Mörderischer Auftritt
reichte ihr die Tasse mit heißem Wasser und den Teebeutel.
»Ich denke, Joanie nimmt ihn, wenn niemand anderes Ansprüche auf ihn erhebt. Er hat sie abgeschleckt, als sie ihn in ein Handtuch gewickelt hat.«
»Sie sitzt aber nicht draußen im Auto, oder?« Joanie Salk ist Bos Partnerin. Joanie ist groß, dünn und weiß. Bo ist klein, mollig und schwarz, wenngleich nicht mehr so mollig wie zu der Zeit, als wir sie kennengelernt haben. Sie hat beschlossen und arbeitet darauf hin, der erste weibliche Polizeichef von Birmingham zu werden. Ich vermute, sie wird es schaffen.
»Nein. Sie macht einen Kurs an der Universität. Ich habe sie abgesetzt, soll Ihnen aber allen einen schönen Gruß bestellen.«
»Sie wussten wirklich, dass wir das waren?«, fragte Schwesterherz.
Bo grinste und schlürfte ihren Tee. »Ich vermute, sie waren gestern Abend auch alle im Alabama Theatre, als dieser Elvis-Typ umgebracht wurde, stimmt’s?«
»In der ersten Reihe«, gestand ich. »Woher wissen Sie das?«
»Das ergibt sich daraus, wie oft Sie über Leichen stolpern. Sie wissen doch, dass die Leute schon so weit sind, Sie nicht mehr zu ihren Partys einzuladen?«
Schwesterherz warf mir einen bösen Blick zu. »Das ist Patricia Annes Schuld. Ich bin, bevor sie in Rente ging, nicht einer einzigen Leiche begegnet.«
Ich schlug mit einer Papierserviette nach Yul Brynner.
Bo lachte schallend auf.
»Wie bitte?«, fragten wir beide.
»Ich habe Sheriff Stuckey unten in der Polizeistation getroffen, das ist alles. Er hat mir von gestern Abend erzählt. Ein netter Mann, Mary Alice.«
»So nett, dass ich ihn im Mai heirate.«
»Oh, welch eine Überraschung!« Bo bewegte ihren Teebeutel in der Tasse hin und her. »Glückwunsch.«
»Danke. Sie bekommen eine Einladung.«
»Sie hat vor, die Hochzeitsgäste in Violett und Sonnenblumengelb zu stecken«, brummte ich.
»Mein Gott, das will ich um keinen Preis verpassen.« Bo legte ihren Teebeutel auf den Untersatz und lächelte mich an. »Ich wette, Sie sind das Violett, Patricia Anne.«
»Sie benimmt sich auch wie eine Närrin deswegen«, sagte Schwesterherz. »Sie wissen, was für eine beige Person sie ist.«
»Ich bin nicht beige«, sagte ich und deutete auf meinen blauen Pullover.
»Beige ist doch nichts Schlechtes.« Bo nahm einen Schluck von ihrem Tee. »Mmm, ist der gut.«
»Hat die Polizei irgendetwas über den Mann herausgefunden, der gestern Abend ermordet wurde?«, fragte ich. »Zum Beispiel, was er hier gesucht hat? Wir haben gehört, dass keiner der anderen Elvis-Darsteller ihn kannte.«
»Da wissen Sie mehr als ich. Sie waren dabei, als es passiert ist. Alles, was ich getan habe, war, Hunde aus dem Village Creek zu fischen.«
»Wir sahen ihn nur in den Orchestergraben stürzen«, sagte Schwesterherz. »Das hat aber gereicht, um die ganze Nacht Albträume zu haben.«
»Mir ging es genauso. Wir dachten, er hätte einen Herzanfall gehabt. Dass er erstochen wurde, davon wussten wir nichts.«
Bo nickte. »Wahrscheinlich mit einem Schnappmesser, so wie die Stichwunde aussah. Ein Schnappmesser liegt gut in der Hand, und man kann in nur einer Sekunde so viel Schaden damit anrichten.«
Schwesterherz und ich stellten beide unsere Teetassen ab.
»Sie haben es noch nicht gefunden?«, fragte ich.
»Nicht dass ich wüsste. Ich stelle nur Vermutungen über das Schnappmesser an. Wir haben den Bericht noch nicht.«
»Aber irgendjemand hätte doch voller Blut sein müssen, oder? Ich meine, mit einem Schnappmesser im Griff hätte man die Hände doch direkt am Körper des Opfers, oder nicht? Und alle Elvisse hatten weiße Anzüge an. Das müsste doch leicht zu überprüfen sein.«
»Da muss überhaupt nicht viel Blut geflossen sein«, sagte Bo. »Ein Hieb, dann einmal kurz hoch und quer und wieder raus. Das geht wirklich schnell, und Sie erwischen dabei die Aorta, die innen blutet, nicht außen.«
»Mein Gott«, sagte Schwesterherz. Sie hatte eine grünliche Farbe angenommen. »Wechseln wir das Thema. Das ist ja grausig.«
»Himmel, das ist wahr«, pflichtete Bo ihr bei. »Erzählen Sie mir von der Hochzeit.«
Was Schwesterherz tat, bis ins Detail. Details, von denen ich bislang noch gar nichts gewusst hatte. Ich bin sicher, dass sie sich die erst beim Erzählen ausgedacht hat. Kein vernünftiger Mensch würde seine Hochzeitsfeier auf einer Weide planen. Es gibt das Wort bukolisch, und es gibt das Wort idiotisch. Was mich betraf, hatte Schwesterherz sich für Letzteres
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