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Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Titel: Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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der Rahmen vollends in Brand. Harry hustete. Die ganze Wand verwandelte sich in das reinste Inferno. Die Hitze wurde unerträglich. Harrys Flucht war endgültig unmöglich.
    Notgedrungen wich er bis in die Raummitte zurück, drehte sich um und stolperte zur Tür.
    Er agierte vollkommen planlos. Einer Schnapsidee folgend, wollte er noch einmal in den Flur, um nach einem anderen Ausweg zu suchen, obwohl er genau wusste, dass es keinen gab.
    Er kam nicht einmal mehr dazu, den Knauf der Lagerraumtür hinunterzudrücken. Er berührte ihn zwar mit zwei Fingern, doch so schnell, wie er danach gegriffen hatte, zuckte er zurück. Das Metall war glühend heiß. Dicker schwarzer Rauch drang durch die Ritzen. Harry vernahm das laute Prasseln der Flammen, die unersättlich alles fraßen und zu Asche verwandelten. Benommen taumelte er fort von der Tür. Er war gefangen zwischen zwei Feuerwänden. Er würde sterben. Sein eigenes Haus würde zu seinem Grab werden.
    „So spart man immerhin die Kosten für das Krematorium“, schaltete sich seine ungeliebte innere Stimme ein.
    „Herrje, sei endlich still, wenn du nur dämliche Sprüche draufhast“, fauchte Harry. Er drehte sich jetzt immerzu um die eigene Achse.
    Er suchte. Wonach wusste er nicht. Die Luft in der Abstellkammer wurde heiß und stickig. Der Sauerstoffgehalt schwand zusehends. Die Rauschschwaden, die vorhin nur durch die Türspalte gedrungen waren, sammelten sich jetzt an der Decke, wurden schwärzer und sanken dabei immer tiefer.
    Harry glitt hinunter in die Vertiefung. Hier war die Luft deutlich kühler, besser und nicht durchsetzt mit Rauch. Aber Harry schien schon zu lange planlos in dem Raum rumgetorkelt zu sein. Seine Sinneseindrücke verschwammen. Vor seinen Augen lag Nebel. Er kniff sie zusammen, öffnete sie. Statt besser wurde es bloß schlimmer. Er saß dort, sodass er genau in Aris geheimen Tunnel hineinschauen konnte. Der Nebel, den er sah und der mit annähernd hundertprozentiger Sicherheit nicht real war, schien von dort hereinzuziehen. Den ominösen Schwaden folgend, kroch eine dunkle Gestalt durch den engen Durchlass, durch den Harry nicht mal gepasst hätte, wäre er um ein Zentner leichter gewesen.
    Die Gestalt kam auf allen vieren näher. Harry saß einfach da. Er japste nach Luft und hustete. Irgendwo in seinem Gehirn entsprang der lächerliche Gedanke, dass es Sklaaten war, der ihn hier herausholen würde, wie auch immer er das anstellen wollte.
    Er war weder dumm noch naiv genug, daran tatsächlich zu glauben. Natürlich war Ari Sklaaten durchgeknallt, sein Überlebenstrieb funktionierte allerdings ganz hervorragend. Außerdem bewegte sich jenes Ungetüm im Tunnel ungelenk, knurrte und röchelte. Es schob sich immer weiter auf Harry zu. Wie lange? Harry konnte es nicht sagen. Zeit spielte jetzt keine Rolle mehr. Bloß die Tatsache, dass er deutlich zu wenig davon übrig hatte, stieß ihm sauer auf. Das war so ziemlich der einzige Punkt, über den er nachdachte. Denn trotz des unheimlichen, sich heranpirschenden Etwas verspürte er keine Furcht. Nicht einmal einen Funken Aufgeregtheit. Sein Fluchtinstinkt war erloschen. Er fühlte sich träge, sein Bewusstsein dämmerte langsam einer unausweichlichen Ohnmacht entgegen; der endgültig letzten seines Lebens.
    Als säße er vor dem Fernseher und schaute einen gruseligen Film, beobachtete Harry, wie die Monstrosität endlich aus dem Loch kroch und sich vor ihm aufrichtete. Sie bot einen widerlichen Anblick. Die nasse Kleidung hing zerfetzt an ihrem kräftigen, knochigen Körper. Schwarze Wassertropfen fielen von ihr ab. Es waren Unzählige. Sie trafen Harry. Bald war er überall nass. Das Haar war kurz und irgendwann einmal blond gewesen. Am linken Arm fehlte die Hand und der Kopf schien nicht richtig mit dem Hals verwachsen zu sein. Er hing seitlich nach vorn herunter und schlingerte nach rechts, als sich das Etwas vor Harry aufbaute.
    „Kennst du mich noch?“, fragte die Gestalt. Ihre Stimme war nicht mehr als Röcheln und Gurgeln, zwischen das sich unmelodisch die einzelnen Wörter quetschten. Speichel sprühte aus ihrem Mund. Harry deutete träge ein Kopfschütteln an. Die Gestalt zeigte mit dem Armstumpf auf ihren gebrochenen Hals.
    „Das warst du. Ist nicht so lange her ...“
    Harrys Bli ck blieb zwar unscharf, aber … Nein, nein, nein. Das kann nicht sein ... Sem? Unmöglich. Du fantasierst, Harry. Das hier ist nicht real.
    Harry versuchte erneut den Kopf zu schütteln, schaffte es

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