Moerderische Schaerennaechte
konnte.
Der Volvo neigte sich tief auf die Seite und Thomas kämpfte darum, die Kontrolle zu behalten. Wenn nur die Bremsen nicht blockierten, sonst würde der Wagen direkt in den Lastzug vor ihm krachen.
Und zwar frontal.
Der Asphalt war nass. War das gut oder schlecht? Er wusste es nicht mehr genau.
Der Abstand zum Truck verringerte sich rasend schnell.
Thomas biss die Zähne zusammen.
Kapitel 40
Sie waren im Halbkreis gegangen und näherten sich wieder dem Kai. Auf dem Rückweg hatte Olle ihr weitere Eingänge und Öffnungen gezeigt, die versiegelt waren. Die meisten hätte sie nicht bemerkt, wenn er sie nicht darauf aufmerksam gemacht hätte. Sie waren gut getarnt und fügten sich perfekt in die Umgebung ein.
Einige Hundert Meter vor dem Strand kamen sie an einen Berg, dessen Eingang von Stacheldrahtgeflecht umgeben war. Die Vegetation war hindurchgewuchert und verdeckte das Metall, sodass es beinahe unmöglich war, den Eingang zu erkennen.
»Da drinnen habe ich viele Nächte gesessen«, sagte Olle Granlund. »Wenn man so hier herumwandert, werden eine Menge Erinnerungen wach.«
Bei seinen Worten fiel Nora ein, dass Thomas nach alten Gerüchten gefragt hatte. Vorsichtig sagte sie:
»Hast du jemals von irgendwelchen Merkwürdigkeiten hier draußen gehört?«
»Was denn für Merkwürdigkeiten?«
Nora zuckte mit den Schultern.
»Na ja, alte Geschichten, was man sich eben so erzählt. An Orten wie diesem gedeihen wohl alle möglichen Mythen über die verschiedensten Prüfungen.«
Ein plötzlicher Windstoß ließ sie aufschrecken. Die Luft war kalt an der Wange.
»Ja, du, ich weiß nicht, Nora. Sicher gibt es viele alte Geschichten.« Ein Schatten schien sich über seine Augen zu legen. »Aber mir fällt keine ein.«
Er ging ein paar Schritte weiter, blieb dann aber stehen.
»Du musst bedenken, dass aus den Männern, die hier stationiert waren, Soldaten der Spitzenelite gemacht werden sollten. Ihre Belastbarkeit musste bis zum Äußersten ausgereizt werden. Es ging darum, kontrollierte Aggressivität zu züchten. Soldaten zu formen, die sich nie, durch nichts und niemanden, von ihren Zielen abbringen lassen.«
Die Worte kamen Nora über die Lippen, ohne dass sie es verhindern konnte.
»Das klingt nach purem Faschismus.«
Olle Granlund blinzelte.
»So habe ich das nie gesehen.«
Irgendetwas raschelte im Dickicht. In der Ferne tuckerte ein altes Motorboot vorbei.
Nora schloss die Augen und versuchte sich vorzustellen, wie es hier ausgesehen haben musste, als Hunderte von Soldaten auf der Insel stationiert waren. Junge Männer mit kurzgeschorenen Haaren, so gedrillt, dass sie Befehlen umgehend gehorchten, keine Fragen stellten und nicht protestierten. Rücksichtslos und ohne Hemmungen, wenn sie die Andeutungen ihres Nachbarn richtig verstanden hatte.
Nora sah ihre Söhne vor sich. Adam und Simon mit ihren weichen Gesichtern und schmalen Jungskörpern. Würden sie sich in dieser Umgebung auch bis zur Zerreißgrenze schleifen lassen?
Sie ging zu den großen Türen und berührte das Metall. Ein klaustrophobisches Gefühl beschlich sie. Sie konnte sich nicht vorstellen, in einem engen, feuchten Raum im Berg zu sitzen, umgeben von Waffen und schweigenden, grimmigen Soldaten.
Alle mit dem einen Ziel : den Feind um jeden Preis aufzuhalten.
Wie lebte man weiter, wenn man so hart erzogen worden war? Das musste einen für den Rest des Lebens prägen. Aber was für ein Mensch wurde man da?
Kapitel 41
Als die Fahrzeuge nur noch wenige Meter voneinander entfernt waren, gelang es Thomas auszuweichen.
Der Volvo fuhr auf den Seitenstreifen. Nach ein paar weiteren Metern brachte er den Wagen zum Stehen. Die Zugmaschine des Trucks rauschte mit einem knappen Meter Abstand an Thomas vorbei, aber der hintere Teil des Aufliegers berührte die Front des Volvos, und das genügte, damit der Wagen einen Satz machte und mit der Schnauze halb im Graben landete.
Durch die Wucht der Kollision wurde Thomas zur Seite geschleudert, aber der Sicherheitsgurt hielt ihn im Sitz. Das Auto wackelte heftig, blieb jedoch auf seinen vier Rädern und kippte nicht um.
Thomas saß wie erstarrt. Merkwürdigerweise hatte der Airbag nicht ausgelöst.
Die Stille dröhnte in seinem Kopf.
Nach einer ganzen Weile merkte er, dass er das Lenkrad immer noch mit beiden Händen umklammert hielt. Sein Puls raste, und sein Rücken war schweißnass.
Thomas versuchte sich zu zwingen, langsam und gleichmäßig zu atmen. Im Rückspiegel sah er
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