Mörderische Verstrickungen
bewogen hat, ihm den Mund zu verschließen.«
»Anfangs war das vielleicht so«, pflichtete ihr Albert Lee bei. »Sie haben ihm wahrscheinlich mehr gegeben als uns. Aber er hat das Geld genommen und selber damit ein Vermögen gemacht, Mama.«
»Auf welche Weise?«, fragte Schwesterherz. »Wir haben den Schlüssel zu Monks Haus bei ihm abgeholt. Das ist das hübscheste Haus, das ich je gesehen habe, dieses Mahall-Haus.«
»Hat Geld verliehen. Eine Unsumme an Zinsen verlangt.« Albert Lee stand auf und fing an, das schmutzige Geschirr zusammenzuräumen. »Möchte noch jemand Kaffee?«
Niemand wollte.
|208| »Wie nennt man das? Wucher?«, fragte Schwesterherz.
»Man nennt es illegal. Er hat jahrelang ein verdammtes kleines Mafianetz unterhalten. Deshalb hat man auch auf ihn geschossen. Mama weiß das.« Albert Lee stellte das Geschirr in die Spüle und spülte es ab. »Er hat es aber überlebt und sich dann auf die rechtmäßige Seite geschlagen. Dieser Hurensohn besitzt heute eine Bank. Zusammen mit seinem Sohn. Mit allem Drum und Dran. Und das Kohleunternehmen ist ihr größter Kunde.«
»Sie machen Witze«, rief ich aus. Ich dachte daran, dass Betsy Mahall bei der Telefongesellschaft arbeitete und dass ich mir Sorgen gemacht hatte, ob sie in der Lage war, sich eine künstliche Befruchtung zu leisten. War nichts auf diesem verdammten Berg so, wie es aussah?
»Ich habe dir gesagt, dass sie bestimmt Thomas-Jefferson-Böden in diesem Haus haben«, sagte Schwesterherz.
»Wahrscheinlich«, pflichtete ihr Miss Beulah bei, ganz als seien Thomas-Jefferson-Böden allgemeines Wissensgut. »Ich denke, das Haus ist der Grund dafür, warum seine Frau Louellen diesen alten Kauz geheiratet hat.«
»Terrys Mutter?«, fragte ich.
»Nein. Terrys Mutter ist schon vor langer Zeit an einer Lungenentzündung verstorben, Louellen war etwa fünfundzwanzig Jahre jünger. Sie war Countrysängerin. Behauptet, sie sei in der ›Grand Ole Opry‹-Radioshow aufgetreten, aber keiner hatte jemals etwas von ihr gehört. Zumindest nicht hier oben auf dem Berg. Wir hatten von Conway Titty gehört, aber nicht von einer Louellen Conway.«
Albert Lee setzte sich wieder und verschränkte die Arme.
»Was ist los mit dir?«, fragte seine Mutter.
|209| »Nichts, Mama. Ich warte nur auf den Rest der Geschichte.«
Miss Beulah warf ihm einen strengen Blick zu, fuhr dann aber fort. »Egal, das Mädchen war hübsch wie nur sonst was, klein und blond wie Barbara Mandrell, aber ich denke, dass ihr recht schnell klar wurde, dass sie ein schlechtes Geschäft gemacht hatte.«
»Ich glaube, sie hatte Depressionen«, sagte Albert Lee.
»Natürlich hatte sie die, Bertie. Wer hätte die nicht bekommen, wenn er mit Eugene Mahall hätte leben müssen?«
»Wurden seine Beine gelähmt bei der Explosion?«, fragte ich.
»Natürlich. Wir dachten, es sei noch mehr gelähmt, aber dann wurde Terry geboren, und Terrys Mama war eine Heilige, sodass da unter Garantie niemand anderes zugange gewesen war.«
Es lag etwas Herausforderndes in Miss Beulahs Stimme, was uns alle nickend versichern ließ, dass Terry Mahall eindeutig ein legitimer Mahall war.
»Jedenfalls war diese Louellen keine sechs Monate da, als sie damit anfing, Selbstmordversuche zu unternehmen. Ist zweimal aus einem Fenster im zweiten Stock gesprungen, hat sich aber nur in einem Liguster ein wenig aufgekratzt. Beim dritten Mal ist sie angeblich aufs Dach geklettert und hat sich beim Springen den Arm gebrochen.«
»Warum hat sie ihn nicht einfach verlassen?«, fragte Mary Alice.
»Nun, das hat sie am Ende. Ist einfach verschwunden. Der alte Eugene Mahall hat gesagt, sie sei zurück nach Nashville gegangen, aber alle sind der Ansicht, dass sie |210| Teil der Auffahrt zur ›Willkommen in Alabama‹-Raststätte ist, die sie auf der Interstate 59 gebaut haben.«
»Gott erbarm!«, murmelte Mary Alice.
Die gelbe Katze kam in die Küche spaziert und sprang auf Alberts Schoß.
»Oder der Chandler-Mountain-Mahr hat sie sich gekrallt«, sagte er und kraulte den Kopf der schnurrenden Katze.
|211| 15
Mary Alice war auf dem Heimweg ungewöhnlich ruhig. Ich weiß nicht, an was sie dachte, vielleicht an Virgil, aber ich grübelte über Betsy Mahall nach und über die Befürchtungen, die sie geäußert hatte. Ich hatte versucht, mir einzureden, dass es dabei nur um die verloren geglaubte Kamee ging, aber was, wenn sie sich vor ihrem Schwiegervater ängstigte? Davor, die beiden kleinen Kinder ihrer Schwester
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