Moerderjagd
beschwere.« Er beugte sich ein wenig vor und blickte mich eindringlich an. Das konnte er wirklich gut.
Sicherlich war er so ein Chef, bei dem man sich nicht traute, um eine Gehaltserhöhung zu fragen.
»Wir hätten auch zu Ihnen nach Hause kommen können«, meinte ich und lehnte mich in meinem Stuhl zurück. Aus irgendeinem Grund wurde ich nervös, fühlte mich unsicher in der Gegenwart von Doktor Ernst. Darüber ärgerte ich mich. Hoffentlich merkte er mir das nicht an. Auch dem Kollegen Metzger gegenüber war mir meine plötzliche Unsicherheit unangenehm.
Mich interessierte nun, woher die beiden Herren Susi Rott kannten.
»Im Zuge der neuen Genehmigung sei man sich begegnet«, so Doktor Ernst.
»Eine ganz reizende Person«, fing Arno Taun an zu schwärmen.
»Und wer hat die ersten Anträge für eine Genehmigung der Grundstücke bearbeitet?«, hakte Metzger nach. Er war mir mit seiner Frage zuvorgekommen.
»Auch Susi Rott«, teilte Arno Taun selbstverständlich mit. »Wir haben die Frau vorher nur mit Namen gekannt. Erst durch Weinand wurden wir uns vorgestellt. Sie glauben doch nicht, dass diese Frau etwas mit dem Mord an Weinand zu tun hat?« Er sah zuerst mich verblüfft an, anschließend Metzger. »Mein erster Gedanke waren die Windkraftgegner.«
Mein Interesse galt nun wieder Staatsanwalt Hans Pfeiffer.
Und ich hinterfragte sein Verhalten nach der gescheiterten Genehmigung.
»Er war zuerst außer sich. Na ja, er hat ein großes Haus gebaut, und das wollte er unter anderem mit den Einnahmen der Pacht abzahlen. Seine Frau ist zu Hause und versorgt die Zwillinge, sind ja noch ganz klein. Jetzt hat er seine Eltern mit ins Haus geholt. Warum musste er auch so groß bauen?« Ernst hob seine Schultern, streckte seine Hand nach dem Wasserglas und nahm einen Schluck.
Ich wollte die beiden Herren gerade freundlich aus meinem Büro entlassen, als mir an der Hand von Doktor Ernst der Ring auffiel.
»Was ist das für ein Ring, den Sie tragen?«
Doktor Ernst blickte mich irritiert an. »Ein Familienerbstück.«
Metzger kam ein Stück näher, beugte den Kopf nach vorn. »Das Wappen kenne ich doch!«
»Es ist das Wappen der von Tannenbergs.«
»Warum, um alles in der Welt, tragen Sie diesen Ring?«, mischte ich mich ein. Mit Metzger wechselte ich einen kurzen Blickkontakt.
»Meine Mutter war eine von Tannenberg. Sie hat mir den Ring vererbt.«
»Diesen Ring bekommen doch nur die männlichen Nachfolger!« Ich klopfte auf meinen Schreibtisch, die Augen fest auf Doktor Ernst gerichtet, der nervös von mir zu Metzger blickte.
»Was soll das?«, rief er und sprang auf. »Sie wollen den Mord an Paul Weinand aufklären und erkundigen sich nach meinem Ring?«
»Bitte setzen Sie sich wieder!« Metzger drückte ihn sanft zurück in seinen Stuhl.
»Mein Kollege hat recht, Doktor Ernst. Nehmen Sie bitte wieder auf dem Stuhl Platz!«
Ernst drehte seinen Kopf hin und her, lockerte nun die Krawatte so weit, dass sie ein ganzes Stück vom Hals entfernt hing. »Sie haben in einem Punkt recht«, fing er stockend zu reden an. Mit leicht gespreizten Beinen, auf die er seine Ellbogen stützte, harrte er mehrere Sekunden aus. »Meine Mutter war mit einem von Tannenberg verheiratet. Als er verstarb, hatte sie den Ring behalten. Später hatte meine Mutter erneut geheiratet, einen Herrn Ernst. Sie hatte den Namen von ihrem zweiten Mann angenommen und mich, ich war noch ein Kind, von ihm adoptieren lassen. In Wahrheit bin ich ein von Tannenberg, und der Ring an meiner Hand ist das Familienwappen meiner Vorfahren.«
Ich blickte zu Metzger, zog meine Augenbraue hoch. »Haben Sie Kontakt zu den von Tannenbergs?«
»Sie interessiert, ob ich von dem Mord im Landschaftsmuseum weiß?«
Ich nickte.
»Das ist sehr lange her, Frau Kommissarin, sehr lange.« Sein Blick war auf mich gerichtet. Langsam beugte er seinen Körper nach hinten, lehnte ihn an die Stuhllehne. Seine Krawatte zog er mit einem raschen Griff aus, steckte sie achtlos in die Jacketttasche.
»Ja, das Ganze ist einige Jahre her. Warum haben wir Sie damals nicht kennengelernt?«
»Schlecht recherchiert?«
Ich holte tief Luft. Der Mann war nicht ohne. »Sicherlich nicht, der Mord war innerhalb von nur einer Woche aufgeklärt.«
Doktor Ernst grinste und wirkte mit einem Mal überheblich.
»Wie sind Sie finanziell gestellt?«, meldete sich Metzger zu Wort, stützte seinen linken Arm auf meine Tischplatte und schaute Ernst ins Gesicht.
»Als Geschäftsführer von
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