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Möwenspur

Möwenspur

Titel: Möwenspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Pierre Kermanchec
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zog sich an, Anzug und
Krawatte, wie diese Lolita 23 es sich gewünscht hatte. Da er täglich einen Anzug trug, war das keine besondere Aufgabe. Er schloss die Tür seines Penthauses und ging nach unten. Er hatte gerade drei oder vier
Stufen genommen, da hörte er das Telefon in seiner
Wohnung klingeln. Robert blieb einen Augenblick
unentschlossen stehen. Sollte er zurückgehen und den
Hörer abnehmen? Er überlegte kurz und entschied
sich, nicht zurückzugehen. Er kannte seinen Chef nur
zu gut. Manchmal hatte dieser selbst am Wochenende
einen Einfall und wollte ihn sogleich umgesetzt wissen. Auf eine Sonderaufgabe hatte Robert aber in diesem Augenblick keine Lust. Auch sein Handy war
ausgeschaltet. Er konnte auch einmal nicht erreichbar
sein. Wie pflegte sein Chef zu sagen, ‚nur das Dienstpersonal muss ständig erreichbar sein‘. Heute stimmte
er seinem Chef zu.
Robert stieg in seinen schwarzen Porsche 911 Targa,
ließ sich in den Ledersitz fallen und steckte den Zündschlüssel ins Schloss. Als der Motor startete vernahm
er diesen kräftigen markanten Ton den er so liebte. Er
schaltete das Automatikgetriebe auf ‚D‘ und fuhr ganz
gemütlich durch die noch verschlafene Straße, Rue de
la Bourboule, von Versailles. Die Route hatte er schon
am Vorabend eingegeben und sein Navigationsgerät
zeigte, dass er etwa 520 Kilometer zu fahren hatte. Er
steuerte seinen Wagen über Saint Cyr l´Ecole und
Rambouillet in Richtung der Autobahn A11. Die Strecke führte an Chartres vorbei und er konnte von weitem die beiden Türme der berühmten Kathedrale sehen.
Jetzt kamen ihm, zum ersten Mal seit Langem wieder
die Bilder seiner letzten Fahrt in die Bretagne ins Gedächtnis. Seine drei Freunde, mit denen er damals die
Fahrt zu einem Segeltörn unternommen hatte, hatte er
schon seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen. Sie
trafen sich hin und wieder, aber die Abstände wurden
immer größer. Das brachte ihr Beruf mit sich. Sie hatten alle drei einen guten Job und einen guten Verdienst. Pierre und Jules waren bei der Banque Villatte
beschäftigt, der es trotz der Krise immer noch sehr gut
ging, was man von ihren Kunden nicht immer sagen
konnte, Jean-Marie war Ingenieur bei Airbus in Toulouse und er war bei einer der bekanntesten Investmentfirmen beschäftigt. Bis auf Jean-Marie lebten sie
rund um Paris und dennoch waren die gemeinsamen
Treffen immer seltener geworden. Die Vergewaltigung damals auf der Yacht hatte ihn lange belastet.
Die Angst entdeckt zu werden, war in all den Jahren
sehr groß gewesen. Aber jetzt war genügend Gras
über die Sache gewachsen. Er ging davon aus, dass es
keinerlei Probleme mehr geben konnte. Von Pierre
hatte er erfahren, dass Sylvie, eines der Mädchen die
damals dabei waren, sich das Leben genommen hatte.
Pierre hatte das aber nicht in Verbindung mit der Vergewaltigung gebracht. Zu seinen Freunden hatte er
immer wieder gesagt, dass Sylvie früher schon suizidgefährdet gewesen war. Er hatte sie vor Jahren, als
Jugendlicher in Concarneau kennengelernt, als er seine Großtante besuchte, die damals in dieser kleinen
Stadt lebte. Zum Zeitpunkt des Segeltörns war die
Tante bereits verstorben.
Robert hatte Le Mans bereits hinter sich gelassen und
kam nun an der Tank- und Raststelle von Saint-Denisd´Orques vorbei. Er verließ die Autobahn und fuhr
zunächst an die Tankstelle. Er stieg aus, streckte sich
ein wenig und tankte seinen Wagen voll. Dann parkte
er ihn vor dem Tankstellenshop. Nachdem er seine
Tankrechnung bezahlt hatte, ging er zur Toilette und
danach kaufte er einen Kaffee und ein Croissant und
setzte sich für einige Minuten in das Restaurant. Er
wäre viel zu früh in Pont Aven wenn er jetzt durchfahren würde. Selbst wenn er sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen hielt, würde er weit vor der
vereinbarten Zeit eintreffen. Daher hatte er es nicht
eilig und blieb einfach etwas länger sitzen. Er holte
sich noch eine zweite Tasse Kaffee und trank auch die
in aller Ruhe. Dann stieg er wieder in seinen Wagen
und legte die restliche Strecke über Laval nach Rennes zurück.
Kurzfristig beschloss er, sich die Stadt Rennes anzusehen, er war noch nie in Rennes gewesen. Es war
Mittag als er dort ankam. Er fuhr ins Zentrum und
suchte einen Parkplatz. Robert hatte Glück. In der Rue
du Champ Jaquet, mitten in der Stadt fand er eine
Parklücke.
Er stellte seinen Wagen ab und stieg aus.Eswaretwas kühler als in Versailles, so dass er sich seine Lederjacke überstreifte. Er betrachtete den kleinen

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