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Moloch

Titel: Moloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville , Michael Moorcock , Paul di Filippo , Geoff Ryman
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Nachrichten.«
    »Bessie war in in den Nachrichten?« 0 Scheiße. Man kommt nicht in die Nachrichten, nur weil man sich den Zeh gestoßen hat.
    Bills Stimme zittert. »Sie haben etwas mit ihrem Gesicht gemacht«, sagt er. Er holt seine digitale Zeitung heraus, lädt sie und legt sie auf den Tisch.
    »Ich habe nichts davon gesehen«, erwidere ich. »Ich denke, wir werden hier zensiert. Man zensiert unsere Nachrichten.«
    »S. A.S. Nur hat es diesmal statt der Angreifer ein Opfer erwischt.«
    S.A.S. schützt Banken, Einkaufszentren, Geschäftsgebäude. Alles und jeder in der Ersten Welt oder in der Welt der Technikfreaks, ist damit ausgestattet. Es soll Diebe ausschalten. Für eine flüchtige Sekunde habe ich mir vorgestellt, Bessie könnte vielleicht irgendein krummes Ding gedreht haben, als Anführerin einer Jugend-Gang oder so was.
    Auf Bills digitaler Zeitung erscheint eine animierte Schlagzeile:
    S
    A
    S…
    Dann vervollständigt sich die Schlagzeile zu:
    Senile
    Alte
    Straftäter
    Und zur Belustigung und Unterhaltung des werten Publikums folgt der Überfall auf meine Enkelin, aufgenommen von einer Überwachungskamera und von der Sicherheitsfirma an die Presse verhökert, um die Betriebskosten zu decken.
    Sie geben den Überfall der allgemeinen Belustigung preis. Weil die Täter alt sind.
    Sind sie nicht putzig, die alten Knacker?
    Da ist meine Bessie auf dem Weg zu ihrem Auto. Glattes schwarzes Haar, enge rote Hose, ganz zierlich, ganz süß. Durchaus in der Lage, auf sich selbst aufzupassen. Aber wer rechnet schon damit, auf seinem eigenen, mehrfach S.A.S.-gesicherten Parkplatz überfallen zu werden?
    Dann stürzen sich diese vier Clowns auf sie. Es sind alte Typen wie ich. Sie stolpern mit ihren therapeutischen Gehhilfen herum wie Frankenstein-Klone, aber sie sehen wie Penner aus. Einer trägt eine viel zu kurze Hose, deren Beine an den Waden enden. Sie wird von einem Gürtel gehalten und ist so eng, dass sie oben offen steht. Ein Gewirr schmuddeliger Unterwäsche lugt darunter hervor.
    »Mikrowellen«, sagt Bill. »Irgendwie haben sie es geschafft, dass der Sender auf Bessie statt auf sie selbst zielt.« Er erträgt den Anblick nicht, verbirgt das Gesicht hinter den Händen.
    Die Zeitung zeigt, wie Bessie der Zutritt zu ihrem eigenen Parkplatz verwehrt wird. Die Autoschlüssel in ihrer Hand werden heiß. Sie lässt sie fallen. Auch ihr glänzendes Haar wird heiß. Sie greift sich an den Kopf, kauert sich auf dem Boden zusammen und versucht, den Kopf mit den Ellbogen abzuschirmen.
    »Die Strahlung soll eigentlich noch vor Ablauf von höchstens 250 Sekunden abbrechen«, sagt Bill durch die Finger vor seinem Gesicht. »Danach richtet sie Schäden an.«
    Es sind wirklich sehr alte Säcke. Sie schlurfen herum und haben vergessen, die beschissene Strahlenkanone abzuschalten. Einer versucht, die Autoschlüssel aufzuheben, aber sie sind so heiß, dass er sie wieder fallen lässt. Großartig! Endlich wanken sie zu einer Art Schalter.
    Wir sind jetzt bereits bei 300 Sekunden. Bessies Hose qualmt, die Haut pellt sich von ihrem Gesicht.
    »Sie wird sich einer Hornhauttransplantation unterziehen müssen«, murmelt Bill.
    Die Alten schnappen sich ihre Tasche und lassen Bessie einfach liegen. Sie steigen in ihren Wagen. Ich kann sie gut sehen.
    Es gibt zwei Arten, alt zu werden. Entweder man schrumpft in sich zusammen, oder man quillt auf wie ein Hefeteig. Einer der Typen hat ein Gesicht wie ein geschmolzenes Marshmallow, leichenblasse herabhängende Fleischwülste.
    »Alte Dreckskerle«, höre ich mich sagen. Ich bin es so leid, wütend zu sein. Ich bin ständig wütend, und es gibt absolut nichts, was ich dagegen tun könnte. Nichts, was ich für Bessie tun kann, nichts, um es diesen dämlichen alten Wichsern heimzuzahlen.
    »Sie kommt wieder in Ordnung«, sagt Bill. Er sieht mich an, und für einen kurzen Moment bin ich wieder sein Daddy. Ich war ihm nie ein sonderlich guter Vater in seiner Kindheit, immer unterwegs, um irgendeinen Job zu erledigen, oder auf der Arbeit in der Firma. Schließlich wurde er zu der Art von Burschen, die ständig auf der Suche nach einem Vater sind. Christus, Billy, ich wollte genug Geld verdienen, um dir ein Leben ohne Arbeit zu ermöglichen, um dich dafür zu entschädigen, dass ich nie für dich da war. Aber jetzt geht all mein Geld dafür drauf, alt zu sein.
    Wir drücken uns die Hand. Bill hat sein ganzes Leben damit verbracht, anderen Menschen zu helfen. Er ist schlicht und einfach ein

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