Mörderspiele
einen Termin mit Dr. Mira bei ihr zu Hause. Feeney wird Ihre Wissenslücken stopfen, Peabody. Sobald Sie die von mir erbetenen Aufstellungen haben, lassen Sie den Rechner eine Wahrscheinlichkeitsanalyse machen. Versuchen Sie, ob Sie das Feld ein bisschen eingrenzen können. Feeney, schau dir zwischendurch mal die Disk an, die er Nadine geschickt hat. Vielleicht erkennst du das eine oder andere an seiner Ausstattung wieder. Sollte dir etwas auffallen, gehen wir der Sache nach. Kontinuierlich und konsequent. Wenn ihm einer auf der Liste durch die Lappen geht, schnappt er sich womöglich jemand anderen, irgendjemanden. Er ist erst eine Woche draußen und hat bereits zwei Menschen auf dem Gewissen.«
Sie brach ab, da ihr Handy vibrierte. Während sie ihre Jacke überstreifte, meldete sie sich. Zwei Minuten später stopfte sie es in die Jackentasche, ihre Augen schmal und kalt.
»Macht zusammen drei. Er hat Carl Neissan.«
Eve war auf hundertachtzig, als sie bei Mira klingelte. Dass sie sich vor dem diensthabenden Schutzbeamten ausweisen musste, besänftigte ihre gereizten Nerven allerdings ein wenig. Wenn der Personenschutz in Neissans Fall genauso stringent gehandelt hätte, wäre Palmer niemals in sein Haus gekommen.
Mira empfing sie in der Halle ihres repräsentativen Hauses. Sie war lässig gekleidet in Hose und Pullover, mit passenden Mokassins. Ihre Züge spiegelten indes Anspannung. Bevor Eve etwas sagen konnte, winkte die Profilerin ab.
»Schön, dass Sie gekommen sind. Wir unterhalten uns besser oben in meinem Büro.« Sie spähte vielsagend zu einer der angelehnten Türen, aus der Kinderlachen drang. »Wenn die Situation anders läge, würde ich Sie natürlich mit meiner Familie bekannt machen. Aber ich möchte sie lieber nicht noch mehr Stress aussetzen.«
»Ihre Familie bleibt außen vor.«
»Hoffentlich«, seufzte Mira. Schweigend steuerte sie nach oben.
Das Haus reflektierte seine Besitzerin, fand Eve. Sanfte Farben, lichtdurchflutete Räume, stilvolles Ambiente. Miras privates Arbeitszimmer war schätzungsweise halb so groß wie ihr Dienstbüro und vermutlich früher einmal ein kleiner Schlafraum gewesen. Sie hatte es mit weichen Polstersesseln ausgestattet und einem Damensekretär mit geschwungenen Beinen und Holzschnitzereien.
Die Profilerin zupfte nervös an den Lamellen vor einem der Fenster, ehe sie an den Mini-Auto-Chef trat, der in der Wand eingebaut war.
»Sie kennen das von mir erstellte Profil von David Palmer«, begann sie, bemüht, die Hände ruhig zu halten, während sie den Auto-Chef auf Tee programmierte. »Daran halte ich auch weiterhin fest - mit einigen wenigen Ergänzungen, die seine Gefängniszeit betreffen.«
»Ich bin nicht wegen eines Profils hergekommen. Ich habe ihn durchschaut.«
»So?«
»Ich habe mich mental in ihn hineinversetzt. Wie wir es auch schon gemeinsam gemacht haben.«
»Richtig.«
Mira bot Eve eine duftende Tasse Tee an, die dankend ablehnte.
»In gewisser Hinsicht bleibt er die Ausnahme von der Regel. Er hatte eine schöne, behütete Kindheit. Seine Eltern zeigen keine emotionalen oder psychologischen Störungen. Er war ein guter Schüler, eher über als nur durchschnittlich begabt, wenngleich kein Überflieger. Die Tests ergaben weder Hirnanomalien noch körperliche Defekte. Psychologisch wie physiologisch lässt sich keine Ursache für sein Verhalten erkennen.«
»Es macht ihm einfach Spaß«, erwiderte Eve knapp. »Bisweilen bleibt das Böse im Menschen eben ein Mysterium.«
»Dem würde ich gern widersprechen«, seufzte Mira. »Für mich sind die Gründe, also die Impulse für sein abnormes Verhalten, nämlich essenziell. Aber dummerweise fehlt mir bei David Palmer jegliche stichhaltige Erklärung für sein Tun.«
»Das sollte Sie nicht weiter belasten, Doktor. Mein Problem ist, dass ich ihn stoppen und die Leute schützen muss, die er sich ausgeguckt hat. Die ersten zwei auf seiner Liste sind bereits tot.«
»Stephanie Ring? Sind Sie sicher?«
»Ihre Leiche wurde heute Morgen gefunden. Jetzt hat er Carl Neissan in der Mangel.« Diesmal zitterte Miras Hand, als sie ihre Tasse leise klirrend auf den Schreibtisch stellte.
»Neissan stand aber doch auch unter Polizeischutz.«
»Palmer besorgte sich eine Uniform, klingelte und gab sich als Wachablösung aus. Der diensthabende Cop nahm es für bare Münze und ging nach Hause, Weihnachten feiern. Als heute Morgen der nächste Einsatzbeamte kam, war das Haus leer.«
»Und der von heute Nacht? Ich
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