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Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Titel: Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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Ausgang lag fünf Meter vor ihm. Gleich wäre er im Freien und wieder auf der Flucht. Auf der Flucht wovor? Vor einem Fluch, den es mit großer Wahrscheinlichkeit nicht gab.
    Und w as, wenn doch? Was, wenn diese scheußliche Gestalt kam, um ihn zu holen ?
    Harry war nicht scharf darauf, es herauszufinden. Besser einmal zu oft weggerannt, als einmal zu oft vom Gegenteil überzeugt.
    Er atmete tief durch. Seine Sprintkünste waren lausig, seine Ausdauer nicht vorhanden. Gleichzeitig war eines ganz gewiss: Hierzubleiben war keine Alternative.
    Harry umklammerte den Beutel mit Petr Stojics Kram und machte zwei schnelle Schritte nach vorn. Das Licht über seinem Kopf flackerte. Dann ging es aus. Ohne jede Vorwarnung stand Harry im fensterlosen Flur mitten in der Dunkelheit.
    Davon lässt du dich nicht au fhalten, hörst du? schoss durch seinen Kopf und entschlossen machte er einen weiteren Schritt. Er trat auf ein Hindernis am Boden, geriet dadurch aus dem Gleichgewicht und fiel beinahe mit dem Kopf voran zu Boden.
    Irgendwie bekam er sich gera de so unter Kontrolle und bugsierte den fallenden Körper seitwärts gegen die Wand. Es knarrte. Kurz musste Harry fürchten, die Raumbegrenzung würde sein Gewicht nicht halten und einstürzen. Er irrte. Sie blieb stabil.
    Keine Panik. Keine Panik. Herrje. Keine Panik.
    Harry schnaufte laut durch, stützte sich ab und ermahnte sich, vorsichtiger zu sein. Keine drei Meter trennten ihn mehr von der Haustür.
    „Herrje! Die Entfernung überbrücke ich blind, wenn nötig“, nahm er sich vor ...
    S ein Vorsatz löste sich jäh in Luft auf. Mit Urgewalt flog eine der beiden vorderen Seitentüren auf. Holz knallte auf Holz. Harry schreckte zusammen. Seine Nackenhaare stellten sich auf. Ein eiskalter Wind fegte durch den Flur und trieb ihm die Gänsehaut auf die Arme. Gleißendes Licht fiel durch den Türrahmen.
    Harry hatte den eigenen Puls ohnehin schon heftiger als gewöhnlich an den Schläfen pochend wahrgenommen. Als sein Blick den Schatten ausmachte, der sich auf den erhellten Wänden der gegenüberliegenden Flurseite abzeichnete, verwandelte sich dieses Hämmern in wildestes Buschgetrommel.
    Zu spät , dachte er unglücklich und wich instinktiv zurück. Der Schatten bewegte sich. Er wurde kleiner, dann trat die ihn werfende Gestalt in den Flur und trieb Harry endgültig das Grauen ins Gesicht. Er schluckte schwer. Seine Hände zitterten. Seine Finger krampften sich zeitgleich um den Stoffbeutel. Die Gestalt war von mittlerer Statur und trug längeres gelocktes Haar. Da sie aus dem Licht kam, konnte Harry nur ihre Umrisse erkennen, doch er wagte nicht daran zu zweifeln, dass Margareta van Buuren dort stand. Er kannte nur die wirren Erzählungen, aber – Gott verdammt! – das war sie. Das war sie bestimmt.
    Der Fluch von Zeeland war gekommen, um ihn zu holen. Über den Geruch von Lampenöl hinweg bildete er sich ein, den Gestank von Brackwasser und totem Fisch riechen zu können.
    Margareta sagte nichts. Sie stand nur da. Der Schrei einer Mö we war das einzige Geräusch, das die Stille in dem Haus durchbrach. Harry wurde beinahe wahnsinnig vor Angst. Er wollte schreiend davonlaufen und konnte nicht. Seine Muskeln versagten ihren Dienst und in seinem Kopf schrie eine Stimme seine ganze Verzweiflung hinaus.
    „Wohin denn auch? Wohin denn auch?“
    Jetzt bewegte sich die Gestalt. Mit langsamen Schritten trat sie auf ihn zu, blieb stehen und kramte in ihren Taschen herum. Harrys Ohren vernahmen ein undeutliches Murmeln.
    Oder war es ein röchelndes Atmen?
    Mit einer schnellen Bewegung kratzte Margareta mit einem Finger an der Wand entlang. Ein Funken flog.
    Feuer, e ine kleine Flamme, die unruhig im Durchzug flackerte.
    Die Gestalt führte sie zu ihrem Gesicht und entzündete die Zigarette, die sie im Mundwinkel trug.
    Obwohl Glimmstängel und Streichholz bedauernswert wenig Licht ins Dunkel brachten, reichte das wenige aus, um Harrys Illusion zu zerstören. Er stöhnte schwer und fühlte, dass seine Beine nachgeben wollten. Sein Magen krampfte sich zusammen, aber seine letzte Mahlzeit lag zu lange zurück, als dass er sich hätte übergeben können.
    „Lange nicht gesehen, Harry“, sagte Viktor Kulac in frostiger Gleichgültigkeit, nahm einen kräftigen Zug und wedelte das Zündholz aus.
    „Kann nicht behaupten, dass ich dich schon vermisst hätte, Viktor“, erwiderte Harry mit brüchiger Stimme. So unauffällig wie möglich trat er seinen Rückzug an und hoffte, dass der

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