Mörderspiel im Burghotel
Biegeharts
Schreibtisch.
„Hier ist der Bericht über das,
was meine Tochter und ihre Freunde gestern Abend erfahren konnten. Von Liebert
und Wenske unten am Fluss, als sie ihnen eine Kleiderspende gebracht haben.
Liebert hat nämlich einen Mordplan belauscht. Zufällig. Es ist eher
unwahrscheinlich, dass diese Sache was mit dem Überfall zu tun hat. Aber es
spielt hin zum Burghotel. Deshalb müsst ihr Bescheid wissen. Es steht alles
drin.“
Biegehart nickte. „Wir
beschäftigen uns damit. Danke, dass du uns mit alldem versorgst!“
Gabys Vater sah auf die Uhr.
„Ich fahre jetzt heim. Bis später!“ Er verließ das Büro.
Sich unter Kollegen zu duzen,
war üblich. Es hatte nichts zu bedeuten. Eigentlich mochte Kommissar Glockner
die beiden nicht. Aber das stand auf einem anderen Blatt. Und der Dienstplan in
einer großen Behörde — noch dazu in dieser Millionenstadt — nimmt keine
Rücksicht auf zwischenmenschliche Empfindungen.
12. Schule schwänzen
Der Regen hatte aufgehört, die
Sonne kam hervor, die Straßen dampften, schwüle Luft zog um die Häuserblocks
und es war immer noch früh.
TKKG standen vor dem Präsidium
und warteten auf den Polizeimeister, der sie mit dem Streifenwagen zur Schule
bringen sollte. Gaby und Karl hatten ihre Bikes mit — so ausgerüstet waren sie
abgeholt worden — und auch jetzt sollten die Drahtesel im Kofferraum mitfahren.
Zwei Männer kamen aus dem
Gebäude und sockten zum Hof. Der eine war dicklich und Tim sah, dass ihm ein
Daumen fehlte. Der andere Typ rauchte und hatte grobkörnige Haut. Beide waren
etwa Mitte Dreißig und hatten Gaby zugenickt, was sie mit einem Lächeln und
einem Nicken erwiderte.
„Das sind Heiner Voss und
Ludwig Biegehart“, sagte sie. „Im Burghotel werden sie mit uns am Mörderspiel
rumrätseln. Und jetzt suchen sie sicherlich nach Udo Wenske.“
„Wie wir“, sagte Tim.
„Was meinst du?“
„Ich finde, es lohnt kaum noch,
dass wir am Unterricht teilnehmen.“
„Häh?“, meinte Karl. „Es ist
doch erst neun.“
„Na und?“ Tim grinste. „Gabys
Vater hat uns ins Präsidium bestellt. Damit sind wir entschuldigt. Von einer
zeitlichen Begrenzung war nicht die Rede. Es wird also niemanden wundern, wenn
wir etwas später antanzen.“
„Wieviel später?“, fragte
Klößchen.
„Ich weiß nicht, wie lange wir
brauchen. Es kann Mittag werden.“
„Super!“ Klößchen grinste.
„Auf deine Verantwortung.“ Gaby
lächelte und korrigierte sich gleich. „Nein, nicht auf deine! Niemand schiebt
dir die Verantwortung zu und du nimmst sie uns nicht ab. Entscheiden muss jeder
selbst, ob er an die sogenannte Zeugenvernehmung noch ein bisschen
Schule-Schwänzen dranhängt.“
„Ich hänge dran“, sagte
Klößchen rasch.
Karl nickte. „Bin dabei.“
„Es ist mein Vorschlag“,
erklärte Tim grinsend. „Damit bist du überstimmt, Pfote. Wenn du als Einzige
zum Unterricht gehst, wäre das verräterisch, denn wir würden auffliegen.“
„Aber ihr beide habt keine
Tretmühlen dabei.“
„Laufen ist auch nicht schlecht
und das erste Stück werden wir chauffiert.“
Ein Privatwagen — ein etwas
älteres Ford-Modell — rollte vom Hof auf die Straße. Der mit der grobkörnigen
Haut saß am Lenkrad.
Sein fauler Kollege war so tief
in den Nebensitz gerutscht, dass man nur die fuchsigen Haare sah und etwas
speckigen Nacken zwischen Rücklehne und hochgezogener Kopfstütze.
„Ich wette“, sagte Tim, „die
fahren runter zum Fluss und suchen nach Wenske. Wie wir. Denn der blaue Udo ist
vermutlich der Schlüssel zum Schloss. Mit seiner — Udos — Aussage käme Licht in
das dunkle Geschehen. Geht es euch auch so — irgendwie fühle ich mich
verantwortlich für Höhlensepp. Denn immerhin hat er uns den Hinweis gegeben auf
den Mörder, auf Annas unbekannten Bruder. Ohne dieses vorbereitende Wissen
sähen wir alt aus als Burghotel-Gäste. Aber nun kann uns nichts überraschen.
Übrigens, Gaby, finde ich Voss und Biegehart nicht sehr beeindruckend. Denen
würde ich nicht mal Zutrauen, dass sie einen Hühnerdieb fangen.“
Gaby lächelte. „Hühnerdiebe
sind heutzutage selten. Es sei denn, es handelt sich um lobenswerte
Tierfreunde, die armselige Batterie-Hennen aus ihrer grausigen Käfighaltung in
den Eier-Fabriken befreien und einem naturgewollten Dasein als Freilauf-Hühner
mit artgerechter Bodenhaltung zuführen.“
„Richtig!“, nickte Tim. „Aber
das sind dann nicht Hühnerdiebe — auch wenn der Vorgang so aussieht
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