Mörderischer Blues
danke«, erwiderte April
und schüttelte heftig den Kopf.
»Seien Sie kein Spielverderber,
Puppe«, bat er. »Ich trinke nicht gern allein, das verführt zu sündigem Leben.«
Er füllte drei Gläser randvoll
und bediente uns.
»Wir dachten uns«, begann ich
und räusperte mich ein paarmal. »Also wir wollten...«
»Um Gottes willen«, unterbrach
mich April ärgerlich. Sie wandte sich lächelnd an Muscat.
»Es ist nichts weiter, Mr.
Muscat«, sagte sie. »Wir haben uns nur gefragt, ob Sie uns nicht vielleicht
helfen könnten.«
»Mit Brot?« fragte er. »Ich
würde euch ja welches borgen, wenn ich welches hätte, aber ich habe keines. Ich
bin eben ein Verschwender.« April schüttelte den Kopf.
»Verstehen Sie doch«, erklärte
sie langsam. »Gloria muß am kommenden Dienstag morgen wieder im Studio sein,
weil die Dreharbeiten zu ihrem neuen Film beginnen. Aber der Leutnant hält uns
alle hier so lange zurück, bis er herausgefunden hat, wer Ellen Fitzroy ermordete. Wenn aber Gloria am Dienstag nicht in
Hollywood eintrifft, bekommt Mr. Boyd vom Studio kein Honorar, Gloria ist dann
pleite, und folglich kann sie mich auch nicht bezahlen.«
»So ungefähr habe ich das
mitbekommen«, meinte Muscat, nahm einen kräftigen Schluck und griff nach seiner
Trompete, um probeweise eine Dissonanz zu blasen. Sie war sehr dissonant, diese
Dissonanz. Es hörte sich an, als wenn jemand einer Katze auf den Schwanz tritt.
April ließ nicht locker.
»Wir müssen deshalb den Mörder
schon bis zum Montag finden«, fuhr sie ein bißchen atemlos fort. »Und wir
dachten, Sie könnten uns dabei helfen.«
Muscat setzte die Trompete ab
und blickte sie erstaunt an.
»Ich?« fragte er. »Wie denn?«
»Well, Sie waren doch dabei,
als es passierte, nicht wahr?«
»Ich denke schon, Puppe«,
antwortete er zurückhaltend. »Aber ich war voll bis an die Halskrause und
segelte auf Wolke Nummer neun daher. Die Cops sind der Ansicht, daß der Schuß
von irgendwoher in meinem Rücken abgegeben worden sein muß. Ich habe ihn nicht
einmal gehört, geschweige denn den Burschen oder die Puppe gesehen, die
geschossen hat.«
»Aber an irgend etwas müssen
Sie sich doch erinnern«, drang April in ihn.
»Noch nicht mal daran, was für
eine Tageszeit es war!«
»Es war abends«, sagte April
kühl. Muscat schüttelte bedauernd den Kopf.
»Wenn Sie es sagen, wird es
wohl stimmen«, meinte er. April schaute mich mit hoffnungslosem Ausdruck an und
zuckte die Schultern. Ich schaute genau hin, weil ich hoffte, ihre Bewegungen
würden ein paar Dinge enthüllen, die sonst aus Gründen des Anstandes verborgen
bleiben, aber das taten sie nicht.
Muscat griff wieder zur
Trompete und begann » Mood Indigo« zu spielen. Zu
diesem Zeitpunkt hatte ich eine andere Idee, einfach, aber großartig. April,
die mir ansah, daß mir was eingefallen war, fragte: »Was ist los? Sind Sie
krank?«
»Ich habe es«, sagte ich und
schnippte mit den Fingern. »Ich kenne einen Ausweg, weiß wie wir ihn dazu
bringen, daß er sich erinnert.«
Muscat setzte die Trompete ab
und blickte mich an.
»Lassen Sie uns noch einen
trinken«, schlug er vor.
»Sie sagen es, Schwager«,
antwortete ich. »Wir trinken noch einen und noch einen und dann noch einen!«
Und um meine Worte der besseren Verständlichkeit wegen zu illustrieren, trank
ich mein Glas auf einen Zug leer.
»Was soll das?« fragte April.
Ich blickte sie von oben herab leutselig an.
»Alles, was man braucht, ist
ein bißchen Grips«, erklärte ich ihr.
»Soll das ein Witz sein?«
fragte sie. »Bei meiner Figur?«
»Ich werde Ihnen sagen, was wir
tun«, verkündete ich. »Wir rekonstruieren einfach das Verbrechen!«
Muscat und April blickten sich
verständnislos an.
»Er braucht was zu Trinken«,
meinte Muscat.
»Ich glaube noch immer, daß er
was Falsches gegessen hat«, sagte April.
»Ich habe noch nie ein paar
größere Schwachköpfe getroffen, Fleischklops und Mike Swain eingeschlossen«,
verteidigte ich mich.
»All right, Besserwisser«,
schnappte April. »Werden Sie ein wenig deutlicher.«
»Ich sage es noch einmal«,
schnarrte ich. »Alles, was wir zu tun haben, ist, das Verbrechen zu
rekonstruieren.«
»Ich habe das trotzdem noch
nicht mitgekriegt«, meinte Muscat, der damit beschäftigt war, Drinks zu machen.
»Sie waren betrunken, als es
geschah«, erklärte ich. »Und jetzt sind Sie nüchtern, stimmt’s?«
»Fast nüchtern«, berichtigte er
mich. »Aber ich habe nicht die Absicht, es lange zu
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