Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mörderische Weihnacht

Mörderische Weihnacht

Titel: Mörderische Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
Vom Netzwerk:
hindurchschieben konnte. Ein Stück weit verlief der Pfad oberhalb des Wassers und war unterspült wie das Ufer, dann senkte er sich allmählich in das erste Schilffeld. Cadfael lief auf dicken Grasbüscheln, und bei jedem Tritt quoll Wasser aus dem feuchten Boden. Er ging unter dem Haus und dem Garten des Müllers vorbei, dann kam das Haus, in dem die taube alte Frau mit ihrer hübschen, schlampigen Dienerin wohnte, und danach entfernte sich der Pfad etwas vom letzten Haus, um der Uferlinie des an dieser Stelle breiten und flachen Teichs zu folgen. Silbernes Wasser glitzerte durch das bleiche, winterliche Grün des Schilfs, aber obwohl sich hier eine Menge Blätter, tote Zweige und Äste gesammelt hatten, die das Wasser angetrieben und festgekeilt hatte, sah er keine Spur eines Gehstocks aus Ebenholz. Doch andere verlorene Dinge tauchten auf: zerbrochene Krüge, weggeworfene Scherben und ein Topf mit einem Loch, viel zu groß, um noch einmal geflickt zu werden.
    Er ging weiter um das breite Ende des Teichs herum bis zu dem kleinen Rinnsal, das aus einem Wasserlauf unterhalb der Hauptstraße stammte, überquerte es mit einem großen Schritt und betrat nun die Gärten der anderen drei Abteihäuser.
    Irgendwo hier hatten die Jungen die Mütze aus dem Schilf gefischt, aber er konnte nicht glauben, daß auch der Stab hier zu finden war. Entweder hatte er ihn übersehen, oder er war weit über die Strömung des Mühlkanals hinaus geworfen worden, so daß er auf der anderen Seite des Kanals suchen mußte, gegenüber der Stelle, an welcher der Leichnam gefunden worden war. Das Wasser war hier immer noch recht breit, aber was jenseits der Strömung hineinfiel, konnte sehr wohl auf der gegenüberliegenden Seite auftauchen.
    Er blieb stehen und dachte nach. Er war froh, daß er seine Stiefel angezogen hatte, mit denen er beruhigt in diesem tauenden Schlamm herumtappen konnte. Sein Freund Madog mit dem Totenboot, ein Waliser wie er, wußte alles, was man über Wasser und seine Eigenarten nur wissen konnte. Wenn er ihm erklärte, wonach er suchte, konnte Madog ihm sicher genauer beschreiben, wo sich die Suche lohnte. Aber Madog war nicht da, und Zeit war kostbar. Also mußte er auf eigene Faust vorgehen. Ebenholz war schwer und massiv, aber es war und blieb Holz, das im Wasser schwamm. Und der Stab konnte nicht flach auf dem Wasser liegen, da er einen Griff aus Hirschhorn hatte. Deshalb mußte das andere Ende, wo das Ding auch steckte, über die Oberfläche herausragen. Er glaubte nicht, daß der Stab bis zum Bach und in den Fluß fortgetragen worden war. Mühsam tappte er weiter. Auf dieser Seite des Wassers gab es einen ausgetretenen Pfad, der allmählich anstieg und ihn trockenen Fußes ein Stück über die Wasseroberfläche brachte.
    Er ging weiter, bis er der Mühle genau gegenüber war und die abschüssigen, schmalen Gärten auf dieser Seite des Teichs hinter sich gelassen hatte. Der gestutzte Weidenstumpf, der trotzig seine erschreckten Haare hochreckte, diente seinem Auge als Angelpunkt. Kurz dahinter hatte der Leichnam gelegen, in die Wölbung des unterspülten Ufers geschmiegt.
    Noch drei Schritte, und er hatte gefunden, was er suchte. Im schmelzenden Eissaum und durch die hohen Gräserspitzen kaum zu sehen, nur die Spitze etwas gehoben, lag Ailnoths Stab vor seinen Füßen. Er nahm ihn vorsichtig am spitzen Ende auf und zog ihn aus dem Wasser. Kein Zweifel, wenn man ihn erst in der Hand hatte, war er kaum zu verwechseln. Es konnte keinen zweiten Stab dieser Art geben. Schwarz und lang war er, mit einer metallverkleideten Spitze und einem geschnitzten Horngriff, der mit einem schweren Silberband am Holz befestigt war. Das Silber hatte einst ein Muster getragen, das durch langen Gebrauch jedoch stark abgegriffen war. Ob der Stab dem Opfer aus der Hand geflogen war, oder ob der Mörder ihn erst später ins Wasser geworfen hatte, er mußte auf dieser Seite der Hauptströmung hineingekommen sein, da er an dieses Ufer getrieben war.
    Schmelzender Schnee tropfte vom Griff und rann den Schaft hinunter. Cadfael trug das Ding in der Mitte des Schaftes. Er kehrte auf seiner eigenen Spur zurück und umrundete die flachen, mit Schilf bewachsenen Stellen, bis er die Mühle erreichte. Er war noch nicht bereit, seine Beute mit jemand anderem zu teilen, noch nicht einmal mit Hugh, solange er das Ding nicht genau untersucht und vernommen hatte, was es ihm sagen konnte. Er machte sich keine großen Hoffnungen, aber er konnte es sich

Weitere Kostenlose Bücher