu betrachten. Tatsächlich zeichneten sich schwach bläuliche Verfärbungen unter der Haut ab, und er meinte vor sich zu sehen, wie harte Finger unbarmherzig zudrückten.
Vergeblich versuchte er sich ein Bild von dem Menschen zu machen, dem die Hände gehört hatten. Wer ermordete einen hilflosen Kranken?
Der Rechtsmediziner warf einen Blick auf den Monitor auf dem Tisch. Der Bildschirm war voller Text in kleiner Schrift.
»Ach, noch was. Das Opfer war alkoholisiert«, sagte Sachsen.
Thomas drehte sich um.
»Wie bitte?«
»Der Mann stand zum Zeitpunkt des Todes unter Alkoholeinfluss. Er hatte erhebliche Mengen Whisky zu sich genommen. Weißt du, ob er ein Alkoholproblem hatte?«
Thomas erinnerte sich an die Ablage über dem Waschbecken im Bad. Dort hatten zahlreiche Medikamente gelegen. Weiße Schachteln mit roten Warndreiecken.
»Er hat wegen seiner Krankheit eine Menge Medikamente genommen. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass er in diesem Zustand getrunken hat. Wir werden seine Frau fragen.«
»Ich kann mich nicht erinnern, irgendwelche Schnapsflaschen gesehen zu haben, als wir in die Wohnung kamen«, sagte Margit nachdenklich.
»Du bist dir ganz sicher?«
Thomas drehte sich zu Sachsen um. Der nickte.
»Kann der Täter ihm den Alkohol eingeflößt haben, um leichter mit ihm fertigzuwerden?«, fuhr Thomas fort.
»Dann hätte er eine Waffe haben müssen«, sagte Margit.
»Ja«, sagte Thomas. »Vielleicht hat der Mörder ihn mit Waffengewalt gezwungen, ins Bad zu gehen und sich in die Wanne zu legen.«
»Das würde erklären, warum ich keine anderen Spuren von Fremdeinwirkung finde«, sagte der Rechtsmediziner.
»Wir werden uns die Wohnung noch einmal vornehmen und sehen, ob wir Schnapsflaschen finden«, sagte Margit. »Vielleicht können wir Fingerabdrücke darauf sicherstellen.«
»Eine letzte Sache«, sagte Sachsen. »Das Wasser in der Lunge. Zuerst dachte ich, es wäre normaler
Weitere Kostenlose Bücher