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Mörderische Weihnacht

Mörderische Weihnacht

Titel: Mörderische Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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schien es so, aber er hatte dennoch das Gefühl, daß ihn die großen, weit auseinanderstehenden, hellblauen Augen gründlich musterten, als sie vorbeikam. Die Kapuze war ein Stück auf ihrem Kopf zurückgerutscht, so daß er einen zusammengerollten Zopf in einer undefinierbaren Frühlingsfarbe sah: wie die ersten jungen Farnsprossen, wenn sie sich gerade entfalten; ein weiches Hellbraun mit zarten Grüntönen in den Schatten. Oder Haselnußtriebe!
    Haselnußaugen waren keine Seltenheit, aber wie viele Frauen konnten sich mit haselnußbraunem Haar schmücken?
    Sie war fort, ihr Rocksaum wippte um die Buchsbaumhecke, und er konnte sie nicht mehr sehen. Benet verstaute hastig seinen Besen, ließ die abgeschnittenen Äste liegen und ging zu Cadfael, um ihn auszuhorchen.
    »Wer war die Dame?« fragte er unverblümt.
    »Das ist aber eine seltsame Frage für einen Postulanten«, erwiderte Cadfael mit leichtem Spott und säuberte ungerührt seinen Mörser und die Schale und stellte beides fort.
    Benet machte ein verächtliches Geräusch und schob seinen kräftigen Körper vor Cadfael, um ihm in die Augen zu sehen.
    Auf den Zölibat verschwendete er keinen Gedanken. »Kommt, Ihr kennt sie, oder wenigstens kennt sie Euch. Wer ist sie?«
    »Hat sie mit Euch gesprochen?« fragte Cadfael verwundert und interessiert.
    »Sie hat mich nur gefragt, wo sie Euch finden könnte. Ja, sie hat mit mir gesprochen!« sagte er begeistert. »Ja, sie blieb stehen und sah mich von oben bis unten an wie ein Tier oder als suchte sie einen Pagen und überlegte, ob ich wohl der richtige wäre, und ich dachte, ich könnte der richtige sein, wenn ich etwas aufpoliert werde. Könnte ich der Page einer Dame sein, Cadfael?«
    »Sicher ist nur«, erwiderte Cadfael, »daß Ihr als Mönch völlig ungeeignet seid. Aber nein, ich würde sagen, der Dienst für eine Dame ist auch nicht das Richtige für Euch.« Er sagte nicht:
    ›Es sei denn als Ebenbürtiger!‹, aber genau daran dachte er.
    Und in diesem Augenblick gab der Junge seine Verkleidung als mittelloser, ungebildeter und unerfahrener Verwandter einer armen Witwe endgültig auf. Das war keine große Überraschung, denn während der letzten Woche im Garten hatte er kaum noch Mühe auf diese Verstellung verwendet, wenn er sie auch in Gegenwart anderer im Nu wieder aufnehmen konnte. Für den väterlichen Prior Robert war er immer noch der dumme Junge vom Land.
    »Cadfael…« Benet nahm ihn schmeichelnd bei den Schultern und hielt ihn fest, neigte betörend und mit vorsätzlicher Vertraulichkeit den Kopf. Wenn es nötig war, wußte er sehr wohl, daß er die Vögel von den Bäumen locken konnte. Und er hatte anscheinend keine Schwierigkeiten, diese Fähigkeit bei mitfühlenden älteren Menschen einzusetzen, die einst selbst diese Gabe besessen haben mußten. »Cadfael, vielleicht werde ich nie wieder mit ihr sprechen und sie nie wiedersehen - aber ich kann es versuchen*. Wer ist sie?«
    »Ihr Name«, sagte Cadfael, aber eher aus Höflichkeit denn gezwungenermaßen kapitulierte, »ist Sanan Bernieres. Ihr Vater besaß im Nordosten der Grafschaft ein großes Gut, das konfisziert wurde, nachdem er bei der Belagerung hier für seinen Herrn FitzAlan und die Kaiserin gekämpft und dabei den Tod gefunden hatte. Ihre Mutter heiratete einen anderen Gefolgsmann von FitzAlan, der ebenfalls einige Verluste zu beklagen hatte - die Bundesgenossen helfen einander, obwohl sie im Augenblick nur leise singen und sich sehr zurückhalten.
    Giffard verbringt den Winter meist in seinem Haus in Shrewsbury, und da ihre Mutter inzwischen gestorben ist, bringt er seine Stieftochter mit, so daß sie an seinem Tisch sitzen kann. Das ist die Dame, die Ihr gerade vorbeigehen gesehen habt.«
    »Und die gehen zu lassen ich guttat?« sagte Benet, der lächelnd die kaum verhohlene Warnung zur Kenntnis nahm.
    »Weil sie nichts für mich ist?« Er zeigte wieder das gewohnte breite Grinsen, das Cadfael manchmal mit großem Unbehagen sah, denn dieser machte sich Sorgen um seinen Schützling, der allzu rasch seinen wechselnden Stimmungen nachgab. Benet lachte und nahm seinen Lehrer in die Arme. »Was wollt Ihr wetten?«
    »Was Euch angeht, Ihr junger Hitzkopf, so würde ich keins von den paar Haaren setzen, die ich noch habe. Aber achtet auf Euer Benehmen, Ihr fallt aus der Rolle. Manche hier haben scharfe Augen.«
    »Das weiß ich«, sagte Benet, dessen Strahlen abrupt verschwand. Er wurde ernst. »Ich muß achtgeben.«
    Wie waren sie zu

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