Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mörderisches Musical

Mörderisches Musical

Titel: Mörderisches Musical Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Meyers
Vom Netzwerk:
spät in der
vergangenen Nacht mit Carlos telefoniert hatte, war er aufgeregt und barsch
gewesen. Mort war wieder in Aktion, den Arm in der Schlinge, den Hals im
Stützkragen. Wer auch immer ihn überfallen hatte, berichtete Carlos, hatte es
nicht geschafft, ihn zu töten. Dieses Mal. Die Polizei stufte es als
Raubüberfall ein, weil Morts Cartieruhr und Brieftasche fehlten. An dieser
Stelle hatte Carlos teuflisch gelacht und zu ihr gesagt: »Also können wir es
noch versuchen, Schatz.«
    »Geheimnisvoller Aufstrich.«
    »Hm?«
    »Ich an Ihrer Stelle würde es nicht essen.«
Sunshine Browning zeigte auf den Keil Schwarzbrot in Wetzons Hand, die nicht
einmal gemerkt hatte, daß sie ihn noch hielt.
    »Werfen Sie es hier hinein.« Sunny hielt ihr
einen Kotzbeutel hin, und Wetzon ließ das Brot gehorsam hineinfallen. »Ich esse
nie, was die draufstreichen. Erstaunlich, nicht, daß private Flüge noch
schlechter als Linienflüge sind.« Sunny hatte ein breites Zahnpastagrinsen und
eine streifig blonde Mähne. Park Avenue selbstverständlich. Ihre Haut war
bleich, die Blässe noch von dem schwarzen Ensemble aus Rock, Pulloverjacke,
Strumpfhose unterstrichen. Sie starrte Wetzon gespannt an. »Ich erinnere mich
an Sie. Ich hatte gerade Radcliffe abgeschlossen und bei Mort als Assistentin
angefangen.«
    »Das bezweifle ich. Ich war nur
Gruppentänzerin.« Wetzon erinnerte sich ganz bestimmt nicht an sie. Mort
Hornberg stellte immer Frauen von den besten Schulen an, und Sunny Browning war
nur eine in einer langen Reihe. Normalerweise blieben sie nicht lange. Bis auf
Sunny. Aus einem sehr wichtigen Grund. Sunny verfügte über Beziehungen. Sie
konnte Geld auftreiben.
    »Sie waren doch die, mit der er immer Streit
hatte.«
    Wetzon spürte, daß sie rot wurde. »Streit? Nein.
Bestimmt verwechseln Sie mich mit...«
    »Mort sagte immer, er brauchte Leslie Wetzon nur
ins Gesicht zu sehen und konnte ablesen, was sie dachte. Habe ich recht?« Sunny
hatte eine vereinnahmende Art, die Wetzon unangenehm war.
    »So etwas Ähnliches hat er gesagt...«
    »Ha! Sehen Sie. Ich habe das totale Gedächtnis.«
Sunny neigte das Champagnerglas und trank aus. »Ich vergesse nie etwas.«
    »Vergißt nie was, Kumpel?«
    Joel Kidde beugte sich über sie, groß, glattes
Haar, ein wenig vorstehende Augen, die aus einem im Studio gebräunten Gesicht
schauten. Er roch nach guten Zigarren und sah aus wie der, der er war, ein
großes Tier, aus dem gleichen Holz geschnitzt wie Time Warners verstorbener
Vorsitzender Steve Ross. Joel Kidde stank fast nach Macht. Kein Wunder, daß
Smith sich zu ihm hingezogen fühlte.
    »Leslie Wetzon«, stellte Sunny vor.
    Kiddes Blick verriet nichts. Er machte dem
Steward Zeichen, Champagner zu bringen, und setzte sich vor Wetzon. Er trug
einen roten Rollkragenpullover aus Cashmere unter einem grauen Anzug.
    »Das ist Leslie Wetzon, Joel«, wiederholte
Sunny, wobei sie Wetzon zuzwinkerte.
    Wie wunderbar, dachte Wetzon, einen solchen
Eindruck hinterlassen zu haben. Sie waren einander vorgestellt worden, als
Wetzon und Smith mit Mort und Twoey im Four Seasons zu Mittag gegessen
hatten, und noch einmal, als sie an Bord des Flugzeugs gegangen waren. Doch
Joel war sofort von Smith fasziniert gewesen. Nichts Neues also.
    »Oh, Joel.« Audrey Cassidy strich ihren
honiggelben Nackenknoten glatt. Sie war genauso groß wie Joel und so dünn, daß
sich die Hüftknochen durch das purpurrote anliegende Strickkleid abzeichneten.
Ihr großer Kopf schien bedenklich auf der hageren Figur zu balancieren. Sie
schrieb für ein Modejournal gehässige Geschichten über Berühmtheiten. Sie und
Joel waren Halbgeschwister. Sehr nahe. Unglaublich nahe. Sie wurden in der
Branche in Anspielung auf die zwei Banditen und Filmhelden Butch Cassidy und
Sunburnt Kidde genannt. »Was, sagten Sie, tun Sie, Leslie?«
    »Ich bin Headhunterin. Man könnte sagen, ich
jage große Tiere für die renommiertesten Firmen der Wall Street.« Sie wies mit
dem Kopf auf Smith, die sich mehrere Reihen weiter hinten verbreitete. »Xenia
Smith und ich sind Geschäftspartner.«
    Audreys Blick ruhte auf Wetzon, während sie ihr
Donna-Karan-Kostüm, die schwarzen Wildlederstiefel, die Zuchtperlenohrringe
inventarisierte, sogar den Waschbärmantel, den Wetzon über die Sitze bei der
Trennwand geworfen hatte. Mann, gerade so, als stände Smith vor ihr.
    »Aha, verstehe.« Audrey nickte gelangweilt. »Wie
ich höre, ist die Show noch ein bißchen unfertig.«
    Sunny hatte sofort eine

Weitere Kostenlose Bücher