Mörderische Weihnachten
Das alles hätte nicht zu sein brauchen. Er hätte noch bleiben können, die Jahre absitzen, und er hatte auf den Falschen gesetzt.
Der Teufel ließ ihn im Stich!
Adamic sank tiefer. Dabei hatte er den Eindruck, als würde der Sumpf immer höher steigen. Seinen Gürtel hatte er längst erreicht. Das grünliche Wasser schwappte inzwischen um seine Brust. Wenn Adamic Luft holte, bereitete es ihm große Mühe. Auf seinem Gesicht zeichneten sich die Qualen ab. Der Mund stand offen. Sprühregentropfen fielen auf seine Lippen, er begann automatisch zu schlucken, und der Nebel hüllte ihn bereits ein wie ein Totenschleier.
Sie würden ihn nie finden. Sie würden überhaupt nichts mehr finden. Was der Sumpf einmal hatte, das ließ er nicht mehr los. Schräg hinter sich vernahm Adamic Gurgeln und Schmatzen. Er brauchte nicht erst den Kopf zu drehen, um zu wissen, was dort vorging. Sein Wagen sank ein.
Er war das erste Opfer gewesen, und bei Adamic würde es ebenfalls nicht mehr lange dauern, da die grüne Brühe bereits seinen Hals erreicht hatte und er noch mehr in die Tiefe gezogen wurde. Frank Adamic hatte auf den Teufel gesetzt - und das Spiel verloren.
»Satan!« Der Ruf glich einem röhrenden Schrei, als er tief aus seiner Kehle drang und dumpf in den Nebel hallte. »Satan, du hast mich verlassen. Ich habe mich voll auf dich verlassen. Ich habe dir vertraut, ich habe einen Pakt mit dir geschlossen und dir meinen Sohn zu treuen Händen übergeben. Zeigst du deinen Dienern so deine Dankbarkeit. Munterst du sie so auf?«
Er wollte noch mehr hinzufügen, doch die Oberfläche geriet in wellenförmige Bewegungen. Sie schwappten auch ihm entgegen und spülten gegen seinen Mund.
Das Auto war endgültig versunken. Nur noch der sich bewegende Sumpf kündete davon, daß die Natur wieder einmal stärker gewesen war. Noch gelang es dem Mann, seine Arme nach verschiedenen Seiten auszustrecken, als würde dort jemand warten, der ihm half.
»Satan…!«
Der letzte Schrei drang aus seinem Mund in die weißen Nebelwolken hinein. Ein letzter Hilferuf, bevor er elendig erstickte. Keine Hoffnung — oder doch?
Etwas leuchtete direkt vor ihm. Ein verschwommenes Licht. Zunächst nahm Frank an, daß es sich dabei um den Strahl einer Taschenlampe gehandelt hatte, vor die jemand einen farbigen Filter gesetzt hatte. Aber es war keine Lampe, das erkannte der Mann einen Moment später, als vor ihm plötzlich eine brennende Gestalt stand. Zuerst dachte er an den Busch, dann erkannte Frank, daß die Gestalt nur glühte und das dreieckige Gesicht des Teufels besaß. Er war da!
Frank Adamic konnte es nicht begreifen. Er schüttelte den Kopf, wollte etwas sagen, aber seine Kehle war zu. Zudem bewegte sich das Sumpfwasser bereits in Höhe seiner Oberlippe.
»Du hast gezweifelt?« Die Stimme des Teufels drang aus dem weißen Dunst hervor.
»Ja, ich…«
»Man zweifelt nicht am Teufel! Eigentlich sollte ich dich verrecken lassen…«
Auch jetzt wußte der Killer nicht, ob er vielleicht nur träumte. Konnte es etwas Unheimlicheres geben, als dieser tückische Sumpf, den weißen, lautlos heranrollenden Nebel und dazwischen den Teufel? Er stand da wie eine Figur. Ob er den Untergrund berührte, war für Adamic nicht zu erkennen. Jedenfalls rührte sich der Satan nicht, er schaute zu und tat auch nichts, als Adamic noch weiter einsank. Dafür stellte er eine Frage. »Willst du noch immer an mir zweifeln, Frank?«
»Nein…!«
»Wirklich nicht?«
»Ich sagte doch…«
Der Satan bewegte sich. Oder vielmehr die feuerrote Gestalt, in der er sich zeigte. Er griff zu.
Adamic hätte schreien können vor Schmerzen, als er den Druck und den Griff an seinen Haaren spürte, die viel zu kurz waren, als daß man ihn hätte an ihnen aus dem Sumpf ziehen können. Aber der Teufel schaffte es. Er zog seinen Diener im letzten Augenblick hervor. Der Killer fühlte sich wie ein Korken, den jemand aus der Weinflasche zog. Mit einer spielerisch anmutenden Leichtigkeit schaffte es der Teufel, seinen Diener aus der lebensgefährlichen Lage zu befreien. Er schleifte ihn weiter und stellte ihn dorthin, wo es relativ ungefährlich und trocken war.
»Hier wartest du«, sagte er.
»Auf wen?«
»Ich komme zurück…«
Der Teufel war so schnell verschwunden, daß Adamic nicht mitbekommen hatte, wie es geschah. Er zitterte am gesamten Leib. Die Kleidung war naß und klebte am Körper. Wasser und Schlamm rannen außen an ihr entlang und sammelten sich um die Schuhe des
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