Mörderische Vergangenheit (German Edition)
ich meine, was haben Sie als Kind getan?“, präzisierte Hong seine Frage.
Es wurde Keppler plötzlich zu heiß in seinem Körper. Er wis chte etwas aus seinem Auge, dann druckste er herum,
„Ich … Also gut, ich habe überhaupt ni chts getan!“
„Und dafür s chämen Sie sich? Weil Sie nicht für das Mädchen da waren. Weil Sie sich nie gewehrt haben, gegen das, was der Mann mit Ihnen gemacht hat?“
„Ja, aber i ch habe das doch geradegebogen! Der Dreckskerl ist tot!“
„Und jetzt verstehen Sie ni cht, weshalb Ihr Leben nicht anders ist, als es war, bevor Sie losgeflogen sind. Warum Sie nicht ganz woanders sind, zum Beispiel bei Ihrer toten Freundin!?“, bohrte Hong weiter in Kepplers Seele herum.
Der begann zu weinen, auch das war ihm noch nie zuvor passiert.
„Ja. Ich dachte, wenn ich diesen Kinderschänder töte und es nicht einfach hinnehme … wenn ich das Mädchen rette, dann ändert sich alles!“
„Eigentli ch eine gute Idee!“, bemerkte Doktor Hong, „Aber inwieweit hat sich denn Ihr jüngeres Ich diesmal anders verhalten als früher?“
Keppler senkte den Bli ck, er verstand das Problem. Der kleine Christian hatte schließlich immer noch nichts gegen den Missbrauch unternommen. Er war unter dem Tisch geblieben und hatte es geschehen lassen, sich nicht mal gerührt. Und ihr niemals geholfen. Der Retter war irgendein fremder, erwachsener Mann gewesen, nicht der kleine Junge. Der Unbekannte hatte zwar das Leben des Kindes verändert, aber nicht dessen Selbstwertgefühl.
„Sie sind trotzdem mit dem Bewusstsein aufgewa chsen, dass Sie nichts taugen. Dass mit Ihnen etwas nicht stimmt und man Ihnen nicht zu nahe kommen sollte! Das haben Sie nicht geändert!“, erklärte der Wissenschaftler.
„Dann war alles umsonst?“
„Nicht ganz. Aus Ihrer Pflegeschwester ist etwas geworden, der haben Sie geholfen. Nur Sie sind immer noch dieselbe traurige Gestalt!“
Keppler wollte mehr Antworten, do ch Hong würgte ihn ab. Die Maschine war jetzt einsatzfähig.
„Und Sie s chulden mir noch einen toten Präsidenten!“
Der Sprung, der jetzt bevorstand, war genau der, für den der Wissens chaftler Keppler ursprünglich ausgesucht hatte, ehe der zum Attentäter für alle Fälle geworden war. Es ging fünf Jahre weiter zurück als beim letzten Mal. Das bedeutete, dass sich Risiko und Schmerzen für den Springer noch weiter erhöhten. Jetzt würde sich zeigen, ob das Vertrauen des Doktors gerechtfertigt war oder sein Kandidat versagen und den Untergang seiner Heimat besiegeln würde. Doch Hong glaubte immer noch, den richtigen Mann für die Mission ausgewählt zu haben. Es gab ohnehin keine Alternativen. Hong wusste, dass Keppler schon beim letzten Trip nicht mehr absichtlich versagt hatte, dass er nun alles tun würde, um Erickson zu töten und frei zu sein. Auf eine weitere Konditionierungsrunde in der Psycho-Apparatur konnten sie verzichten. Die Zeit war schon knapp genug und die Motivation sollte von selbst kommen.
D as Kompromissangebot der Chinesen hatte auf den ersten Blick vielversprechend ausgesehen, es sah einen Teilabzug der Truppen von den Ostgrenzen der Verbündeten in Zentralasien vor, neue Verhandlungen und zusätzliche gegenseitige Inspektionen der atomaren Streitkräfte, um Vertrauen zwischen den Blöcken aufzubauen. Doch Präsident Erickson wusste, dass man denen nicht einmal den kleinen Finger reichen durfte. Deshalb hatte er die Videokonferenz mit dem Parteivorsitzenden der Gegenseite auch ergebnislos abgebrochen. Denn Erickson verlangte eine einseitige totale Abrüstung der Asiaten. Einige Kabinettsmitglieder waren weitaus weniger abgeklärt. Sie hätten den Deal der Chinesen angenommen. Doch der Präsident war nicht umsonst der Oberbefehlshaber.
„Die wollten uns nur einlullen, damit wir s chwach werden!“, trichterte Erickson seiner Ministerriege ein. Die Asiaten hatten ihre Rechnung ohne ihn gemacht. Mit einem wie ihm wurden diese Schlangen nicht so leicht fertig. Entweder sie gaben schleunigst klein bei, oder sie mussten die Konsequenzen tragen. Die Zweifler unter seinen Ministern würde Erickson bei der nächsten Gelegenheit gegen weniger schwache Geister auswechseln. Er war der richtige Mann am richtigen Platz, jetzt endlich ergab seine gesamte Leidenszeit einen Sinn. Durch alles, das er getan und auf das er verzichtet hatte in diesen langen Jahren, war er nur noch härter und entschlossener geworden, diesen
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