Mörderische Vergangenheit (German Edition)
Attentäter zu identifizieren. Doch ein anderer Programmpunkt war als Höhepunkt für das Ende vorgesehen: Die Bühnenshow eines in die Jahre gekommenen Stripper-Quartetts. Es gab einen im Feuerwehrmann-Kostüm, einen Kreuzfahrtkapitän, einen Milchmann und einen Indianer. Die vier alten Herren würden sich zu Playback-Hits der vierziger Jahre allmählich bis auf die langen Unterhosen ausziehen. Die Seniorinnen waren schon ganz aus dem Häuschen vor lauter Vorfreude. Zuallererst wurde die Stimmung im Speisesaal jedoch mit einigen Runden Bingo dem Siedepunkt entgegen getrieben, während die kellnernden Polizisten den Rentnerinnen an kleinen Tischchen Bowle ausschenkten. Reinhard hatte die erhöhte Balustrade gegenüber der Bühne räumen lassen, die man nur über eine schmale Stiege erreichen konnte. Es wäre also ohnehin keiner der Heimbewohner hier hochgekommen, solange der bestellte Treppenlift nicht geliefert war. Der winzige Speiseaufzug brachte Reinhards Sandwich, das der dankbar hinunterschlang. Oberhalb seines Aussichtspunktes hingen zwei starke Scheinwerfer, die auf die Bühne gerichtet waren. Reinhard bewegte einen der Lichtkegel über das Publikum hinweg und scannte jeden im Raum mit den Augen, bis jetzt erschien alles normal. Der künftige Präsident konnte kommen.
„Holt ihn rein!“, rief Reinhard in sein Funkgerät.
„Verstanden!“, quäkte es zurück. Einige Agenten brachten Erickson in einer gepanzerten schwarzen Limousine durch die Tiefgarage des Altenheims hinein. Von dort aus führten sie ihn und seinen Referenten in einen eigenen Umkleideraum hinter der Bühne. Niemand konnte ihm vor dem Auftritt etwas antun. Es sei denn, die Chinesen wollten gleich das gesamte Gebäude in die Luft jagen, selbst wenn diese Methode geschichtlich betrachtet schon häufiger versagt hatte. Doch es wurde ohnehin kein Zivilfahrzeug näher als fünfhundert Meter an die Seniorenresidenz herangelassen, ohne dass Reinhards Leute es vorher auf den Kopf gestellte hatten. Der Soldat schwitzte stark, er durfte es nicht vermasseln. Sonst wäre Reinhard am Ende schuld an einem verlorenen Krieg und dem Untergang seiner Heimat, so wie er sie kannte.
„Zieht ihm eine Weste an!“, befahl er den Agenten im Umkleideraum per Funk.
„Äh, der trägt schon eine. Aus Seide!“, antwortete einer der Kollegen.
„I ch meine eine kugelsichere Weste!“, brüllte Reinhard in sein Gerät.
„A ch so! Ja klar!“, verstand der Agent bei Erickson endlich.
Reinhard s chüttelte betreten den Kopf. Dann knackte sein Funkgerät erneut.
„Also der Kandidat sagt, das Teil trägt auf!“
„Ich komme runter!“, rief Reinhard.
Genervt rannte er die Treppe hinunter und lief hinter dem Einpeits cher vorbei über die Bühne. Die Agenten hinter dem Vorhang ließen ihn passieren, während der Teil des Abendprogramms eingeläutet wurde, für den Erickson hier war: die Witwer-Versteigerung zu einem guten Zweck! Bestimmt würden die Rentnerinnen die Gebote für ein Abendessen mit dem Kandidaten in schwindelerregende Höhen treiben.
Falls nicht, trug Eri cksons Referent eine Menge Bargeld bei sich, um den Wettkampf ein wenig anzuheizen. Wer als Politiker Erfolg haben wollte, durfte nichts der Willkür freier Meinungsbildung überlassen! Aus demselben Grund hielt Erickson nichts davon, eine Weste zu tragen, die ihn fett aussehen ließ.
„Keiner der Damen fällt das noch auf. Do ch Sie werden den Unterschied merken, wenn der Attentäter wirklich hier ist!“, bekniete Reinhard den Politiker.
„Dann müssen Sie verhindern, dass er zum S chuss kommt!“, entgegnete der.
„Dazu sind wir hier!“, seufzte Reinhard.
Dann startete auf der Bühne die Versteigerung der knackigen Witwer und das Publikum wurde unruhig.
Zuerst musste der Hausmeister der Residenz vor die meist kreischenden Seniorinnen treten. Einige waren allerdings eingeschlafen, der junge Sanitäter hatte das überprüft und den Daumen gehoben. Sie würden irgendwann wieder aufwa chen. Der Zivilpolizist, der als Moderator des Abends fungierte, genoss seine Rolle. Er war nebenbei auch als Humor-Beauftragter im Betriebsrat aktiv.
„So meine Damen und … vorhin war do ch noch ein Herr hier? Ach, den hat man schon abtransportiert! …Also, begrüßen Sie den Einzigen, der hier manchmal noch ein Rohr verlegt … den Chefklempner dieser Anstalt!“
Reinhard vergrub sein Gesicht in den Händen, do ch ein paar der Damen im Publikum applaudierten tatsächlich. Der Hausmeister trat
Weitere Kostenlose Bücher