Moerderische Sehnsucht
lauter müden, angenervten und frustrierten Cops. Manchmal, dachte sie, arbeiteten Cops am besten, wenn die Stimmung so geladen war. Das Adrenalin, der Ärger– und oft genug auch Energiepillen– trieben sie dann an.
Es hatte keinen Sinn, sich etwas vorzumachen, dachte sie erneut.
» Wir haben Gia Rossi verloren.« Sofort senkte sich Grabesstille über den gesamten Raum. » Die gesamte Polizei und der gesamte Sicherheitsapparat des Landes stehen hinter uns. Wir haben die Erfahrung, die Intelligenz und die Sturheit sämtlicher Polizisten hier im Raum nach Kräften genutzt. Trotzdem haben wir sie verloren. Sie haben dreißig Sekunden Zeit, um darüber nachzugrübeln, sich deshalb schlecht zu fühlen oder sich Vorwürfe zu machen. Dann ist das Thema abgehakt.«
Sie stellte ihre Aktentasche auf den Tisch, holte sich die nächste Tasse Kaffee aus dem AutoChef, griff nach einer Kopie der Aufnahme von Ariel Greenfeld und hängte sie in der Mitte einer neuen Tafel auf.
» Sie werden wir nicht verlieren. Von jetzt an bis zur Lösung dieses Falles arbeiten wir rund um die Uhr. Von jetzt an ist sie für uns das einzige Opfer in der Stadt. Von jetzt an ist sie der wichtigste Mensch in unser aller Leben. Officer Newkirk?«
» Madam.«
» Sie und die Beamten, mit denen Sie zusammenarbeiten, übernehmen die erste Zwölf-Stunden-Schicht. Dann werden Sie um…« Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. » …neunzehnhundert von Kollegen abgelöst. Captain Feeney, ich brauche eine Empfehlung, welche beiden elektronischen Ermittler ich für die zweite Schicht einteilen kann. Detectives, auch Ihre Ablösung wird umgehend organisiert.«
» Lieutenant.« Trueheart räusperte sich leise, und es war ihm deutlich anzusehen, dass er gegen das Verlangen kämpfte, brav die Hand zu heben und zu warten, bis er an der Reihe war. » Detective Baxter und ich haben bereits einen Rotationsplan ausgearbeitet. Ich meine, wir haben auf dem Rückweg von der Mutter des Opfers darüber diskutiert. Mit Ihrer Erlaubnis würden wir es vorziehen, nicht abgelöst zu werden, sondern teilen die Vierundzwanzig-Stunden-Schichten lieber untereinander auf.«
» Wenn Sie zusätzliche Leute brauchen«, mischte sich auch Baxter ein, » werden Sie die kriegen. Aber wir bleiben dann auch weiterhin im Dienst. Wie steht es mit dir, kranker Bastard?«, sprach er Jenkinson mit seinem Spitznamen an.
» Wir können auch noch schlafen, wenn das Arschloch hinter Schloss und Riegel sitzt.«
» In Ordnung«, stimmte Eve den Detectives zu. » Wir werden es so versuchen. Ich habe weltweit nach verstümmelten, ermordeten und vermissten Frauen gesucht, auf die die Beschreibung der bisherigen Opfer passt. Bei den Ermittlungen vor neun Jahren sind wir zu dem Schluss gekommen, dass der Killer höchstwahrscheinlich schon früher geübt und gemordet hat. Ich habe unsere damalige Suche ausgedehnt«, fügte sie an Feeney gewandt hinzu. » Ich bin noch einmal fünf Jahre zurückgegangen, wobei ich auf Tausende von Namen gestoßen bin.«
Sie griff nach der Diskette mit den Namen und warf sie Feeney zu. » Wir müssen die Zahl begrenzen. Und wir müssen noch ein oder mehrere mögliche Opfer von ihm finden– sicher hat er am Anfang irgendwelche Fehler bei den Folterungen oder der Entsorgung der Toten gemacht.«
Dann wandte sie sich wieder ihrer Liste zu. » Und jetzt zu Punkt zwei.«
Während Eve mit ihren Leuten sprach, ihren Berichten lauschte und das weitere Vorgehen besprach, wurde Ariel Greenfeld wach. Sie war bereits zweimal vorher wach geworden, hatte aber ihre Umgebung nur verschwommen wahrgenommen, bevor er hereingekommen war. Ein kleiner Raum mit Glaswänden und medizinischen Geräten? Lag sie vielleicht im Krankenhaus?
Sie hatte versucht, deutlicher zu sehen, aber alles war verschwommen. Als wären ihre Augen und ihr Hirn mit Öl verschmiert. Sie hatte gemeint, Musik zu hören, hohe, trällernde Stimmen. Engel? War sie tot?
Dann war sie wieder abgetaucht, abgetaucht ins Nichts.
Als sie dieses Mal erwachte, war das Zimmer größer. Oder kam ihr größer vor. Das Licht war derart grell, dass es ihr fast in den Augen wehtat. Sie fühlte sich schwach, und ihr war schlecht, als wäre sie lange krank gewesen, und wieder überlegte sie, ob sie in einem Krankenhaus lag.
Hatte sie einen Unfall gehabt? Sie konnte sich an nichts erinnern, hatte aber auch keine Schmerzen, während sie still dalag und versuchte zu ergründen, was geschehen war. Dann versuchte sie, sich an das Letzte zu
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