Mörderisches Paradies
der Monocos zu tun haben, nur weil die Namensplakette der Jacht gefunden wurde. Da draußen waren schließlich noch andere Leute.”
“Sie wurden gesehen, wie sie etwas ins Wasser geworfen haben. Und zwar genau an der Stelle, an der die Plakette gefunden wurde”, sagte Ashley.
“Und das wolltest du mir nicht am Telefon erzählen?”, fragte Beth verständnislos.
Ganz offensichtlich fühlte Ashley sich etwas unwohl in ihrer Haut.
“Die Plakette wurde von Seglern gefunden, die beobachtet haben, wie Brad irgendetwas ins Wasser warf.”
“Segler? Als wir dort wegfuhren, waren nur noch Lee Gomez, Matt Albright und Keith Henson dort.”
Doch Ashley reagierte nicht darauf. “Wahrscheinlich heißen sie auch gar nicht Brad und Sandy”, meinte sie.
“Ihr Boot war eine jämmerliche alte Rostbeule”, erinnerte sich Beth.
“Wer sein Geld mit dem Kapern irgendwelcher Luxusschiffe verdient, würde wohl kaum mit so einem herumschippern, wenn er nach neuer Beute Ausschau hält.” Nach einer kurzen Pause schlug Ashley in ihrem Skizzenblock eine freie Seite auf. “Beschreib sie mir. Nacheinander. Fang mit Brad an.”
“Na gut, ich versuch’s mal”, sagte Beth, nahm sich Zeit und beschrieb die beiden, so gut sie konnte. Weil sie das Talent ihrer Freundin kannte, wunderte es sie nicht, dass Ashley aus ihren Beschreibungen ein überraschend lebensechtes Porträt von Brad zeichnete, das dem Original nach ein paar Ergänzungen von Beth noch ähnlicher sah.
“So ungefähr sieht er also aus?”
“Täuschend echt.”
“Gut. Dann fehlt noch Sandy.”
Am Ende hatten sie noch ein ziemlich gutes Porträt.
“Es ist schon merkwürdig”, meinte Beth. “Die beiden waren nicht unsympathisch. Eigentlich sahen sie ganz natürlich aus. Aber jetzt, in den Zeichnungen, erkenne ich noch etwas anderes.”
“Was denn?”
“Sie sind in keiner Hinsicht bemerkenswert. Zum Beispiel besitzt er nicht das markante Gesicht eines kraftvollen Mannes, das man jederzeit und überall wiedererkennt. Und sie war keine atemberaubende Schönheit, sondern … hübsch. Das trifft es wohl am ehesten. Sie waren …”
“Austauschbar”, schlug Ashley vor.
“Genau. Die Art von Leuten, die sich jederzeit anpassen und überall untertauchen können.”
“Was sie vermutlich gerade tun”, sagte Ashley. “Wer weiß, wo sie im Moment stecken.”
“Ich nehme an, du weißt unzweifelhaft, dass sie sich nicht mehr auf der Insel oder in der Nähe aufhalten”, meinte Beth trocken.
“Ich bin bei der örtlichen Polizei”, erinnerte Ashley sie. “Und nach allem, was ich gehört habe, sind sie tatsächlich weg. Schon als die Plakette gefunden wurde, waren sie fort. Und die Küstenwache fahndet nach ihnen.”
“Wie weit sie mit ihrem Boot wohl kommen?”, überlegte Beth.
Ashley zuckte mit den Schultern.
“Vielleicht haben sie ein anderes Boot zum Klauen aufgetrieben und ihr altes aufgegeben”, mutmaßte Beth.
“Könnte sein. Aber ich glaube trotzdem nicht, dass sie Boote klauen, um dann auf denen übers Meer zu cruisen.”
“Aber was zum Teufel machen sie dann damit?”, fragte Beth.
“Sie bringen sie in irgendeine zwielichtige Werft, spritzen sie um und verkaufen sie. Das funktioniert genau wie ein Autodiebstahl”, erklärte Ashley. “Du weißt schon – so wie hier Autos gestohlen und dann in Südamerika weiterverkauft werden.”
“Aber Ashley, Millionen Menschen fahren einen Ford oder einen Chevy. So eine Luxusjacht fällt doch viel mehr auf.”
“Größeres Risiko, schwierigere Tarnung – aber dafür ist die Gewinnspanne auch entsprechend größer.”
“Verstehe”, sagte Beth und bemerkte, wie Ashley ihr mit einem komischen Gesichtsausdruck über die Schulter sah.
“Was ist denn?”, fragte Beth.
“Ach, nichts.”
Neugierig drehte Beth sich um.
Und zuckte zusammen.
Da kam Keith Henson. Der Mann hatte wirklich ein Talent für überraschende Auftritte.
Immerhin war er nicht mehr mit Amanda zusammen. Hatte Amanda ihn auf Hanks Boot gelockt?
Sie biss die Zähne aufeinander und ärgerte sich, dass ihr solche Dinge überhaupt in den Sinn kamen.
Auf dem Steg sprach Keith mit dem Fischer, der gerade seinen Fang säuberte. Als sie den Steg genauer in Augenschein nahm, erkannte sie auch Lee Gomez, mit freiem Oberkörper und abgeschnittenen Jeans, der mit einem Paar scherzte, das zu einem eleganten Katamaran gehörte.
Ihr Blick kehrte zu Keith zurück, und da wurde ihr klar, dass sie ihn nur wegen Ashley bemerkt
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