Mörderischer Auftritt
mich setzen konnte. »Was ist los? Du siehst aus, als ginge es dir besser heute Morgen.«
»Das ist auch so. Aber ich habe gerade Day Armstrong bei der Polizei verpfiffen, jemand hat um ein Haar Virgil Stuckeys Schwiegersohn umgebracht, und Fred ist sauer auf mich.«
»Die ersten beiden Dinge glaube ich, das dritte nicht.« Sie steckte ihre Kelle in den Sack mit Knochenmehl und vermischte es mit der Erde rund um eine Iris, die ich dann in einem Monat vom Küchenfenster aus blühen sehen und genießen können würde.
»Du kannst es aber glauben.«
»Erzähl es mir.«
Mitzi arbeitete weiter, während ich sprach. Woofer kam herüber, legte sich an den Maschendrahtzaun und beobachtete uns halb dösend.
»Ich habe recht, nicht wahr?«, fragte ich. »Day hatte die Gelegenheit, das Messer in meine Handtasche zu stecken, stimmt’s?«
Mitzi nickte. »Ich denke, die hatte sie. Sie war allerdings nur eine Minute lang da, Patricia Anne.«
»Mehr braucht es dafür auch nicht.«
Mitzi erhob sich schwerfällig von den Knien, seufzte und schob die Plastiktüte ein Stück weiter das Beet hinunter. »Mein Gott, ich bin steif wie ein Brett«, sagte sie, während sie sich erneut hinkniete. Sie stach mit ihrer Kelle in die Erde und runzelte die Stirn. »Erzähl mir noch mal von dieser Scheidungsgeschichte und den Schwierigkeiten, in denen Dusk steckt.«
Ich erzählte ihr, was Debbie gesagt hatte, dass es gegen das Gesetz war, jemanden einfach deswegen zu heiraten, damit er US-amerikanischer Staatsbürger würde.
»Aber würde Day jemanden ermordet haben, um ihre Schwester zu decken?«
»Ich weiß nicht. Aber ich denke, sie weiß vielleicht, wer es getan hat.«
Ein Auto fuhr in meine Einfahrt. Ich blickte auf und sah, dass es Fred war.
»Ich denke, damit hat sich dein drittes Problem erledigt«, sagte Mitzi.
Fred stieg aus dem Auto und kam zu der Stelle hinüber, an der wir saßen. »Ich dachte einfach, heute komme ich mal zum Mittagessen nach Hause«, sagte er.
Mitzi grinste, als ich aufstand. »Bon appétit.«
Das Sich-Versöhnen war nett. Ich erklärte, dass ich versucht hätte, ihn nicht zu beunruhigen, und er erklärte, dass es ihn mehr beunruhigt habe, dass ich versucht hatte, ihn nicht zu beunruhigen. Ich versprach, es nicht wieder zu tun. In dem Moment meinte ich das auch.
Später aßen wir Thunfischsandwiches zu Mittag.
17
E-Mail
Von: Haley
An: Mama und Papa
Betreff: Insassin
Stell dir vor! Joanna bewegt sich. Ich habe schon seit Tagen so ein Flattern verspürt, sodass ich schon den Verdacht hatte, aber heute war es definitiv ein Stoß. Philip sitzt im Moment neben mir und wartet darauf, dass ich ihm sage: »Jetzt«, damit er es fühlen kann. Aber heute Abend ist sie ruhig. Wir fangen trotzdem damit an, ihr vorzulesen und Musik für sie zu spielen. Heute Abend liest er ›Gute Nacht, lieber Mond‹. Ist das nicht unglaublich?
Ganz liebe Grüße von uns dreien
Haley
»Maus?« Schwesterherz rief aus der Küche.
»Am Computer. Komm nach hinten.«
Sie betrat den Raum mit den Worten: »Ich habe Angst, dein Haus zu betreten, seit dein Mann so einen Wutausbruch wegen seiner Privatsphäre hatte.«
Sie bezog sich damit auf einen Tag, der bereits einige Monate zurücklag. Fred war damals gerade aus der Dusche gestiegen, hatte sich ein Handtuch umgebunden und war indie Küche gegangen, in der Mary Alice und Miss Bessie am Tisch gesessen, Schokochips gegessen, Cola getrunken und sich ganz wie zu Hause gefühlt hatten.
Fred hatte, total erschrocken, das Handtuch fallen lassen und war geflohen. Alles, woran er sich später erinnerte, waren die Schokoladenchips und ein rosafarbener Häkelhut, und diese beiden Bilder hatten sich in seine Netzhaut gebrannt. »Nimm ihr diesen verdammten Schlüssel weg, Patricia Anne.«
Das tat ich natürlich nicht, aber ich bat sie darum, ein wenig diskreter zu sein.
»Ich weiß nicht, warum«, sagte sie. »Es war nicht so, als hätte er etwas zu verbergen gehabt.«
»Armselig«, pflichtete ihr Miss Bessie bei.
Unnötig zu erwähnen, dass ich ihre Meinungen nicht an Fred weitergab. Es brachte nichts, Salz in die Wunden zu streuen. Ich erinnerte sie aber dennoch daran, dass er gerade aus der Dusche gekommen war und sie ihn erschreckt hatten.
Beide sagten: »Huh.«
»Was hast du erhalten?«, fragte Schwesterherz nun, während sie über meine Schulter schaute.
Ich rutschte ein Stück, damit sie sich setzen konnte. »Schau dir das an. Das ist wundervoll.«
Sie las die E-Mail und
Weitere Kostenlose Bücher