Mona Lisa Overdrive
sind voller Wasser, deine Nieren arbeiten nicht mehr, dein Herz ist im Arsch ... Mir kommt gleich's Kotzen!«
»Gentry«, sagte Bobby, dessen Stimme tonlos und blechern aus einem kleinen Lautsprecher an der Seite des Monitors kam, »ich weiß nicht, wie ihr hier ausgerüstet seid, aber ich habe eine kleine Ablenkung vorbereitet.«
»Wir haben das Motorrad gar nicht gecheckt«, sagte Cherry, die Slick die Arme umgelegt hatte.
»Haben nicht nachgeschaut. Vielleicht geht es noch.«
»Was soll das heißen — kleine Ablenkung!« Er schob sie weg, schaute zu Bobby auf dem
Monitor.
»Ich bastle noch daran. Hab eine Borg-Ward Lastendrohne aus Newark umgeleitet.«
Slick löste sich vollends aus Cherrys Armen. »Sitz nicht bloß da!« schrie er Gentry an, der zu Slick aufschaute und bedächtig den Kopf schüttelte. Slick spürte allmählich sein Korsakov aufflackern, Wackler im Kurzzeitgedächtnis.
»Den kriegst du jetzt nicht weg«, sagte Bobby. »Er hat die *HVWDOW gefunden. Er will jetzt sehn, wie alles ineinandergreift, was es letztendlich ist. Es sind Leute hierher unterwegs. Freunde quasi. Die übernehmen das Aleph von euch. In der Zwischenzeit tu ich, was ich kann, um's diesen Ärschen zu zeigen.«
»Ich bleib nicht hier und schau zu, wie du stirbst«, sagte Cherry.
»Das verlangt kein Mensch. Mein Rat: verschwinde von hier! Gib mir zwanzig Minuten, und ich lenke sie von dir ab!«
In der Fabrik war's nie leerer gewesen.
Little Bird lag da irgendwo. Immer wieder mußte Slick an das Gewirr aus Riemen und Knochen denken, das Bird um die Brust hängen hatte, aus Federn und rostigen Aufziehuhren, deren Zeiger nun alle stillstanden, alle bei einer andern Zeit... G'raffelitis. Aber Bird gab's nicht mehr. 6FKlW]H
PLFK JLEW
V KLHU EDOG DXFK QLFKW PHKU dachte er, als er Cherry die wackligen Stufen
hinunterführte. ,VW QLFKW PHKU ZLH IUKHU Es blieb keine Zeit, die Maschinen zu verladen; ohne Tieflader und Helfer sowieso nicht. Und wenn er erst mal weg wäre, würde er wohl weg bleiben.
In der Fabrik war's eh nicht mehr so wie früher.
Cherry hatte vier Liter gefiltertes Wasser in einem Plastikkanister, ein Netz birmanische Erdnüsse und fünf einzeln verpackte Portionen Big Ginza, eine gefriergetrocknete Suppe. Mehr hatte sie nicht gefunden in der Küche. Slick hatte zwei Schlafsäcke, die Taschenlampe und einen Kehlhammer.
Es war jetzt still. Nur der Wind auf dem Wellblech und das Knirschen ihrer Sohlen auf Beton.
Er wußte nicht recht, wohin er sollte. Cherry, die wollte er bis zu Marvie bringen und dort zurücklassen. Dann würde er vielleicht umkehren, um zu schauen, was mit Gentry wäre. Cherry könnte in ein, zwei Tagen eine Mitfahrgelegenheit in eine der Städte am Rostgürtel kriegen. Das wußte sie freilich nicht; sie wollte nur weg, weg, weg. Daß sie zusehen müßte, wie Bobby the Count auf seiner Bahre krepierte, davor hatte sie wohl genauso viel Schiß wie vor den Männern draußen. Aber Slick verstand nicht, warum Bobby sich nicht viel draus machte aus dem Tod. Vielleicht glaubte er, er würde dann da drin sein wie diese 3Jane. Oder aber es war ihm einfach furzegal; so wurden die Leute eben manchmal.
Wenn er für immer ging, dachte er, während er Cherry mit der freien Hand durch die Dunkelheit bugsierte, dann wollte er ein letztes Mal reinschauen zu Richter und Hexe und Schinder und den zwei verbliebenen Schergen. Aber zuvor wollte er Cherry rausbringen und dann wiederkommen ... Freilich wußte er, noch während er das überlegte, daß es Blödsinn war, denn sie hatten keine Zeit, aber er würde sie trotzdem rausschaffen ...
»Da ist 'ne Lücke auf dieser Seite dicht beim Boden«, erklärte er ihr. »Da schlüpfen wir durch, und hoffentlich sieht uns keiner ...« Sie drückte seine Hand, während er sie durch die Dunkelheit führte.
Er fand das Loch durch Tasten, stopfte die Schlafsäcke durch, steckte sich den Kehlhammer in den Gürtel, legte sich auf den Rücken und zog sich durch, bis Kopf und Oberkörper draußen waren. Der Himmel war verhangen und nur geringfügig heller als die Fabrik.
Er glaubte, ein feines Motorgeratter zu hören, aber schon war es wieder weg.
Mit Füßen, Hintern und Schultern wuchtete er sich ganz hinaus und wälzte sich in den Schnee.
Etwas stieß gegen seinen Fuß: Cherry schob den Wasserkanister heraus. Er langte hin, um ihn zu nehmen, als das rote Glühwürmchen auf seiner Hand glimmte. Er zuckte zurück und rollte sich weg, als auch schon die Kugel wie ein
Weitere Kostenlose Bücher