Moerderische Schaerennaechte
versuchte, alle Gedanken auszuschalten, damit es leichter zu ertragen war. Die Minuten flossen dahin, und ich war halb wach, halb im Dämmer.
Irgendwann würde der Uffz finden, dass wir genug hatten, bis dahin galt es, die Zähne zusammenzubeißen.
Nach einer Ewigkeit, vielleicht einer Stunde, vielleicht mehr, hörte ich seltsame Geräusche von Anderssons Seite.
Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, was es war.
Seine Zähne schlugen so heftig aufeinander, dass es wie Pistolenschüsse über den Acker hallte.
Der Uffz hörte es auch. Er ging zu Andersson und stierte ihn an.
»Herr Feldwebel«, presste Andersson hervor, »bitte um Erlaubnis, aufstehen zu dürfen.«
»Bitte abgelehnt«, raunzte der Uffz.
Wie mutig von Andersson, das zu sagen. Ich hätte mich das nie getraut. Während ich weiter stramm auf dem Boden lag, bewunderte ich ihn insgeheim. Der Junge sagt nicht viel, aber er hat ein sicheres Gespür dafür, was richtig und was falsch ist.
Nach einer Weile durften wir aufstehen. Alle außer Andersson. Er musste eine weitere Viertelstunde auf dem Boden liegen bleiben.
Während ich mich aufrappelte, schielte ich zu ihm hinüber, aber er erwiderte meinen Blick nicht. Stattdessen starrte er verbissen in den wolkengrauen Himmel.
Als er endlich aufstehen durfte, gehorchten ihm seine Beine nicht. Wir mussten ihm helfen, den Rückweg in die Kaserne zu schaffen. Martinger, der Stärkste von uns, trug ihn das letzte Stück auf dem Rücken.
Aber wir konnten nicht heiß duschen.
Das Warmwasser war wegen »Reparaturen« abgestellt. Wir mussten Andersson in dicke Wolldecken wickeln, mit Kleidung und allem, um seine Körpertemperatur wieder zu normalisieren.
Heute haben wir wirklich gelernt zu frieren.
Dienstag (zweite Woche)
Kapitel 23
Das Hochhaus in Brandbergen sah aus wie ein Denkmal für die blinde Bauwut in den Sechzigerjahren, als Stockholm mit Vororten versorgt werden sollte, um Arbeitssuchende aus dem ländlichen Raum ebenso wie aus fremden Ländern unterzubringen.
Zu beiden Seiten des Eingangs waren die Wände mit Graffiti beschmiert, und in einer Tür, hinter der vermutlich ein Keller lag, war eine Fensterscheibe gesprungen.
»Meinst du, wir können es wagen, das Auto hier stehen zu lassen?«, grummelte Margit.
Sie blickte vielsagend zu einem Fahrradgerippe mit kaputten Speichen, das an die Hauswand gelehnt neben einer Art Blumenrabatte stand. Das Beet war übersät mit Abfall. Leeres Bonbonpapier, eine Bierdose, zerfetzte Plastiktüten. Das Einzige, was aus dem Müll herausragte, waren einzelne Grashalme und hier und da ein Löwenzahn; die Blumen, die einmal angepflanzt worden waren, hatten vor langer Zeit aufgegeben.
»Die Frage ist eher, ob es ratsam ist oder nicht, sich als Polizei zu erkennen zu geben«, sagte Thomas.
In einiger Entfernung sah er ein paar Halbstarke, die zusammenstanden und rauchten. Sie trugen Kapuzenshirts und hätten um diese Zeit eigentlich in einer Schulklasse sitzen müssen.
Er fragte sich, ob sie auf eine Gelegenheit warteten, so viele Teile wie möglich vom Auto mitgehen zu lassen, oder ob sie einfach nichts Besseres vorhatten.
»Vielleicht sollte einer von uns im Wagen bleiben?«, meinte Margit.
»Ach was«, sagte Thomas, nachdem er das Auto abgeschlossen hatte. »Wird schon gut gehen.«
Der Wagen war mit einer lauten Alarmanlage ausgestattet; falls sich jemand daran zu schaffen machen sollte, würden Margit oder er den Lärm hoffentlich hören und reagieren, bevor allzu großer Schaden angerichtet werden konnte. Wäre es sein privater Volvo gewesen, hätte er vielleicht anders entschieden, aber diesmal hatten sie eines der Zivilfahrzeuge genommen, über die die Polizeistation verfügte.
Er steckte die Autoschlüssel ein und ging zur Haustür.
Einer Tafel im Treppenhaus konnten sie entnehmen, dass Bo Kaufman im vierten von insgesamt dreizehn Stockwerken wohnte.
Der Aufzug funktionierte, war aber vollkommen beschmiert, genau wie der Rest des Hauses, und Thomas fragte sich, was die Familien in den obersten Etagen wohl machten, wenn er außer Betrieb war. Den übrigen Beschädigungen nach zu urteilen, war der Aufzug vermutlich des Öfteren kaputt.
Sie fuhren in den vierten Stock und klingelten bei Kaufman. Laut Karins Recherchen lebte er allein und von Sozialhilfe. Angaben über einen Beruf oder eine feste Anstellung waren nicht zu ermitteln gewesen.
Da niemand öffnete, klingelte Thomas noch einmal. Länger diesmal, er ließ die Klingel eine ganze Weile
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