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Mörderische Tage

Mörderische Tage

Titel: Mörderische Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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fähigere Mitarbeiterin, aber es wird Zeit, dass Sie etwas für sich tun, sonst haben wir bald nichts mehr von Ihnen, und das würde mir das Herz zerreißen. Sie arbeiten mehr als die meisten hier, Sie nehmen die Arbeit sogar mit nach Hause, wie Sie vorhin einmal mehr eindrucksvoll bewiesen haben. Das ist aber nicht der Sinn unseres Berufs. Und das sage ich Ihnen nicht ersten Mal, aber offensichtlich muss man es Ihnen sehr oft sagen.«
    Durant lachte auf und antwortete: »Wollen Sie mir jetzt auch noch die Leviten lesen …«
    »Nein, Ich möchte Ihnen nur sagen, dass ich Sie vor dem dreiundzwanzigsten Juli hier nicht mehr sehen will. Auch wenn sie behaupten, dass Sie sich auf Ihren Urlaub freuen, so kauf ich Ihnen das nicht ganz ab. Wissen Sie, es gab eine Zeit, da meinte ich auch, der Laden würde nicht ohne mich laufen, bis ich eines Besseren belehrt wurde, weil ich ausgebrannt war wie ein Ofen ohne Brennholz und Kohlen. Als mir das klar wurde, entschloss ich mich, die Ermittlungsarbeit anderen zu überlassen und Ihnen die Leitung zu übertragen. Es hat eine Zeitlang gedauert, bis ich mich erholt hatte, aber jetzt bin ich froh über meine damalige Entscheidung. Doch das nur nebenbei. Bis Freitag, siebzehn Uhr, sind Sie noch im Dienst, danach will ich von Ihnen vier Wochen lang nichts hören oder sehen. Sie können mir natürlich gerne eine Karte schreiben, sie bekommt bei mir auch einen Ehrenplatz, damit ich weiß, dass Sie sich an meine Worte gehalten haben. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
    »Haben Sie. Und ob Sie's glauben oder nicht, ich hätte meinen Urlaub diesmal so oder so nicht geschmissen. Ich bin fertig, ich weiß das selber.«
    »Hoffentlich. Genießen Sie die Auszeit, niemand hat es mehr verdient als Sie. Alles klar?«
    »Alles klar. War's das?«
    »Ich habe fertig. Und jetzt machen Sie, dass Sie rauskommen, Bock kann ziemlich ungehalten sein, wenn er warten muss.«
    Julia Durant verabschiedete sich mit einem Schmunzeln, gab Hellmer das Zeichen zum Aufbruch und ging mit ihm zum Aufzug.
    »Was hat er von dir gewollt?«
    »Nur was Privates.«
    »Okay. Dann können wir ja gleich weitermachen.«
    »Inwiefern?«
    »Na ja, du wolltest doch mit mir reden. Schieß los.«
    »Später.«
    »Dann kann's ja wohl nicht so wichtig sein«, sagte er, während sie den Lift betraten.
    »Hm«, murmelte sie nur.
    Auf der Fahrt zur Rechtsmedizin schwiegen sie, als wären sie Fremde. Sie hatte plötzlich keine Lust mehr, mit Hellmer ein persönliches Gespräch zu führen. Sie war nur noch müde.
     
    Mittwoch, 14.10 Uhr
     
    Die Ungeduld stand Bock wie in großen Lettern auf der Stirn geschrieben, Andrea Sievers stand bei ihm und wiegte mit vielsagendem Gesichtsausdruck den Kopf.
    »Haben Sie einen Umweg über Köln gemacht?«, fragte er bissig zur Begrüßung und sah demonstrativ auf die Uhr.
     »Entschuldigung, aber …«
    »Kommen wir zur Sache, ich hab noch eine wichtige Obduktion. Wenn Sie mir bitte folgen wollen.«
    Durant warf Sievers ein Lächeln zu, die ihr mit einer kurzen Handbewegung zu verstehen gab, dass Bock auf hundertachtzig war.
    Im Sektionssaal lag Jacqueline Schweigert auf dem kalten Metalltisch, die Haut unnatürlich weiß, die Lippen kaum erkennbar, der lange Schnitt im Rumpf mit wenigen Stichen zugenäht, die Kopfhaut notdürftig über dem aufgesägten Schädel zusammengesetzt.
    »Frau Dr. Sievers, möchten Sie den Herrschaften unsere Erkenntnisse mitteilen? Sie haben die seltene Gelegenheit, etwas recht Einmaliges zu erklären.«
    »Gerne. Bei plötzlich auftretendem multiplen Organversagen wie in diesem Fall gehen wir normalerweise von einem septischen Schock aus. Manchmal dauert es ein paar Tage, bis der Tod eintritt, wenn nicht rechtzeitig eine entsprechende Behandlung eingeleitet wird …«
    »Septischer Schock?«, fragte Hellmer. »Das kann ein multiples Organversagen hervorrufen?«
    »Ja, leider. Jedes Jahr sterben allein in Deutschland etwa sechzigtausend Menschen an einer Sepsis, weil sie nicht oder zu spät erkannt wird. Wir haben unsere Tote natürlich zuallererst auf eine Sepsis hin untersucht, konnten aber nichts feststellen, was auch nur im Geringsten darauf hindeutete. Also nahmen wir weitere, zum Teil sehr aufwendige Untersuchungen vor, und dabei fiel Prof. Bock auf, dass Jacqueline Schweigert unter enormem Stress gestanden haben muss. Woher dieser Stress resultierte, entzieht sich unserer Kenntnis, da sie weder innere noch äußere Verletzungen aufweist. Wir können aber

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