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Mörderische Tage

Mörderische Tage

Titel: Mörderische Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Gewissen, das ist das Letzte, was ich jetzt brauchen kann. Schlaf gut und träum was Süßes, und denk immer daran, es gibt nur eine Frau in meinem Leben, und das bist du.«
    »Schon gut, ich versteh ja, dass du das brauchst, obwohl du eigentlich gar nicht arbeiten müsstest …«
    »Hör mal, ich sag doch auch nichts, wenn du manchmal wochenlang von morgens bis abends vor dem Computer sitzt oder Seminare abhältst und ich nichts von dir habe. Also bitte …«
    »War doch auch nicht so gemeint. Aber einmal wirst du doch wohl mit mir zusammen ins Bett gehen können, oder?«
    »Schatz, ich würde es liebend gerne tun, aber …«
    »Lass es nicht zu spät werden, damit wir wenigstens gemeinsam frühstücken können.«
    »In zwei Stunden bin ich im Bett. Ehrenwort.«
    »Na dann. Gute Nacht.«
    Er nahm Rahel in den Arm und drückte sie an sich. Er sog den Duft ihres Haares ein, schloss die Augen und dachte an ihre erste Begegnung. Ein Hauch von Magie war mit einem Mal da gewesen, ein Knistern wie in einem Kamin an einem kalten Winterabend. Es gab diese wenigen Momente, in denen er sentimental wurde, die so schnell vergingen, wie sie gekommen waren. Sie streichelte ihm sanft über das Gesicht, es war, als läsen ihre langen, schmalen Finger auf seiner Haut, was sie mit ihren Augen nicht mehr konnte.
    »Ich liebe dich«, sagte er leise und küsste sie. »Vergiss das nie, hörst du. Ich liebe dich mehr als alles auf der Welt. Mehr als mein Leben«, sagte er, obwohl es eine große Lüge war.
    »Ich liebe dich auch, ich hoffe, du weißt das. Aber lass uns jetzt nicht zu sentimental werden, sonst fang ich noch an zu heulen. Und das will ich nicht, sonst kann ich nicht schlafen.«
    »Ich begleite dich nach oben.«
    »Lass ruhig, ich schaff das schon allein. Oder hast du noch etwas mit mir vor?«, fragte sie in einem Tonfall, den er nur zu gut von ihr kannte. Leicht anrüchig, lasziv, ein wenig fordernd.
    »Nicht heute. Vielleicht morgen oder übermorgen.«
    Ohne etwas zu erwidern, drehte sie sich um und ging die Treppe nach oben. Er wartete noch einige Minuten, bis er sicher war, dass sie schlief, verließ das Haus und fuhr zu dem Reiterhof, stellte den Range Rover in unmittelbarer Nähe zum Gefängnis ab, setzte das Nachtsichtgerät auf und vergewisserte sich, dass er auch wirklich allein war. Es herrschte eine vollkommene, für manch einen womöglich beängstigende Stille. Er aber liebte diese Einsamkeit, verschaffte sie ihm doch die Möglichkeit, das zu tun, was er gleich wieder tun würde. Er spürte diesen unsäglichen und gleichzeitig angenehmen Druck, der seinen ganzen Körper durchdrang, einen Druck, den er schon seit seiner Kindheit kannte. Er hatte nie gelernt, die Kontrolle über dieses Gefühl zu erlangen, und er wollte es auch schon lange nicht mehr. Er war ein Tier, das nachts aus seiner Höhle kroch, um sein Werk zu vollbringen. Er verglich sich mit einem Wolf, einsam und auf der ständigen Suche nach Beute. In dieser Nacht würde er sich seine Beute holen, die seit langem in seiner Vorratskammer wartete, ohne zu wissen, wann die letzte Stunde, die letzte Minute, die letzte Sekunde gekommen war. Wann der letzte Atemzug getätigt wurde, das Herz zu schlagen aufhörte. Wann alle Vitalfunktionen erloschen, die Muskeln erschlafften und nichts blieb als ein sich allmählich abkühlender Körper, ein Stück Fleisch, Blut und Knochen, seelenlos, geistlos, leblos.
    Der Druck in seinen Lenden, seinem Bauch, seiner Brust, seinem Kopf würde jedoch nicht weichen, wie so oft behauptet wurde, er war ständig da, mal stärker, mal schwächer. Er hatte sich seit Wochen auf diese ganz besondere Nacht vorbereitet. Aber es war noch nicht die Nacht der Nachte, die würde erst noch kommen. Er freute sich bereits darauf wie ein kleines Kind in Erwartung auf die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum. Gerne hätte er andere an seiner Freude teilhaben lassen, und in einer perversen Art tat er das ja auch, was die anderen entsetzte und seine Befriedigung noch einmal verstärkte.
    Das war es, was das wahrhaft Böse ausmachte, und er war stolz darauf, diesem elitären Kreis anzugehören. Eines Tages würde er in die Riege der ganz großen und vielbeachteten Bösen eingehen, und niemand würde ihn jemals vergessen. Noch in hundert oder zweihundert Jahren würde man wie bei Jack the Ripper rätseln, wer denn jenes unheimliche Monster gewesen war, das so viele Menschenleben auf dem Gewissen hatte. Er tauchte wie aus dem Nichts auf und im Nichts

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