Mörderische Weihnachten
tiefer liegt das Opfer, eine Frau. Jetzt sagen Sie mir endlich, ob Sie einen Weihnachtsmann gesehen haben?«
»Nein, hier nicht, aber unten.«
»Das interessiert nicht. Ich rede von dieser Verkaufsetage.«
»Tut mir leid, ich saß ja auch in meinem Büro.«
»Okay, Mister, dann helfen Sie mir wenigstens mit, den Mörder zu suchen.«
Er war aufgeregt und schwitzte. Mit einem Taschentuch putzte er den Schweiß von der Stirn. »Sie… Sie glauben wirklich, daß der Mörder ein Weihnachtsmann-Kostüm trug?«
»Er trägt es, verlassen Sie sich darauf.«
»Wie hat er sein Opfer denn getötet.«
»Mit einem Messer!«
Der Detektiv schluckte und wurde noch blasser. Er war mutig, wenn es gegen Ladendiebe ging, da hatte er auch einen relativ gemütlichen Job, aber einen Killer zu stellen, war nicht seine Art. »Wenn Sie den Mörder sehen sollten«, sagte ich ihm, »rufen Sie mich.«
»Klar.«
Wir trennten uns. Viel traute ich dem Mann nicht zu. Seine Angst war einfach zu groß. Dieses Stockwerk, das wir absuchten, war für uns relativ günstig eingerichtet. Nicht zu hohe Tische, und auch die Ware war nicht zu hoch aufgestapelt worden. So konnte unser Blick über die Warenständer streifen.
Ich entdeckte den Killer nicht. Schritt für Schritt tastete ich mich vor, verließ die Sportabteilung und geriet dorthin, wo man Teenager-Boutiquen aufgebaut hatte. Das war alles sehr poppig. Die Kleidungsstücke lagen in bunten angestrichenen Metallwürfeln. Die Umkleidekabinen waren ebenfalls mit poppig angemalten Türen versehen, auch die jungen Verkäuferinnen sahen entsprechend aus, und über allem strahlte eine Neonschrift auf in einer bunten Vielfalt.
Ich wurde etwas komisch angeschaut. Wer in meinem Alter verirrte sich schon in diese Abteilung, wenn er keinen Sohn oder keine Tochter bei sich hatte?
Bei einer zur Funkerin aufgemotzten Verkäuferin erkundigte ich mich nach dem Weihnachtsmann.
Die Kleine schob erst den Kaugummi von links nach rechts, bevor sie fragte: »Sind Sie nicht der Weihnachtsmann, Mister?«
»Nein, der Nikolaus.«
»Da fehlt Ihnen aber der Sack.« Sie grinste breit. Ich enthielt mich einer Antwort, die Lage war einfach zu ernst. Zudem kam eine Kollegin der Punkerin angelaufen. Kreidebleich war sie im Gesicht, und mit sich überschlagender Stimme berichtete sie von dem Mord, der eine Etage tiefer geschehen war.
Auch den Hausdetektiv entdeckte ich nicht. Ich schaute in die Kabinen, verließ die Abteilung und stand wieder vor einer Rolltreppe. Ich schaute in die Etage darunter. Dort liefen immer mehr Menschen zusammen, auch eine Megaphon-Stimme vernahm ich. Sie hörte sich nach einem Polizeiorgan an.
Ich drehte mich wieder um und hörte aus der Teen-Abteilung einen spitzen Schrei. »Da ist ja der Weihnachtsmann.«
Wie ein Wirbelwind drehte ich mich um und raste die Strecke zurück. Tatsächlich, er war da.
Zwei Mädchen starrten ihn an. Er selbst stand geduckt und schien irritiert zu sein.
»Weg da!« brüllte ich den Verkäuferinnen zu, weil ich nicht wollte, daß der Killer sie als Geisel nahm.
Ich selbst zog auch keine Waffe, da ich die Lage nicht noch mehr verschärfen wollte. Mein Blick richtete sich auf das Gesicht unterhalb der Kapuze.
War es ein Totenschädel?
Bevor ich darauf eine Antwort bekommen konnte, hatte sich der Weihnachtsmann schon gedreht. Er hechtete zu der Umkleidekabine, drückte die Tür auf, verschwand dahinter und knallte sie wieder zu. Jetzt saß er in der Falle.
Ich blieb stehen, zog meine Waffe, und die Verkäuferinnen stoben aufschreiend auseinander.
Von der Tür hielt ich einen genügenden Abstand, zielte aber mit der Beretta auf sie. »Kommen Sie raus!« rief ich.
Der Weihnachtsmann rührte sich nicht. Nur die Tür zitterte noch leicht nach!
Ich scheuchte die Verkäuferinnen noch weiter weg, weil ich die Tür aufbrechen wollte. Den rechten Fuß hatte ich bereits erhoben, als ich hinter der Tür das zischende Geräusch vernahm. Im gleichen Augenblick sah ich eine weißgelbe Wolke über der Kabine stehen, sprang vor und trat sie auf.
Sie knallte gegen die rechte Holzwand der Kabine. Die Umkleidekabine war leer!
Der Weihnachtsmann hatte sich buchstäblich in Luft aufgelöst. Das heißt, nicht ganz.
Als Andenken hatte er die Wolke hinterlassen, und die stank so nach Schwefelgas, wie ich es nur vom Teufel gewohnt war…
***
Die Tür schwang wieder zurück, und ich drehte mich um. Der Teufel also. Er hatte wieder mal seine Hände im Spiel. Seit ich dies
Weitere Kostenlose Bücher