Möwenspur
Er
sah ‚Lolita 23‘ von der Seite an und fragte sich, wieso
eine solche Frau es nötig hatte Männer über das Internet zu suchen. Dieser Frau lagen doch bestimmt die
meisten Männer der Region zu Füßen, wenn sie es nur
darauf anlegte.
„Warum haben Sie mich eingeladen?“ Robert sah die
Frau an.
„Nun, ganz einfach, ich habe es ihnen schon gesagt.
Sie sind genau mein Typ. Ich habe Sie gesehen und
fand Sie großartig. Ich versuche, mir das zu nehmen
was ich will. Vorausgesetzt, ich bekomme es!“ Sie
lachte herzlich.
„Sie meinen, dass Sie mich jetzt bekommen haben?“
Robert wollte nicht sofort zugeben, dass auch er Feuer
und Flamme war seitdem er sie gesehen hatte. Sein
Stolz wollte es, dass er derjenige war, der eine Frau
erobert.
Julie sah ihn kurz an und meinte dann ganz trocken:
„Ja, ich denke schon, sonst wärst du nicht hierhergekommen.“
Robert konnte nichts darauf antworten und beschloss,
einfach das Thema zu wechseln.
„Wohin fahren wir?“
„Zu mir nach Hause, es ist nicht sehr weit.“
„Du könntest mir aber jetzt wenigstens deinen richtigen Namen nennen, meinst du nicht?“
„Stimmt, das könnte ich.“ Sie lächelte erneut. Er ist
nicht so schön und nicht so spektakulär, ich heiße
ganz einfach Julie.“
„Julie! Julie passt zu dir.“
Julie fuhr bedacht langsam und achtete auf die Geschwindigkeitsbeschränkung. Sie wusste, dass die
örtliche Polizei hier sehr häufig Kontrollen durchführte. Auf keinen Fall durfte sie mit Robert im Auto gesehen oder angehalten werden. Als sie am ersten
Kreisverkehr in Névez ankamen, fuhr sie in Richtung
Zentrum und bog am nächsten Kreisverkehr in die
Rue de Port Manech ein. Die Straße trug die Nummer
D77. Robert achtete auf den Weg, er wollte ihn sich
einprägen. Er hatte nicht vor, diesen ersten Besuch als
den letzten zu betrachten. Er würde versuchen, diese
Frau öfter aufsuchen zu dürfen. An der nächsten Gabelung hielt sie sich rechts und folgte der kleinen
Straße. Sie durchquerten einen Weiler, der sich
Kérambellec nannte und bogen nach wenigen 100
Metern rechts ab. Ein kleines Straßenschild trug den
Namen Tremorvezen, aber es war nicht der Name der
Straße sondern eher wieder ein kleiner Weiler. Julie
bog links und rechts ab, die Straßen wurden zu kleinen Wegen die an sehr schönen Häusern vorbeiführten bis sie schließlich in eine Hofeinfahrt mündeten.
Es kam ein schönes älteres Haus zum Vorschein. Sie
öffnete mit ihrer Fernbedienung das Garagentor und
fuhr in die Garage. Sofort verschloss sie das Tor wieder. Sie stiegen aus und Robert nahm seine Tasche
vom Rücksitz.
„Willkommen in meinem kleinen Refugium!“ Julie
lächelte Robert an.
„Ich hoffe, es wird dir hier gefallen. Wir gehen nach
oben. Hier sieht man ja nur graue Mauern.“
Julie ging voraus und stieg einige wenige Stufen
hoch, öffnete eine Tür und ließ Robert an sich vorbei
in den Flur des Hauses treten.
„Schön hast du es hier!“ meinte er, als er sich etwas
umgesehen hatte.
Robert hatte seine Reisetasche auf dem Boden im Flur
abgestellt und folgte Julie nun durch das Wohnzimmer zur Glasfront. Sein Blick ging hinaus auf das offene Meer. Ein phantastischer Ausblick. Der Garten
senkte sich zum Meer hin ein wenig ab und er konnte
ein weißes Gartentor am Ende des Gartens sehen.
Links und rechts waren sehr hohe Hecken gepflanzt
die einen natürlichen Sichtschutz bildeten. Niemand
konnte in den Garten sehen, außer von weitem von der
Küstenseite. Robert vermutete einen kleinen Weg dahinter, denn er sah vereinzelte Fußgänger an dem
Grundstück vorbeigehen.
„Wie gefällt es dir bei mir?“ fragte ihn Julie nun, die
in der Zwischenzeit zwei Gläser aus dem Schrank
geholt hatte und eine Flasche Champagner öffnete.
„Einfach beeindruckend“, sagte Robert, „aber nicht zu
vergleichen mit deinem Anblick!“ fügte er hinzu. Jetzt
war er wieder Robert Le Floch. Der Playboy in ihm
lebte auf. Julie sah ihn ruhig an und öffnete weiter die
Flasche. Der Korken war schon beinahe entfernt, als
Robert auf sie zutrat und sich anbot, die Flasche zu
öffnen. Er sah sich das Etikett an und erkannte sofort
den Schriftzug ‚Veuve Clicquot‘, seine Lieblingsmarke. Julie hatte es bestimmt auf Facebook gelesen,
dachte er als er den Champagner in die bereitgestellten Gläser füllte.
Julie hatte auf das Kompliment nicht reagiert, man
konnte fast den Eindruck gewinnen sie wollte es
überhört haben. Vielleicht war sie aber auch solche
Komplimente gewöhnt.
„Zum Wohl…“,
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