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Momo

Momo

Titel: Momo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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wissen.
„Darauf“, antwortete Paolo, „daß es nützlich für die Zukunft ist.“ Inzwischen waren sie vor dem Tor eines großen, grauen Hauses angekommen. „Kinder-Depot“ stand über der Tür. „Ich hätte euch so viel zu erzählen“, sagte Momo.
„Vielleicht sehen wir uns irgendwann mal wieder“, antwortete Maria traurig.
Um sie herum waren noch mehr Kinder, die alle in das Tor hineingingen. Und alle sahen ähnlich aus wie die drei Freunde von Momo. „Bei dir war's viel schöner“, sagte Franco plötzlich. „Da ist uns selber immer eine Menge eingefallen. Aber dabei lernt man nichts, sagen sie.“
„Könnt ihr denn nicht einfach ausreißen?“ schlug Momo vor. Die drei schüttelten die Köpfe und blickten sich um, ob es jemand gehört hatte.
„Ich hab's schon ein paar Mal versucht, am Anfang“, flüsterte Franco, „aber es ist zwecklos. Sie kriegen einen immer wieder.“
„So darf man nicht reden“, meinte Maria, „schließlich wird doch jetzt für uns gesorgt.“
Alle schwiegen und blickten vor sich hin. Schließlich faßte Momo sich ein Herz und fragte: „Könntet ihr mich nicht vielleicht mitnehmen? Ich bin jetzt immer so allein.“
Doch nun geschah etwas Sonderbares: Ehe eines der Kinder antworten konnte, wurden sie wie von einer riesigen Magnetkraft in das Haus hineingesaugt. Hinter ihnen schlug hallend das Tor zu. Momo hatte es erschrocken beobachtet. Dennoch trat sie nach einer Weile an das Tor heran, um zu klingeln oder zu klopfen. Sie wollte noch einmal bitten, daß man sie mitspielen lassen sollte, ganz gleich was für Spiele es sein würden. Aber kaum hatte sie einen Schritt auf das Tor zu gemacht, als sie vor Schreck erstarrte. Zwischen ihr und der Tür stand plötzlich einer der grauen Herren.
„Zwecklos!“ sagte er mit dünnem Lächeln, die Zigarre im Mundwinkel. „Versuche es gar nicht erst! Es liegt nicht in unserem Interesse, daß du dort hineinkommst.“
„Warum?“ fragte Momo. Sie fühlte wieder die eisige Kälte in sich aufsteigen.
„Weil wir mit dir etwas anderes vorhaben“, erklärte der Graue und paffte einen Rauchring, der sich wie eine Schlinge um Momos Hals legte und nur langsam verging.
Leute gingen vorüber, aber sie hatten es alle sehr eilig. Momo zeigte mit dem Finger auf den grauen Herrn und wollte um Hilfe rufen, aber sie brachte keinen Laut hervor.
„Laß das doch!“ sagte der graue Herr und ließ ein freudloses, aschengraues Gelächter hören. „Kennst du uns denn noch immer so wenig? Weißt du noch immer nicht, wie mächtig wir sind? Wir haben dir alle deine Freunde genommen. Niemand kann dir mehr helfen. Und auch mit dir können wir machen, was wir wollen. Aber wir verschonen dich, wie du siehst.“
„Warum?“ brachte Momo mühsam hervor.
„Weil wir möchten, daß du uns einen kleinen Dienst erweist“, erwiderte der graue Herr. „Wenn du vernünftig bist, kannst du viel dabei gewinnen für dich – und deine Freunde. Möchtest du das?“
„Ja“, flüsterte Momo.
Der graue Herr lächelte dünn. „Dann wollen wir uns heute um Mitternacht zur Besprechung treffen.“
Momo nickte stumm. Aber der graue Herr war schon nicht mehr da. Nur der Rauch seiner Zigarre hing noch in der Luft. Wo sie ihn treffen sollte, hatte er ihr nicht gesagt.

SIEBZEHNTES KAPITEL:  Große Angst und größerer Mut

Momo fürchtete sich davor, ins alte Amphitheater zurückzukehren. Sicherlich würde der graue Herr, der sie um Mitternacht treffen wollte, dort hinkommen.
Und bei dem Gedanken, dort ganz allein mit ihm zu sein, packte Momo das Entsetzen.
Nein, sie wollte ihm überhaupt nicht mehr begegnen, weder dort noch anderswo. Was auch immer er ihr vorzuschlagen hatte – daß es in Wahrheit nichts Gutes für sie und ihre Freunde sein würde, war ja mehr als deutlich gewesen. Aber wo konnte sie sich vor ihm verstecken? Am sichersten schien es ihr mitten in der Menge anderer Menschen. Zwar hatte sie ja gesehen, daß niemand auf sie und den grauen Herren geachtet hatte, aber wenn er ihr wirklich etwas tun würde und sie um Hilfe schrie, dann würden die Leute doch wohl aufmerksam werden und sie retten. Außerdem, so sagte sie sich, war sie mitten in einer dichten Menschenmenge auch am schwersten zu finden. Den restlichen Nachmittag und den ganzen Abend über bis tief in die Nacht hinein lief Momo also mitten im Gedränge der Passanten über die belebtesten Straßen und Plätze, bis sie wie in einem großen Kreis wieder dorthin zurückkam, wo sie diesen Weg begonnen hatte.

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