Moerderische Schaerennaechte
schrillen.
Schließlich waren hinter der Tür schlurfende Schritte zu hören, und dann öffnete sich ein schmaler Spalt.
»Was ist?«
»Sind Sie Bo Kaufman?«, fragte Thomas. »Wir sind von der Polizei und würden uns gern mit Ihnen unterhalten.«
Thomas sah, wie Bo Kaufman eine Bewegung machte, als wollte er die Tür wieder schließen. Er legte die Hand auf den Türrahmen und starrte direkt in ein Paar rotgeäderter Augen. Bo Kaufman ließ die Türklinke los und trat einen Schritt zurück. Die Tür ging auf und gab den Blick frei auf einen Mann in einem schmuddeligen weißen T-Shirt, das über dem Bauch spannte.
»Scheiße, ich hab doch nichts gemacht«, protestierte er.
»Das behauptet ja keiner«, sagte Margit, »aber wir müssen mit Ihnen reden. Dürfen wir eintreten?«
Sie folgten Kaufman durch die karg möblierte Wohnung in die kleine Küche. Kaufman ließ sich auf einem von zwei Stühlen an einem schmalen Küchentisch nieder. Ein alter Kühlschrank, dessen Handgriff mit Panzerband festgeklebt war, stand an der Wand. Die zerkratzte Spüle war überladen mit benutztem Geschirr.
Den schmutzigen Gläsern und vollen Aschenbechern nach zu urteilen, hatte Bo Kaufman in der letzten Zeit ziemlich gefeiert.
Sein Zittern, die grobporige Haut und die leeren Flaschen deuteten auf langjährigen schweren Alkoholmissbrauch hin. Wahrscheinlich bringt er sich mit der einen oder anderen Schwarzarbeit über die Runden, wenn die Sozialhilfe nicht reicht, dachte Thomas. Er hatte schon öfter ähnliche Fälle gesehen.
Margit entfernte einen Stapel Reklamezettel von einem Stuhl, behielt aber einen als Unterlage, ehe sie sich Kaufman gegenüber hinsetzte.
Thomas sah sich nach einer Sitzgelegenheit um und zog einen Hocker unter der Spüle hervor.
»Hatten Sie Besuch?«, fragte Margit.
Bo Kaufman strich sich übers Haar, das sich im Nacken lockte. Sein Gesicht wirkte aufgedunsen, und Thomas fragte sich, ob er nüchtern war. Vermutlich nicht. In seinem Zustand verschwand der Alkohol nie ganz aus dem Körper. Bevor der Promillegehalt im Blut zu sehr sank, sorgte Kaufman wahrscheinlich für Nachschub.
»Gestern Abend waren ein paar Kumpel hier.«
»Sie leben allein?«
»Mhmm.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich hatte mal eine Zeit lang ’ne Freundin, aber die ist abgehauen.«
»Kinder?«
»Einen Jungen, aber wir sehen uns nicht sehr oft.«
Thomas zog das Foto von Marcus Nielsen aus der Innentasche seiner Jacke und legte es auf den Tisch.
»Kennen Sie den jungen Mann hier?«
»Nein«, sagte Kaufman nach einem schnellen Blick darauf.
»Sehen Sie es sich genau an«, mahnte Margit. »Vielleicht haben Sie ihn irgendwann einmal getroffen?«
Der Mann nahm das Foto mit zitternder Hand hoch. Die Trauerränder unter seinen Nägeln zeichneten sich gegen den weißen Rand des Fotos ab.
»Kenne ich nicht. Nie gesehen.«
»Sind Sie ganz sicher?«
»Ja, sag ich doch.«
Er legte das Foto wieder hin.
»Das ist Marcus Nielsen, Psychologiestudent an der Universität Stockholm«, erklärte Thomas. »Er ist tot, und wir haben Ihren Namen in seinem Handy gefunden.«
In Bo Kaufmans Augen trat ein verunsicherter Ausdruck.
»Wieso das denn?«
»Genau das versuchen wir herauszufinden«, sagte Thomas geduldig.
»Sie haben keine Ahnung, warum Marcus Ihren Namen abgespeichert hat?«, fragte Margit.
»Nein.«
Kaufman grub in der Tasche seiner schmutzigen Jeans und förderte eine zerdrückte Zigarettenschachtel zutage. Er riss ein Streichholz an, entzündete eine Zigarette und nahm einen tiefen Zug.
Margit beugte sich vor. Ihr entschlossener Gesichtsausdruck sagte Thomas, dass sie versuchen wollte, Kaufmans Abwehrhaltung zu durchbrechen.
»Was haben Sie am letzten Wochenende und am vergangenen Samstag gemacht?«
»Was?«
Margit versuchte es noch einmal.
»Was haben Sie am Samstag und am Wochenende davor gemacht?«
»Weiß ich nicht mehr genau, wahrscheinlich war ich mit meinen Kumpels zusammen.«
Bo Kaufman wirkte überrumpelt, er sah Thomas an, als erwartete er eine Erklärung, oder vielleicht Sympathie, aber es fiel Thomas schwer, Mitgefühl aufzubringen. Was auch an Kaufmans Desinteresse lag, auf ihre Fragen zu antworten. Der Rest der Welt ging dem Mann am Arsch vorbei, solange er nur etwas zu trinken bekam.
»Kann das jemand bezeugen?«, fragte Margit und verschränkte die Arme vor der Brust.
Ohne den Blick von ihm abzuwenden, wartete sie auf seine Antwort.
Ärger flammte in Kaufmans Augen auf, und drohend richtete er den
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