Möwenspur
Platz
und folgte dann einfach der Straße mit dem Namen
Rue Chateaurenauld. Als er an die nächste Kreuzung
kam, bog er in die Rue de Brihac ein und stand nun
vor dem Rathaus der Stadt Rennes mit dem bretonischen Parlamentsgebäude gleich daneben. Ein sehr
schönes Bauwerk, wie er fand. Zwei halbrunde Gebäudeflügel umschlossen einen Turm mit einer großen
Uhr. Stand man genau vor dem Gebäude, dann lag das
Parlament in dem linken Gebäudeteil, das Rathaus
rechts. Gegenüber befand sich die Oper der Stadt. Der
Platz dazwischen war beinahe ein Quadrat von mindestens 100 Metern Seitenlänge, so schätzte Robert.
Der Platz, bevölkert von jungen Leuten mit Skateboards und Rollerblades, schien der Treffpunkt der
Jugend zu sein. Andere Jugendliche saßen auf den
wenigen Stufen, die von dem Rathaus hinunter auf
den Platz führten. Er überquerte den Platz und bog in
die Rue d`Orléons ein. Nach weiteren knappen 100
Metern stand er am Quai Lamartine. Zwischen dieser
Straße und einem schönen alten und sehr großen Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite war
ein Fluss, die Vilaine der hier überdeckt war und dessen Abdeckung zu einem kleinen Park umgestaltet
worden war. Robert sah sich den Stadtplan, mitten auf
dem Platz neben einer Bushaltestelle genauer an. Er
spazierte dann durch das Zentrum, kam an den Hallen
vorbei, an den Resten einer alten Stadtmauer, betrachtete den Platz rund um die Kirche St. Anne und entschied sich in der Rue Saint-Georges eine Kleinigkeit
zu essen. Diese kleine Gasse wurde von zahlreichen
Restaurants gesäumt. Wenn er schon in der Bretagne
war, dann wollte er auch ihre Spezialität genießen und
wählte eine Crêperie. Bis nach Pont Aven waren es
von Rennes aus vielleicht noch zwei Stunden Fahrt.
Er hatte also viel Zeit. Nach dem Essen spazierte er
noch ein wenig in der Stadt umher. Dann machte er
sich auf den Weg nach Pont Aven.
Als Robert Le Floch auf den Parkplatz ‚Bel Air‘ ankam, fuhr er wie verabredet in die hintere Reihe und
fand dort eine Parklücke. Der Parkplatz war gut besucht. Robert sah auf seine Rolex. Die Uhr zeigte ihm,
dass er noch dreißig Minuten Zeit hatte. Er stieg aus
und spazierte an der Straße entlang, bis zu der kleinen
Glasbläserei etwas unterhalb des Parkplatzes. Neugierig trat er ein und sah sich die ausgestellten Exponate
an. Der kleine Verkaufsraum war leer. Er war der einzige Besucher. Ein älterer Herr kam auf ihn zu und
fragte, ob er ihm etwas zeigen dürfe. Robert sah sich
um und bat dann die kleine Vase, die auf einem der
Regale stand näher ansehen zu dürfen. Der Mann holte sie heraus und zeigte sie Robert. Sie unterhielten
sich ein paar Minuten über ihre Entstehung und Robert entschloss sich, die Vase zu kaufen. Sie war nicht
ganz billig, er musste immerhin beinahe 200 Euro
bezahlen. Aber sie war wirklich ausgesprochen schön.
Wenn das Wochenende schön und harmonisch verlaufen würde, dann wollte er sie Lolita 23, oder wie die
Frau auch immer hieß schenken.
Der Mann packte sie ein und Robert ging zurück zu
seinem Auto. Er legte die gerade erstandene Vase auf
den Rücksitz. Als er den Motor eines Autos vernahm,
drehte er sich nach dem Wagen um. Es war ein kleiner
Mini, der langsam auf ihn zukam. Am Steuer saß eine
bildschöne junge Frau. Als der Wagen vor ihm stehen
blieb schlug sein Herz deutlich schneller. Wenn er in
diesem Augenblick etwas hätte sagen sollen, dann
wäre höchstens ein ‚Wow‘ aus seinem Mund gekommen. Die junge Frau öffnete das Fenster ihres Mini
und sagte:
„Hallo Robert, du bist doch Robert, nicht wahr?“
„Äh…, ja… äh, ich bin Robert.“
„Wo hast du deine Tasche?“ fragte sie, als er vor ihrem Wagen stand.
„Du kannst deinen Wagen hier stehen lassen, wir
nehmen mein Auto für die paar Kilometer. Ich bringe
dich am Montag auch wieder zurück.“ Sie lächelte
Robert mit einem Lächeln an, das jeden Mann sofort
betört hätte. Robert war noch immer sprachlos.
Stumm griff er nach der Tasche in seinem Porsche,
verschloss ihn und ging zur Beifahrerseite des kleinen
Autos. Nachdem er seine Tasche auf den Rücksitz
gelegt hatte stieg er ein. Warum er seinen Wagen hier
stehen lassen sollte war ihm nicht ganz klar. Er stellte
aber keine weitere Frage dazu.
Julie sah ihn an: „Zur Begrüßungdarfichdir aber
bestimmt einen Kuss geben, auch wenn wir uns noch
nicht kennen?“ Dann beugte sie sich zu ihm und gab
ihm einen kleinen Kuss auf die Wange. Robert begann
langsam seine Selbstsicherheit wiederzugewinnen.
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