Möwenspur

an
einem Wochenende in die Bretagne fährt…“ „wegen
einer Frau, sagte mein Freund gestern“, ergänzte Marc
den von Ewen begonnen Satz.
„Genau das wollte ich gerade sagen. Aber dann suchen wir eine Frau?“
„Mit großer Wahrscheinlichkeit, aber wir sollten uns
nicht nur auf eine Frau konzentrieren. Es kann natürlich auch andere Gründe geben. Es bleibt die Möglichkeit, dass er sich hier mit einem Geschäftspartner
treffen wollte, einem potenziellen Anleger, der einen
größeren Betrag anlegen wollte und ein persönliches
Gespräch wünschte.Esbleibt auch die Möglichkeit,
dass sie sich mit einem Immobilienhändler treffen
wollten, um eine Wohnung oder ein Haus zu erwerben
und vieles mehr.“
„Ja, diese Möglichkeiten gibt es alle. Das stärkste
Motiv erscheint mir nach wie vor die Vergewaltigung
zu sein. Es wäre schon ein sehr großer Zufall, wenn
es sich um zwei voneinander unabhängige Morde
handelt und beide Opfer an die gleiche Stelle geführt
worden sind.“
Erneut kam Dustin Goarant zu den beiden Kommissaren.
„Wir haben im Kofferraum des Autos von Jules
Garrec diesen Prospekt und einen Computer-Ausdruck
gefunden. Vielleicht können sie damit auch etwas anfangen.“
Ewen Kerber nahm die Beutel mit dem darin befindlichen Prospekt und den mit dem Ausdruck und sah sie
sich an. Auch Marc warf einen Blick darauf. Er sah,
dass es sich um einen Immobilienprospekt handelte
und um einen Ausdruck aus dem Internet. Es war der
Ausdruck der Website der Firma Bondella.
„Seltsam,“ meinte Ewen, „gerade haben wir über Immobilien gesprochen. Aber was soll dieser Ausdruck
von Bondella? Die Firma hat eine Filiale in
Rosporden. Vielleicht wollte er sich hier mit einem
Mitarbeiter der Firma treffen und hat sich an Hand
des Prospektes auf das Treffen vorbereitet?“
Marc sah noch immer auf die beiden Blätter in den
Beuteln. Er dachte angestrengt nach. Diese Entwicklung passte nicht in seine Überlegungen.
Er war geneigt gewesen, seinem Freund Gerard zu
folgen und die Ursache für eine Fahrt in die Bretagne
mit einer Frau in Verbindung zu bringen. Dieser Fund
brachte ihn jetzt ins Wanken. Sollten die beiden Morde eventuell doch mit der beruflichen Tätigkeit der
jungen Männer in Verbindung stehen? Sollte es vielleicht doch zwei verschiedene Motive geben und zwei
unterschiedliche Täter?
„Ewen“, sprach Marc jetzt seinen Kollegen an „könntet ihr mal überprüfen, ob ein Mitarbeiter aus dem
oberen Management der Firma Bondella in Pont Aven
wohnt? Ich kann mir nur vorstellen, dass jemand aus
dem oberen Management so viel verdient, dass er einen Anlageberater beauftragt. Wenn die beiden aus
beruflichen Gründen hierhergekommen sind, dann
gibt es wohl einen Zusammenhang mit der Firma
Bondella. Wir müssen dieser Spur auf jeden Fall
nachgehen.“ Marc sah sich den Ausdruck, den er immer noch in der Hand hielt an.
„Ja, ich lasse es sofort überprüfen.“ Ewen Kerber
nahm sein Handy und wählte eine Nummer aus seinem Speicher.
„Paul Chevrier“, meldete sich sein Assistent in Quimper.
„Paul, überprüfe doch bitte, ob jemand aus dem Vorstand oder aus dem oberen Management der Firma
Bondella aus Rosporden, in Pont Aven wohnt. Ich bin
über mein Handy zu erreichen.“
„Wird erledigt, Ewen!“ sagte Paul und legte auf.
Inzwischen waren auch die beiden, von der Spurensicherung bestellten Abschleppwagen auf dem Parkplatz eingetroffen um die Fahrzeuge zur weiteren Untersuchung ins Präsidium bringen zu lassen. Der Porsche wurde bereits auf den ersten Wagen gehoben.
Ewen Kerber und Marc Louvin verabschiedeten sich.
Ewen bedankte sich für Marcs Hilfe und versprach
ihm sich zu melden, sobald sich etwas Neues ergibt.
Marc ging zu Fuß zu seinem Wagen zurück, der unten
in Pont Aven beim Kunstmuseum abgestellt war. Der
kleine Ausflug hatte sich gelohnt. Als er Gerard am
späten Vormittag verlassen hatte, war er nicht von
einem solchen Ergebnis ausgegangen.Erwarsehr
zufrieden mit sich, als er das Auto bestieg und zurück
nach Trévignon, genauer gesagt nach ‚Le Paradis‘
fuhr.

Kapitel 7
    Paul Chevrier wollte gerade bei der Firma Bondella
anrufen, als ihm eine Idee durch den Kopf schoss. Er
hatte doch von den Kollegen aus dem Betrugsdezernat
von einem Fall gehört, der noch nicht lange zurücklag. Der musste im Computer erfasst sein. Paul ging
in die Datei mit den Strafanzeigen und gab den Namen der Firma ein.
Auf dem Bildschirm erschien sofort die Anzeige der
Firma Bondella gegen den Finanzvorstand des