Moerderische Sehnsucht
dass ich einen Kater hätte und in meinem Kühlschrank wieder einmal Ebbe herrscht. Womit sie durchaus richtig lag.«
Er ließ sich auf die Sofalehne sinken. Das gesamte Wohnzimmer bot Zeugnis eines Mannes, der das Opfer einer langen Nacht geworden war. Sojachips, Softdrink-Dosen, eine Schachtel Schmerztabletten, eine Decke und diverse Kissen waren auf der Couch, dem Tisch, dem Fußboden verstreut.
» Ich habe es nur noch bis zur Couch geschafft«, fuhr Erik fort. » Und als ich hörte, dass sie in die Wohnung kam, habe ich gestöhnt. Sie hat mich ein bisschen aufgezogen und gesagt, wir würden uns nach ihrer Arbeit sehen. Wenn ich bis dahin nicht gestorben wäre, käme sie mit ein paar Lebensmitteln vorbei und würde mir was F eines kochen. Ist ihr was passiert? Am Telefon haben sie mir nichts gesagt.«
» Stehen Sie beide einander nahe? Sie und Ariel?«
» Ja. Nicht, Sie wissen schon, nicht auf diese Art. Wir sind Freunde. Wir hängen zusammen rum.«
» Könnte sie mit jemandem zusammen sein, mit dem sie mehr als nur befreundet ist?«
» Es gibt da ein paar Typen – aber alles eher locker, nichts, was wirklich ernst wäre. Ich habe schon bei ihnen angerufen, verdammt, bei jedem Einzelnen. Außerdem hätte sie mir erzählt, wenn sie bei einem anderen Typen wäre.« Das Zittern seiner Stimme machte deutlich, dass er mühsam um Beherrschung rang. » Wenn sie sagt, dass sie zurückkommt und was für mich kocht, macht sie nicht plötzlich etwas anderes. Ich hatte schon angefangen, mir Sorgen um sie z u machen, bevor Ihre Kollegin bei mir angerufen hat.«
» Wann war sie heute mit der Arbeit fertig?«
» Lassen Sie mich überlegen. Vier? Ja, ich glaube, gegen vier. Es ist ihr langer Sonntag, also ging ihre Schicht bis vier. Normalerweise kommt sie dann immer direkt nach Hause. An kurzen Sonntagen kauft sie ab und zu noch ein, wir treffen uns manchmal mit ein paar Leuten zum Mittagessen.«
» Wir würden uns gern in ihrer Wohnung umsehen.«
» Ja, okay. Sie hätte sicher nichts dagegen. Ich werde den Schlüssel holen. Wir haben jeweils einen Schlüssel für die Wohnung des anderen.«
» Hat sie etwas davon erzählt, dass sie heute noch mit jemandem verabredet ist? Dass sie noch jemanden treffen will?«
» Nein. Oder, Gott, ich weiß es nicht. Ich hatte mir ein Kissen über den Kopf gezogen und auf einen schnellen Gnadentod gehofft, als sie heute Morgen hier war. Deshalb habe ich gar nicht richtig zugehört, als sie mit mir gesprochen hat.« Er wühlte kurz in einer Schublade der Flurkommode, bis er den gesuchten Schlüssel fand. » Ich verstehe einfach nicht, warum sie nicht an ihr Handy geht. Und ich verstehe nicht, warum Sie alle diese Fragen stellen.«
» Lassen Sie uns in ihre Wohnung gehen«, schlug Eve ihm vor. » Dann wissen wir vielleicht mehr.«
Es duftete nach Plätzchen, bemerkte Eve. Obwohl die Küche klein war, war sie gut organisiert und eindeutig von einem Menschen eingerichtet worden, der wusste, was er tat.
» Manche Frauen kaufen haufenweise Schuhe oder Schmuck«, erklärte Erik ihr. » Ari legt sich lieber Zutaten und Backgeräte zu. Es gibt da ein Fachgeschäft im Schlachthofviertel mit Namen Baker’s Dozen. Sie kriegt schon einen Orgasmus, wenn sie über die Schwelle dieses Ladens tritt.«
» Fehlt irgendetwas, was normalerweise hier sein müsste, wenn sie nur zur Arbeit gegangen wäre?«
» Uh, keine Ahnung. Nein, ich glaube nicht. Soll ich mich mal genauer umsehen?«
» Ausgezeichnete Idee.«
Während er sich in der Wohnung umsah, betrachtete Eve den kleinen Computer, der auf einem Tischchen vor der Küche stand. Solange Ariel nicht offiziell vermisst gemeldet war, durfte sie ihn nicht anrühren, das wusste sie.
Bei Gefahr im Verzug jedoch…
» Vielleicht ist er da drin«, murmelte Roarke . » Vielleicht ist irgendetwas da drauf, das uns einen Hinweis auf ihn gibt.«
» Vielleicht kommt sie im nächsten Augenblick zur Tür herein, und dann habe ich verbotenerweise in ihrer Privatsphäre herumgeschnüffelt.«
» Schwachsinn.« Er schob sich an Eve vorbei, um sich die Kiste anzusehen.
» Warte, verdammt. Einen Augenblick.«
» Ihre Schuhe.« Erik kam aus dem Schlafzimmer und seine Miene drückte gleichzeitig Verwirrung und Besorgnis aus.
» Was ist damit?«
» Ihre guten schwarzen Schuhe sind nicht da. Zur Arbeit trägt sie immer Turnschuhe. Weil sie die acht Blocks bis dorthin meistens läuft und auch während ihrer Arbeit ständig auf den Beinen ist. Auch ihre
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