Mörderisches Paradies
die Hand. “Ich schlage vor, wir schlafen ein bisschen, dann werden wir ja sehen”, meinte er.
Sie zögerte einen Moment, bevor sie seine Hand ergriff. Als er ihr auf die Füße half, zog er sie sehr nah an sich. So nah, dass ihre Körper sich berührten. Als Beth stand, blieb sie dicht bei ihm, in der Erwartung – Hoffnung? –, dass er sie berührte.
Sie war kurz davor, jede Vernunft fahren zu lassen und die Hand auszustrecken, um ihn anzufassen, um ihre Hand auf sein Gesicht zu legen.
“Ungelogen”, sagte er sanft. “Sie sind wie ein Feuer. Ich würde alles darum geben, die Motte zu sein, die sich an Ihnen verbrennt.”
Obwohl seine Stimme so tief und aufrichtig war, klang sie trotzdem irgendwie distanziert. Seine Worte wirkten gar nicht wie eine Aufforderung. Wenn überhaupt, dann wirkten sie sehnsüchtig.
“Keine Sorge”, versicherte er und lächelte. “Ich weiß, wie man sich aus der Ferne verzehrt.” Er zögerte. “Sie müssen wirklich keine Angst vor mir haben”, versprach er noch einmal.
“Ich habe keine Angst vor Ihnen”, log sie.
“Haben Sie nicht?”
“Nur ein bisschen.”
“Das sollten Sie auch. Denn ich täte nichts lieber, als Sie anzufassen”, sagte er.
Wie ein Säuseln strich die Brise über die Insel. Das sind die Inselgeister, dachte Beth. Die kühle Luft liebkoste ihr Gesicht. Wie gern hätte sie einen Schritt auf ihn zu gemacht und ihm gesagt, dass sie wirklich Angst hatte, aber willens war, darauf zu pfeifen.
Nur für eine Berührung.
Dann hörte sie sich zu ihrem eigenen Erstaunen sagen: “Vielleicht sollten eher Sie Angst haben. Vielleicht täte ja auch ich nichts lieber, als Sie anzufassen.”
Mit dem Handrücken fuhr er ganz leicht über ihre Wange. Ihre Augen trafen sich. Zum ersten Mal sah sie darin völlige Aufrichtigkeit. “Du bist wie ein Traum. Perfekt in so vielerlei Hinsicht”, murmelte er.
Sie schluckte. “Nicht perfekt”, sagte sie leise.
Keith lachte, ließ seine Hand sinken und wich ein klein wenig zurück. “Schlau, großartig, sexy … und kennt sich mit Booten aus. Das ist für mich wie ein Traum. Und ich sollte das wirklich nicht sagen. Ich glaube nicht, dass ich das bin, was du dir vorstellst. Ich weiß nicht, ob ich das kann.” Er atmete hörbar verunsichert ein. “Und jetzt sollten wir wirklich noch ein bisschen schlafen.”
Für eine kleine Ewigkeit standen sie einfach nur da, aber wahrscheinlich dauerte diese Ewigkeit nicht einmal eine Minute.
“Willst du morgen früh immer noch das Boot sehen?”, fragte er.
“Ja. Und ich bin kein Feigling, weißt du.” Was sollte das heißen? Sie wusste es selbst nicht.
Lächelnd trat Keith zurück. “Dann bis morgen früh”, sagte er, und sie überlegte, ob er wirklich heiser klang oder sie sich das nur einbildete.
“Ja … bis morgen.”
“Soll ich dich zu deinem Zelt bringen?”, witzelte er.
“Das wird schon gehen. Es sind ja nur ein paar Schritte.”
Wieder trat dieses unsichere Lächeln in sein Gesicht, bei dem sie Herzrasen bekam. “Ich behalte dich von hier aus im Auge”, versprach er. “Dein Pfefferspray scheinst du diesmal ja nicht dabeizuhaben.”
Sie schüttelte den Kopf und sah ihn an, dann hob sie die Arme. “Kein Pfefferspray. Hätte ich es mitbringen sollen?”
Erst stöhnte und dann lachte er. “Gute Nacht, Miss Anderson. Es war ein zauberhafter Abend.”
“Es ist ein zauberhafter Abend”, murmelte sie.
Plötzlich zog er sie ganz eng an sich und sie erwartete, dass er sie küssen würde. Dann hätte sie für nichts garantieren können.
Aber er tat es nicht. Sondern hielt sie einfach nur. Dabei konnte sie die Funken förmlich sprühen sehen und spürte die Kraft seines Körpers, kaum abgemildert vom Stoff zwischen ihnen. Er drückte ihr den Mund leicht auf die Stirn und löste sich wieder von ihr. “Geh, geh zurück”, sagte er.
Beth trat zurück und starrte ihn an.
“Trau niemandem”, sagte er.
“Nicht einmal dir?”, flüsterte sie.
“Nicht einmal mir. Geh.”
Jetzt klang er nicht mehr heiser, sondern schroff. Nach ein paar Schritten rückwärts in Richtung Zelt drehte Beth sich um und lief los.
Am Zelt sah sie noch einmal zu ihm.
Keith stand noch an der Stelle, wo sie ihn zurückgelassen hatte.
Und beobachtete sie.
Irgendwie wusste sie, als sie in ihr Zelt kroch, dass er weiter dort stehen und hinüberschauen würde – wenn sie auch nicht wusste, wieso er das tat.
Aber er würde die ganze Nacht dort stehen bleiben. Da war sie sich
Weitere Kostenlose Bücher