Moerderische Sehnsucht
gerade einfach zu beschaffen war, doch er hatte das Gefühl gehabt, dass er ihr diese Mühe schuldig war.
Er hatte es mit Elektroschocks versucht, was zugegebenermaßen äußerst interessant gewesen war. Aber nichts– weder Musik noch Schmerzen noch Medikamente noch die systematischen Stromstöße– hatte sie erreichen und das Schloss der Tür aufsperren können, hinter dem ihr Hirn versteckt gewesen war.
Was nach dem wahrhaft berauschenden Erfolg mit Sarifina eine bittere Enttäuschung war. Aber trotzdem, erinnerte er sich, brauchte man nun einmal zwei Menschen für eine Partnerschaft.
» Ich will nicht, dass du dir die Schuld an deinem Versagen gibst, Gia.« Er legte ihre Arme in die für das Ablaufen des Blutes vorgesehenen Rinnen links und rechts des Tischs. » Vielleicht habe ich die Dinge bei dir überstürzt, vielleicht bin ich die Sache nicht richtig angegangen. Schließlich hat jeder eine eigene Schmerz-, Stress- und Angstgrenze. Unsere Psyche und unsere Physis sind so angelegt, dass sie nur ein bestimmtes Maß ertragen. Natürlich stimmt es«, fuhr er fort, während er ihr zum ersten Mal in eins der Handgelenke schnitt, » dass Training, körperliche Bewegung, die richtige Diät und Ausbildung dieses Level steigern können. Aber ich möchte, dass du weißt, dass mir klar ist, du hast dein Bestes gegeben.«
Nachdem er die Vene an ihrem rechten Handgelenk geöffnet hatte, ging er um den Tisch herum und griff nach ihrem linken Arm. » Ich habe unsere gemeinsame Zeit genossen, auch wenn sie nur sehr kurz gewesen ist. Aber deine Zeit ist nun einmal vorbei. Wie mich mein Großvater gelehrt hat, ist jedes Lebewesen nichts anderes als eine Uhr, die mit seinem allerersten Atemzug abzulaufen beginnt. Aber schließlich geht es darum, diese Zeit so gut es geht zu nutzen, nicht wahr?«
Als er fertig war, reinigte und sterilisierte er das stählerne Skalpell, schrubbte das Blut von seinen Händen und trocknete sie gründlich in der warmen Luft des Trockners ab.
» Nun«, erklärte er ihr gut gelaunt. » Lass uns ein bisschen Musik hören. Ich spiele oft › Celeste Aida‹ für meine Mädchen, wenn es für sie an der Zeit ist zu gehen. Ein wunderbares Stück. Ich weiß, dass du es genießen wirst.«
Er rief die Arie auf, und als die Musik den Raum erfüllte, setzte er sich mit verträumten Augen, ganz in der Erinnerung an die alte Zeit versunken, neben sie.
Und beobachtete, wie der Lebenssaft aus Gia Rossis Adern rann.
13
Eve schlurfte unter die Dusche, als Roarke in die Trockenkabine trat. Ihre Stimme klang rostig, als sie heißes Wasser orderte, und sie hatte das Gefühl, als hätte irgendwer die Innenseiten ihrer Lider über Nacht mit einer dünnen Klebstoffschicht versehen.
Das heiße Wasser half, doch ihr war klar, das würde nicht reichen, damit sie wieder völlig zu sich kam. Sie dachte kurz darüber nach, eine der zugelassenen Energiepillen zu nehmen, aber das wäre die allerletzte Möglichkeit. Das Ding würde sie ohne Frage munter machen, gleichzeitig jedoch wäre sie dann den ganzen Tag entsetzlich aufgedreht und überreizt.
Lieber bliebe sie bei Koffein. Unmengen von Koffein.
Als sie mit Duschen fertig war, hatte Roarke schon eine Hose an. Nur eine Hose, bemerkte sie, sein Oberkörper und die Füße waren nackt, und sein wunderbares,schwarzglänzendes Haar war noch ein wenig feucht.
Es gab auch andere Dinge, die sie munter machten, wobei er ganz oben auf der Liste ihrer Lieblingsmuntermacher stand.
Als er auf sie zutrat und ihr einen Becher schwarzen Kaffee überreichte, kannte ihre Liebe keine Grenzen.
Das Geräusch, das ihr entfuhr, drückte ebenso die Wertschätzung für ihn aus wie die für den ersten Schluck des lebensspendenden Gebräus.
» Danke.«
» Als Nächstes werden wir was essen. Gestern mussten wir das Abendessen unterbrechen, und du wirst den Tag unmöglich nur mit Willenskraft und Kaffee überstehen.«
» Ich liebe meine Willenskraft.« Trotzdem trat sie vor den Schrank und zog etwas daraus hervor, das warm und bequem aussah. » Wie schaffst du es, nach knapp zwei Stunden Schlaf derart erholt und sexy auszusehen, während sich mein Gehirn anfühlt, als hätte jemand damit Basketball geübt?«
» Enorme Willenskraft und ein glücklicher Stoffwechsel.« Er wählte ein Hemd und zog es an, knöpfte es aber nicht gleich zu. Dann sah er sie forschend an, als sie nach einer steingrauen Hose griff. » Ich könnte einen Energiedrink für dich bestellen.«
» Nein. Das Zeug hat
Weitere Kostenlose Bücher