Moerderische Schaerennaechte
vermutlich hatte er sich nicht lange gewehrt.
»Vielleicht ist er ausgerutscht?«, schlug Thomas wider besseren Wissens vor.
»Dann würde das ganz anders aussehen. Wenn er hingefallen wäre und sich wehgetan hätte, müsste er andere Blutergüsse am Körper haben. Die dann außerdem kleine Risse an den Rändern aufweisen würden.«
»Ich verstehe.«
»Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde Sven Erneskog umgebracht«, sagte der Rechtsmediziner. »Das hattest du wohl schon vermutet?«
»Ja«, erwiderte Thomas.
Ein Serienmörder also. Es war genauso schlimm, wie er befürchtet hatte.
»Übrigens«, sagte Grönstedt. »Du hattest recht mit der Seife. Sowohl im Badewasser als auch in der Lunge war Schmierseife.«
Kapitel 38
Als sie durch den Hafen fuhren, sah Nora, dass einige Segelboote noch an den Stegen lagen, obwohl es schon so spät im Jahr war. Aber der lange Kai vor dem KSSS wirkte verlassen, und auf der Caféterrasse war niemand zu sehen.
Die Luft war frisch, und Noras Haar flatterte im Fahrtwind. Sie schattete die Augen gegen die Sonne ab, um besser sehen zu können. Lökholmen glitt vorbei und der Flachwasserbereich, an dem im Sommer das Segelcamp lag. Alles war gähnend leer, die Jollen waren längst nach Saltsjöbaden gebracht worden, wo sich das neue Clubhaus des KSSS befand.
Das Wasser kräuselte sich leicht unter der schwachen Brise.
Olle fuhr eine weite Kurve, und dann bogen sie in den Korsö-Sund, der im Westen von Kroksö begrenzt wurde. Jetzt sah Nora den breiten Betonsteg. Er verlief parallel zur hölzernen Landungsbrücke an der Strandlinie. Wenn die Familie Badeausflüge mit dem eigenen Boot unternahm, hatte sie oft tarnfarbengefleckte Kampfschiffe dort liegen sehen.
Olle Granlund nahm Gas weg und drehte geschickt an der Innenseite der massiven Anlegestelle bei. Nora machte das Bugtau fest und sprang mit einem Satz auf die Brücke. Dort blieb sie stehen und sah sich ein wenig nervös um.
Keine Soldaten, die auf sie zukamen. Weit und breit war nichts zu sehen als ein paar Möwen, die auf der Jagd nach Beute über den Wellen segelten.
»Na komm«, sagte Olle mit einer winkenden Handbewegung. »Keine Angst.«
Nora folgte ihm. Ein breiter Asphaltweg, der von der Meerseite nicht einsehbar war, führte zu einem offenen Platz. Der wurde gesäumt von falunroten, zweistöckigen Gebäuden mit schwarzen Türen und Dachgauben.
»Das hier sind die Unterkünfte«, erklärte Olle Granlund.
»Wie groß die sind«, sagte Nora.
»Es gibt noch viel mehr, dahinten links ist ein anderer Weg mit ebensolchen Häusern.«
Nora blieb vor einem soliden Haus mit Sprossenfenstern stehen. Die Fassade war dunkelbraun, und eine kurze Treppe führte zu einer breiten Doppeltür hinauf.
»Das ist der Laden, hier konnte man Zigaretten und andere Kleinigkeiten kaufen.«
Nora blickte sich um. Es war wie eine Geisterstadt. Alles war da, nur die Menschen fehlten.
»Wir gehen zum Turm«, sagte Olle.
Der Weg war länger und steiler, als Nora gedacht hatte. Als sie am Turm ankamen, war sie völlig außer Atem, aber die Aussicht war jeden mühsamen Meter wert.
Die Ostsee breitete sich vor ihnen bis zur Unendlichkeit aus. In der Ferne, genau dort, wo Himmel und Meer in bläulichem Dunst miteinander verschmolzen, war das Leuchtfeuer Almagrundet zu erahnen. Kleine Inseln erhoben sich aus dem Blau wie erdfarbene Blüten.
Das Meer war so plan, dass Nora begriff, warum die Menschen im Mittelalter fest überzeugt waren, die Erde könne keine Kugel sein.
»Ich wusste gar nicht, dass Korsö so steil ist«, sagte sie.
»Das ist der Grund, warum sich die Insel perfekt als Beobachtungs- und Verteidigungsposten eignet. Militärstrategische Bedeutung nennt sich das.«
Ein kleines Stück entfernt stand ein weißes Haus etwas erhöht auf grauem Fels. Olle Granlund zeigte auf das schlichte Gebäude.
»Das da ist das alte Leuchtturmwärterhaus. Hast du mal von Leuchtfeuermeister Avén gehört?«
»Ich glaube nicht.«
»Er war ein legendärer Rosenzüchter. Der Skalde Elias Sehlstedt schrieb eines Mittsommerabends ein Gedicht über ihn. Es begann so: ›Ein Hoch auf Avén! Salut, alle Rahen bemannt! Möge das Glück seine Blumen dir pflücken!‹«
»Wie schön.«
Nora bewunderte den Turm.
Im Mauerwerk waren hier und da Gucklöcher zu sehen. An der Spitze befand sich ein kleinerer Aufbau aus lauter Fenstern. Es erinnerte an einen Fluglotsentower mit dreihundertsechzig Grad Rundumsicht.
»Warst du mal oben?«, fragte
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