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Mörderische Tage

Mörderische Tage

Titel: Mörderische Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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schrecklich, ich kann das nachvollziehen. Aber du brauchst keine Angst zu haben, du wirst so etwas nicht erleben. Ich war vorhin bei deinem Liebhaber, um die Beichte abzulegen. Du weißt ja, es ist eminent wichtig, seine Sünden zu bekennen, sonst kommt man nicht in den Himmel. Dein Pfarrer und Liebhaber ist ganz nett, ein bisschen nervös vielleicht, doch das wäre wohl jeder, wenn er Angst hätte, dass sein pikantes Geheimnis kein Geheimnis mehr bliebe. Aber keine Sorge, ich bin keine Plaudertasche, von mir erfährt niemand etwas. Aber ihr habt ein cleveres Versteckspiel gespielt, und ich bin sehr sicher, keiner aus eurer Gemeinde weiß darüber Bescheid. Nicht einmal deine beste Freundin. Wie lebt es sich eigentlich mit so einem Geheimnis? Über so viele Jahre! Geht das nicht mächtig an die Substanz, ich meine, grenzt das nicht schon an seelische Grausamkeit? Ich weiß nicht, ob ich so was aushalten würde, das wäre mir wohl zu anstrengend. Ich mag es lieber ruhig und beschaulich. Abends auf der Terrasse sitzen und zuschauen, wie die Sonne versinkt, oder ich mache es mir im Winter mit einer schönen Frau vor dem Kamin gemütlich … Bei mir muss alles seine Ordnung haben, angefangen beim Schreibtisch bis hin zu diesem urigen alten Gemäuer, das ich so liebe. Aber zurück zu deinem Pfarrer – ich habe ihm versprochen, dass er dich wiedersehen darf. Lebend natürlich. Ich bin doch kein Monster.« Mit einem Mal lachte er auf und fuhr fort: »Ah, das ist falsch, ich bin doch eins. Ein Monster, eine Bestie und doch ein Mensch. Sind wir in unserem tiefsten Innern nicht alle Monster und Bestien? Sag, hab ich nicht recht? Du als Lektorin müsstest das doch am besten wissen. Wie viele Krimis und Thriller hast du schon gelesen? Tausend? Oder mehr? Ist auch egal. Glaub mir, die meisten dieser Autoren schreiben über das, was sie am liebsten selbst einmal täten – morden, einen Menschen beseitigen, und das so, dass keiner ihnen auf die Schliche kommt. Nur gelingt es den wenigsten, ihre kühnen und düsteren Geheimnisse in die Tat umzusetzen, weil sie schlichtweg zu feige sind. Die Menschen sind feige. Sie sind feige, feige, feige geworden. Was hat die Evolution nur aus uns gemacht? Früher waren wir alle Krieger und Jäger, heute sind die meisten nur noch ein schlapper Abklatsch unserer tapferen Vorfahren, Couch Potatoes, wie man so schön neudeutsch sagt. Aber ein paar wenige tun es doch, und kein Leser merkt, dass da jemand die eigene Erfahrung zu Papier bringt. Nun, ich will dich nicht vollquatschen, in deinem Kopf dreht sich bestimmt schon alles. Aber du darfst jetzt mal ein Weilchen darüber nachdenken, wer ich bin. Vielleicht jemand, der dir schon einmal ein Manuskript geschickt hat, das von dir abgelehnt wurde, obwohl ich gesagt habe, ich hätte es nicht getan? Oder jemand, der an einem Buch schreibt? Oder jemand, der nur eine blühende Phantasie hat, die unbedingt in die Tat umgesetzt werden will? Ich denke, ich habe dir genug Rätsel für die kommenden Stunden oder gar Tage aufgegeben.«
    »Wann darf ich wieder nach Hause?«, quetschte Franziska Uhlig mit letzter Kraft hervor, durch die grauenvollen Bilder wie gelähmt. Jegliches Zeitgefühl war ihr längst abhanden gekommen, und sie wusste nicht, ob es Minuten oder Stunden waren, die dieses Gemetzel gedauert hatte, und sie glaubte kaum noch daran, dass dieser Alptraum je vorüber wäre.
    »Du wirst es rechtzeitig erfahren, aber du brauchst wirklich keine Angst zu haben, ich werde dich praktisch unversehrt freilassen. Jetzt entschuldige mich bitte, ich muss mich wieder um meine beiden Mädchen kümmern. Sie müssen dringend gewaschen werden, das ist jedes Mal eine unglaubliche Schweinerei, die hier veranstaltet wird. Oder wie siehst du das?« Sein Lachen ging Franziska durch und durch, er trat näher an sie heran und schloss die Handschellen auf.
    »Du darfst wieder an die Arbeit gehen«, sagte er, während sie sich die Handgelenke rieb. »Hast du Schmerzen?«
    »Es geht«, flüsterte sie mit heiserer Stimme. »Warum hast du das getan, Professor?«
    »Was? Das da?« Er deutete auf Karolina und Paulina. Er zuckte die Schultern. »Das wirst du nie erfahren. Sei froh, dass dir das erspart bleibt. Und jetzt schreib. Schreib, schreib, schreib, bis deine Finger bluten.«
    Ihre Beine zitterten, als sie sich erhob, ihr war übel, sie glaubte, sich gleich übergeben zu müssen, sie würgte ein paarmal, doch es kam nichts. Sie nahm den Stift in die Hand und begann zu

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