Möwenfluch (Vloek op Meeuwen) (Möwennest) (German Edition)
Kleinstlebewesen registrierten, was dort unten in der trüben Dunkelheit der Aushöhlung unter Wasser geschah. Sie bemerkten, dass der verrostete Verschlussmechanismus bei jeder Bewegung aus dem Innern leicht vibrierte, sich mehr und mehr auflöste und endlich mit einem dumpfen Knacken zerbrach.
***
Die Erzählung war vorbei und Harry schaute sie mit weit geöffnetem Mund an. Er hatte die Zusammenhänge einigermaßen verstanden und konnte doch nicht wirklich glauben, was er gehört hatte.
Ein Fluch, hier in Zeeland ? Wohl kaum , dachte er und eine Stimme in seinem Kopf pflichtete ihm bei. Er vermochte nicht zu sagen, woher sie so plötzlich kam, aber sie war ihm seltsam vertraut.
„Blödsinn, die Alte hat eine Schraube locker. Du weißt ‘s besser, Harry… weißt du doch? Du weißt, was du tun musst. Tu ’s für mich “, säuselte die Stimme. Sie klang freundlich und er bemerkte ihren verschlagenen Unterton nicht.
„Ich weiß nicht, was du meinst“, sagte Harry laut. Inga schaute ihn verwirrt an, zeitgleich antwortete die Stimme in seinem Kopf.
„Töte sie!“, befahl sie, jetzt nicht mehr ganz so freundlich und doch klang das für Harry plötzlich irgendwie vernünftig.
Diese alte, verrückte Frau hatte ihn aus dem Krankenhaus entführt. Wegen ihr waren Petr Stojics Schergen hinter ihm her und wollten ihn töten.
Herrje, sie steckt mit Sklaaten unter einer Decke. Der Kerl wollte mich vor drei Nächten auch umbringen. Ich glaube ihr das alles nicht.. .
Harry sah Inga an und bemerkte, wie die Abneigung gegen diese Frau, die dort klein und hässlich auf dem Stuhl hockte und einen Whisky nach dem anderen in sich reinkippte, wuchs und wuchs.
„Hör nicht auf sie, Harry“, sagte die Blumenhändlerin jetzt. Die Stimme war dreckig, überheblich und verdorben. Sie war falsch und erzählte nur Lügen. Harry glaubte ihr kein Wort. Er hätte ihr nie trauen dürfen. Schon vor zehn Jahren war sie eine falsche Schlange gewesen. Was auch immer sie vorhatte, er würde nur ihr Bauernopfer sein. Das ließ er sich nicht gefallen. Er hatte genug durchgemacht. Sein Leben war in nur einer Nacht zerstört worden. Er ließ nicht zu, dass dieses durchgedrehte Weibsbild nun auch den letzten Rest kaputtmachte.
Es gab keine Erklärung für den Hass, der in ihm aufflammte, dennoch legte er sich wie ein rotes Tuch über ihn. Er wollte Inga Schaden zufügen und die Stimme in seinem Kopf ermutigte ihn, stachelte ihn weiter an. Sein sehnlichster Wunsch wurde es, Inga wehzutun, um die Stimme in seinem Kopf zufriedenzustellen, aber auch, weil es sich richtig anzufühlen schien. Dann entdeckte er das Messer auf der Anrichte und stand auf.
„So ist ‘s gut“, lobte die Stimme.
***
Harrys seltsames Verhalten war beunruhigend. Er schien sich von der einen auf die nächste Sekunde zu verändern. Inga erkannte eine wachsende Wut und die aggressive Aura, die ihr Gegenüber mit einem Mal ausstrahlte. Das war höchst seltsam, geradezu unwirklich, aber dann entdeckte sie den schwarzen Vogel auf dem Fensterbrett und ihre Alarmglocken schrillten. Die Augen des Tieres waren blutrot und sie fixierten Harry.
Natürlich! Inga ahnte, was hier los war. Marga, du verflixtes Miststück!
„Hör nicht auf sie, Harry“, mahnte sie, doch Harry entgegnete nichts. Es war offensichtlich, er steckte in einem inneren Zwiegespräch mit van Buuren . Solange bis er ruckartig aufstand und Inga undurchdringlich ansah.
Der Moment schien sich bis in die Ewigkeit zu ziehen.
Harry starrte unverwandt. Sein Gesichtsausdruck hatte sich völlig verändert. Hass loderte ihm in den Augen, aber waren das wirklich noch seine eigenen? Sie wirkten fremd und gleichzeitig unbequem bekannt …
Der Fluch hatte sich in seinen Kopf geschlichen und manipulierte ihn.
Das konntest du schon immer ausgezeichnet , dachte Inga. Sie rührte sich nicht, hielt Harrys Blick eisern stand.
Jetzt wandte er leicht den Blick ab, Inga folgte ihm und erspähte das Gemüsemesser auf der Spüle.
Sie versuchte ruhig zu bleiben, ihren Atem zu kontrollieren, keine Panik zu zeigen. Sie war allein mit Harry. Er war größer und stärker und nicht bei Sinnen.
Die Zeit schien durch Ingas Finger zu rinnen. Harry würde angreifen. Nicht mehr lange und Margareta würde ihn völlig unter Kontrolle haben. Es war nur noch eine Frage von Sekunden und dann?
Dann würde sie beenden, was vor sechzig Jahren schiefgegangen war. Durch Harrys Hände würde die von Boshaftigkeit
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