Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Titel: Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
Vom Netzwerk:
Das war nie anders“, sagte er und griff nach dem Beutel. „Trag es wie ein Mann, Harry. Das ist das Leben.“
    Harry war versucht, dem arroganten Arsch auf der Stelle eine reinzuhauen. Sein Inneres hatte dieses Geschwafel und Selbstverliebte satt. Viktor verdiente eine ordentliche Abreibung. Vielleicht vermochte ihn ein ordentlicher Schlag mitten ins Gesicht wenigstens einigermaßen zu kurieren. Die Muskeln in Harrys Fingern zuckten. Die Verlockung war groß, aber ihm fehlte wie sooft die Courage. Er tat es nicht. Immerhin weigerte er sich, den Beutel einfach ohne Widerstand loszulassen. Obwohl das nur ein sehr schwacher und eigentlich, wenn man ehrlich wahr, überhaupt kein Trost war. Denn als Kulac ihm den Lauf seiner USP kräftig gegen die Schläfe drückte, ließ Harry - allen inneren Widerständen zum Trotz - davon ab.
    „Schau an, d er Mann ist nicht so blöd, wie er aussieht“, feixte Viktor und entfernte sich. Von irgendwo weiter vorn im Haus hörte man Andrej lachen. Harry vermutete, dass er in der Küche herumlungerte (denn dort befand sich der Sicherungskasten) und darauf wartete, dass Viktor zu einem Ende kam.
    Als Viktor die Tür erreicht hatte, durch die er vorhin hineingekommen war, ließ er die Waffe sinken.
    „Die gute Nachricht ist: Petr bestand darauf, dass ich dich nicht erschieße, sofern du keine Dummheiten versuchst. Und was Petr sagt, das sollte man lieber befolgen.“
    „S chön, ich freue mir ein Loch in den Bauch“, murmelte Harry, während er mit dem Schlimmsten rechnete.
    „Ja, ein großzügiger Mensch. Er hat sogar gesagt, wenn du es schaffst, seine Trophäen aufzutreiben, lässt er dich laufen. Nun muss ich dich leider enttäuschen. Solange er das Zeug nicht zu sehen bekommen hat, gilt diese Entscheidung nicht. Wir haben Anweisung, dich hier festzusetzen, bis er sich von der Echtheit und Vollständigkeit der Sammlung überzeugt hat.“ Viktor steckte die Pistole weg, zog ein Streichholz und eine Zigarette aus einer seiner Anzugsinnentaschen und riss Erstes an der Wand an.
    Harry stand da wie ein Stein , unfähig sich zu bewegen, geschweige denn in der Lage zu protestieren. Es lag auf der Hand, was geschehen würde. Es war immer klar gewesen.
    „Lass es mich so ausdrücken“, seufzte Viktor mit gespielt betrübter Miene, nachdem er sich die Zigarette angesteckt, einen kurzen Zug genommen und dabei das herunterbrennende Zündholz beobachtet hatte. „Das Leben steckt voller unglücklicher Zufälle. Leute werden von Autos überrollt. Flugzeuge stürzen ab. Menschen fallen beim Staubwischen versehentlich aus einem Fenster im vierten, fünften, sechsten, siebten Stockwerk. Und manchmal … Ja … manchmal löst eine zu lange brennende Kerze oder ein achtlos weggeworfenes Streichholz einen Großbrand aus …“
    Mit diesen Worten ließ er das beinahe abgebrannte Holz an der Wand entlang gleiten und schnitt eine zufriedene Grimasse , als sich die Tapete mit einer heftigen Stichflamme endlich entzündete.
    „Warum?“, flüsterte Harry und ka m auf Viktor zu. Der hob mahnend den Zeigefinger und deutete anschließend auf die USP im Holster.
    „Zwing mich nicht dazu, dich zu erschießen. Petr hätte das nicht gewollt. Und die Antwort auf deine Frage ist doch sonnenklar. Ich mache meine Arbeit, Harry. Und wegen dir habe ich meine Arbeit zuletzt nicht gut gemacht. Ich hätte dich vor Tagen im Krankenhaus schon erwischen müssen. Du müsstest sehr gut wissen, dass ich meine Aufträge immer zu Ende bringe.“
    Damit schnippte er die brennende Zigarette vor Harrys Füße. Einen Halbkreis beschreibend rollte sie zuerst auf ihn zu und genauso schnell wieder von ihm weg und kam erst neben einem verwüsteten Stapel (bestehend aus Flyern und alten Tourismuszeitungen) zur Ruhe. Bevor Harry einen Satz nach vorn machen konnte, um sie auszutreten, fing das Papier Feuer. Flammen leckten empor.
    Petroleum , dachte Harry zerknirscht und sprang zurück. Der Brand breitete sich binnen Sekunden im Flur aus. Mit einem Mal stand Harry vor einer heiß glühenden Feuerwand, die wuchs und wuchs und alles erfasste, was sich ihr in den Weg stellte. Durch Flammen und Rauch sah er, wie Viktor ihm zum Abschied zuwinkte, durch die Tür verschwand und sie hinter seinem Rücken verschloss.
    Nach vorn gab es kein Durchkommen mehr. Seine einzige Hoffnung war ein Fenster im hinteren Teil des Hauses, durch das er entfliehen konnte. Seine Gedanken rasten. Die Fenster, die ihm in den Sinn kamen, waren allesamt zu klein.

Weitere Kostenlose Bücher