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Momo

Momo

Titel: Momo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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erfunden hatten.
Es waren einige von Momos alten Freunden darunter: Der Junge mit der Brille, der Paolo gerufen wurde, das Mädchen Maria mit dem kleinen Geschwisterchen Dedé, der dicke Junge mit der hohen Stimme, dessen Name Massimo lautete, und der andere Junge, der immer etwas verwahrlost aussah und Franco hieß. Aber außerdem waren da noch andere Kinder, die erst seit wenigen Tagen dazugehörten, und ein kleinerer Junge, der erst diesen Nachmittag gekommen war. Es schien tatsächlich so, wie Gigi gesagt hatte: Es wurden immer mehr, von Tag zu Tag.
Eigentlich hätte Momo sich gern darüber gefreut. Aber die meisten von diesen Kindern konnten einfach nicht spielen. Sie saßen nur verdrossen und gelangweilt herum und guckten Momo und ihren Freunden zu. Manchmal störten sie auch absichtlich und verdarben alles.
Nicht selten gab es jetzt Zank und Streit. Das blieb freilich nicht so, denn Momos Gegenwart tat auch bei diesen Kindern ihre Wirkung, und bald fingen sie an, selber die besten Ideen zu haben und begeistert mitzuspielen. Aber es kamen eben fast täglich neue Kinder, sie kamen sogar von weither aus anderen Stadtteilen. Und so fing alles immer wieder von vorn an, denn wie man weiß, genügt ja oft ein einziger Spielverderber, um den anderen alles zu zerstören.
Und dann war da noch etwas, das Momo nicht recht begreifen konnte. Es hatte auch erst in allerjüngster Zeit angefangen. Immer häufiger kam es jetzt vor, daß Kinder allerlei Spielzeug brachten, mit dem man nicht wirklich spielen konnte, zum Beispiel ein ferngesteuerter Tank, den man herumfahren lassen konnte - aber weiter taugte er zu nichts. Oder eine Weltraumrakete, die an einer Stange im Kreis herumsauste - aber sonst konnte man nichts damit anfangen. Oder ein kleiner Roboter, der mit glühenden Augen dahinwackelte und den Kopf drehte - aber zu etwas anderem war er nicht zu gebrauchen. Es waren natürlich sehr teure Spielsachen, wie Momos Freunde nie welche besessen hatten - und Momo selbst schon gar nicht. Vor allem waren alle diese Dinge so vollkommen bis in jede kleinste Einzelheit hinein, daß man sich dabei gar nichts mehr selber vorzustellen brauchte. So saßen die Kinder oft stundenlang da und schauten gebannt und doch gelangweilt so einem Ding zu, das da herumschnurrte, dahinwackelte oder im Kreis sauste - aber es fiel ihnen nichts dazu ein. Darum kehrten sie schließlich doch wieder zu ihren alten Spielen zurück, bei denen ihnen ein paar Schachteln, ein zerrissenes Tischtuch, ein Maulwurfshügel oder eine Handvoll Steinchen genügten. Dabei konnte man sich alles vorstellen.
Irgend etwas schien auch heute abend das Spiel nicht recht gelingen zu lassen. Die Kinder taten eines nach dem anderen nicht mehr mit, bis schließlich alle um Gigi, Beppo und Momo herumsaßen. Sie hofften, daß Gigi vielleicht zu erzählen anfangen würde, aber das ging nicht.
Der kleinere Junge, der heute zum ersten Mal erschienen war, hatte nämlich ein Kofferradio bei sich. Er saß ein wenig abseits von den anderen und hatte den Apparat ganz laut gedreht.
Es war eine Reklamesendung.
„Könntest du deinen blöden Kasten nicht vielleicht leiser drehen?“ fragte der verwahrloste Junge, der Franco hieß, in drohendem Ton.
„Ich kann dich nicht verstehen“, sagte der fremde Junge und grinste, „mein Radio geht so laut.“
„Dreh's sofort leise!“ rief Franco und stand auf.
Der fremde Junge wurde ein bißchen blaß, antwortete aber trotzig: „Du hast mir überhaupt nichts zu sagen und niemand. Ich kann mein Radio so laut drehen, wie ich mag.“
„Da hat er recht“, meinte der alte Beppo, „wir können's ihm nicht verbieten. Wir können ihn höchstens bitten.“ Franco setzte sich wieder hin.
„Er soll doch woanders hingehen“, sagte er erbittert, „er verdirbt uns schon den ganzen Nachmittag alles.“
„Er wird schon seinen Grund haben“, antwortete Beppo und blickte den fremden Jungen freundlich und aufmerksam durch seine kleine Brille an. „Bestimmt hat er den.“
Der fremde Junge schwieg. Nach einer kleinen Weile drehte er sein Radio leise und schaute in eine andere Richtung. Momo ging zu ihm und setzte sich still neben ihn. Er schaltete das Radio ab.
Eine Weile war es still.
„Erzählst du uns was, Gigi?“ bat eines der Kinder, die neu waren. „O ja, bitte“, riefen die anderen, „eine lustige Geschichte! – Nein, eine aufregende! – Nein, ein Märchen! – Ein Abenteuer!“ Aber Gigi wollte nicht. Es war das erste Mal, daß das geschah.

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