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Mogelpackung: Roman

Mogelpackung: Roman

Titel: Mogelpackung: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Schröter
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Leider in diesem Fall unmöglich, wollte er nicht Tim endgültig von der Schule auszählen lassen. Morgen also. Morgen ging es in die Höhle der Löwin. Fredo hielt es plötzlich doch nicht mehr für ausreichend, sich nur auf seine Improvisationskunst zu verlassen. Vor allem müsste er genauer wissen, worum es eigentlich ging. Und das konnte ihm in diesem Hause nur einer verraten.
    Tim war in seinem Zimmer. Schon auf der Treppe vernahm Fredo den Rammstein-Brachialsound und den schnarrenden Propagandasprechergesang des Frontmannes Till Lindemann: »Bei dir hab ich die Qual der Wahl/Stacheldraht im Harnkanal/legt dein Fleisch in Salz und Eiter/erst stirbst du, doch dann lebst du weiter …«
    Wer hört sich so was freiwillig an?, dachte Fredo und klopfte fest an Tims geschlossene Zimmertür. Statt des Jungen antwortete nur Till Lindemann.
    »Bisse, Tritte, harte Schläge/Nagel, Zange, stumpfe Säge/wünsch dir was, ich sag nicht nein/und führ dir Nagetiere ein …«
    Das wäre auch eine originelle Verwendung für Speedy gewesen, überlegte Fredo, natürlich nur zu Lebzeiten. Er wartete nicht länger, sondern drückte die Klinke. Nicht abgeschlossen, immerhin. Der Junge bemerkte ihn erst, als Fredo schon in der Mitte des Zimmers stand und gegen die Musik anbrüllte.
    »Geht’s mal leiser?«
    In einer Blitzreaktion schaltete Tim simultan die Lautsprecherboxen seines Computers ab und minimierte das Bild auf dem Monitor – Fredo erkannte gerade noch ein martialisches Schlachtenpanorama, dann füllte sich der Bildschirm mit einer harmlosen Desktop-Ansicht.
    »Kannst du nicht anklopfen?« Tim zog sich unwillig ein Headset vom Kopf und musterte den Eindringling mürrisch. »Was ist denn?«
    »Ich hätte die Tür einschlagen können. Hättest du nicht gehört.« Das Zimmer sah in etwa so aus, wie Fredo es sich vorgestellt hatte. Aus überbordenden Regalen und offenen Schubladen entlud sich pures Chaos und überwucherte den Fußboden wie der Dschungel eine vergessene Zivilisation. Eine Probebohrung durch die diversen Schichten würde vermutlich ein getreues Abbild der Tim-Evolution ergeben: vom Kuscheltier früher Kindergartenjahre über Plastikdinosaurier aus Grundschultagen und halbfertige Flugzeugmodelle aus präpubertärer Ära bis hin zum Pizzarest von gestern.
    Tim registrierte Fredos Rundumblick und baute vor. »Ich räum nicht auf, vergiss es.«
    »Hauptsache, es wächst nicht aus dem Zimmer«, winkte Fredo ab, fegte ein paar Klamotten von einem Stuhl, setzte sich und kam gleich zur Sache. »Ich habe eben mit Frau Anatol telefoniert.«
    Tim zuckte nur mit den Achseln und sah ihn verstockt an. Hellbraune Augen, dachte Fredo. Wie Markus. Und wie ich. Haben wir von unserer Mutter, Gesches Husky-Blau hat sich nur an Karla weitervererbt.
    »Ich treffe sie morgen in der Schule …«
    »Mach doch.«
    »Wollen wir uns nicht zusammen überlegen, was ich ihr sagen soll? Irgendeine Strategie?«
    »Bringt doch eh alles nichts.«
    Hoffnungsloser Fall, dachte Fredo. »Okay. Dann will ich nur zwei Dinge von dir wissen. Erstens: Neulich im Supermarkt, als ich dich gesehen habe – hast du da ein PC-Spiel geklaut?«
    »Was passiert, wenn ja?«
    »Nichts. Ich will es nur wissen. Ehrenwort.«
    Tim zögerte nur kurz. »Ja. Hab ich.«
    »Kriegst du nicht genug Taschengeld oder was?«
    »Doch.«
    »Warum klaust du dann?«
    »Das Spiel ist ab achtzehn. Die sind selber schuld! Würden die’s mir verkaufen, würd ich’s nicht klauen müssen.«
    Fredo konnte nicht anders, er musste lachen. »Das ist mal ein zwingender Grund!«
    »Für mich schon«, erwiderte Tim. Immerhin grinste er jetzt auch ein wenig.
    »Aber das Spiel war ja gar nicht für dich«, bemerkte Fredo. »Du hast es deinem Freund geschenkt. Patrik.«
    »Pat hat’s verdient.« Tim brachte seine Universalgeste: Achselzucken. »Der hat nicht viel zu lachen.«
    Fredo fischte wahllos ein paar zumeist leere CD-Hüllen aus dem Chaos. PC-Spiele. Call of Duty, Command & Conquer, Battlefield. »Das ist aber alles auch nicht gerade lustig.«
    »Für uns schon«, mauerte Tim. »Und was willst du als Zweites von mir wissen?«
    Wann hast du hier zuletzt gelüftet?, dachte Fredo. Aber das verkniff er sich. Lieber ein paar Grundinfos rauskitzeln, solange der Junge halbwegs zugänglich ist. »Damals im Supermarkt …«
    »Hatten wir schon.«
    Fredo ließ sich nicht aus der Fassung bringen. Wenn es auch schwerfiel. »Damals im Supermarkt, da hast du die Schule geschwänzt, oder?«
    »Nur

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