Mörderisches Musical
wenn ich mehr als du herausbekomme.«
»Bernstein oder seine Partnerin hätten es
wahrscheinlich früher oder später Aufgedeckt.«
»Oh, bitte.« Sie aß den Apfel auf und stellte
den Teller in die Spülmaschine. »Hast du ein Profil ihres Mörders erstellt?«
Er sah sie scharf an und schrieb etwas in sein
Notizbuch.
»Wenn ja, möchte ich es gern sehen.«
Sie konnte sehen, wie er sich sträubte. »Wozu?«
»Sei kein Spielverderber, Silvestri.«
»Spielverderber? Amateure vermasseln immer die
Untersuchungen. Und kommen dabei noch zu Schaden.«
Sie nahm ihren Kaffee und ging aus der Küche.
Dann machte sie die Tür auf, hob die Times und das Journal von
der Matte auf, machte die Tür zu und setzte sich ins Wohnzimmer. Sie stellte
den Becher auf den Couchtisch. Der Wirtschaftsteil wurde besonders interessant
für sie. Sie begann zu lesen.
Silvestri folgte ihr. »Ich möchte dich nicht
verletzen. Ich ertrage es nicht, dich verletzt zu sehen.«
»Du glaubst, das, was du tust, ist Männerarbeit,
und Frauen sollen sich raushalten. Stimmt’s?«
»Nicht alle Frauen. Die meisten. Du ganz
besonders.«
Sie stand auf. »O Mann, Silvestri, du bist so
italienisch.« Sie faltete die Zeitung zusammen, warf sie in die Aktentasche,
stellte den Becher in die Spülmaschine, dann ging sie ins Schlafzimmer, ohne
ihn zu beachten.
»Der Gedanke, daß du mit ihm zusammen bist, ist
mir zuwider.« Silvestri schaute sich um. Er lehnte am Türrahmen. »Hier.«
»Er kommt nie her.« Wetzon setzte die
Ohrringstecker in die Ohrläppchen ein und glitt in die Pumps.
»Warum nicht?«
»Ich weiß nicht. Ich schätze, weil ich ihn nie
dazu ermuntert habe. Ich weiß es nicht.« Als sie zu Silvestri aufschaute,
grinste er sie an. »Laß das. Du machst mich wahnsinnig.« Sie versuchte, sich an
ihm vorbeizudrängen, aber er erwischte sie und hielt sie fest.
Sie glaubte, ihn in ihr Haar sagen zu hören:
»Les, was soll ich bloß mit dir machen?«
Sie machte sich los. »Warum mußt du etwas mit
mir machen?«
Er warf die Arme hoch und ging durch den Flur,
und diesmal war sie es, die ihm folgte und zusah, wie er seine Lederjacke vom
Stuhl nahm. »Ich kapiere es nicht«, sagte er plötzlich und wandte sich ihr zu.
»Was siehst du in ihm?«
Wetzon seufzte. »Er ist ein sehr netter Mensch.
Müssen wir uns das antun, Silvestri?«
»Und?«
»Und was?« Sie bemühte sich nicht, ihre
Gereiztheit zu verbergen.
»Was noch? Da muß noch etwas anderes sein.«
»Gut.« Er hatte selbst danach gefragt. »Er ist
ein einfühlsamer, zärtlicher Liebhaber.«
»Und ich bin es nicht?«
»Wer wird nun störrisch?« Das Ganze machte sie
müde und traurig.
Er starrte lange auf sie hinunter, dann drückte
er ihr einen Kuß auf die Nase. »Bleib anständig in Boston.«
Er war fort, bevor sie etwas erwidern konnte.
»Verdammt«, sagte sie zur Tür. Würde sie Altons
Antrag annehmen, fragte sie sich, wenn es Silvestri nicht gäbe? O Mann, wenn es
ihn nicht gäbe, wären ihre Gefühle nicht so in Aufruhr, wäre das Leben soviel
leichter. Der Antrag stand immer noch auf ihrem Anrufbeantworter. Und das
kleine Lämpchen blinkte immer noch. Sie war noch nicht bereit, das Band zu
löschen. Sie ging hinüber zu dem Gerät und sah zu ihrer Überraschung, daß es
zwei Nachrichten anzeigte. Wann war die zweite Nachricht hereingekommen? Sie
ließ Alton vorlaufen und hielt das Band an, um die zweite Nachricht abzuhören.
Die Stimme war ein so leises, bebendes Flüstern,
daß Wetzon es kaum verstehen konnte. » Hier ist Susan. Es ist etwas
furchtbares passiert. Bitte ruf mich so schnell wie möglich an. Bitte .«
Wetzon
Stand vor dem Haus und wartete, daß Tony, der Portier, ein Taxi
organisierte. Die Sonne war blendend, doch trügerisch. Jedes Gebäude hob sich
scharf von dem frostigen blauen Himmel ab. Die Menschen bewegten sich flott —
nicht wegen der Kälte, sondern weil sich Menschen in New York flott bewegten —
die Jogger in ihren Trainingsanzügen, Mütter mit kleinen Kindern, dunkelhäutige
Kindermädchen mit hellhäutigen Babys und Leute wie Wetzon, die ins Büro gingen.
Der leichte Schneefall der vergangenen Nacht
zierte noch Autodächer und Bäume, aber die Bürgersteige waren frei.
Normalerweise kostete sie einen Tag wie diesen aus, doch heute war sie
anderweitig beschäftigt. Jedesmal, wenn sie versucht hatte, Susan zu erreichen,
was das Besetztzeichen gekommen.
Ein Taxi reagierte auf Tonys Pfeife mit einer
U-Kehre, und Wetzon stieg ein. »49.
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