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Mona Lisa Overdrive

Mona Lisa Overdrive

Titel: Mona Lisa Overdrive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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durch eine geölte Mähne strich.
    Dann kam der Alte herein, und Mona wandte sich ab, hantierte am Herd. Kaffee, sagte der Alte, und Mona ging Wasser zapfen, füllte den Emaillekessel aus der Leitung vom Dachtank, wo das Wasser durch den Kohlefilter gurgelte. Eddy und der Alte am Tisch bei schwarzem Kaffee. Eddy breitbeinig die Füße ausgestreckt, feste Schenkel unterm abgewetzten Denim. Grinsend schwatzt er dem Alten die Skoda ab, feilscht. Anscheinend steigt das Geschäft, will er die Maschine kaufen, wenn der Alte die Papiere hat. Der Alte steht auf, wühlt in einer Schublade. Wieder starrt Eddy sie an. Sie geht mit raus auf den Hof, sieht ihn rittlings auf den rissigen Vinylsitz steigen.
    Auspuffeuer schreckt die schwarzen Hunde des Alten auf, die kläffen, süßlicher
    Fuselabgasgeruch, die Maschine bebt zwischen seinen Beinen.
    Nun betrachtete sie ihn, wie er da neben den Koffern stand, und es fiel ihr schwer
    nachzuvollziehen, warum sie mit ihm tags darauf auf der Skoda losgefahren war Richtung
    Cleveland. Die Skoda hatte ein kleines kaputtes Radio, das man bei laufender Maschine nicht hören, sondern nur nachts auf einem Feld an der Straße leise spielen lassen konnte. Der Tuner war im Arsch, so daß man nur einen Sender herbrachte, Geistermusik von einem einsamen Antennenmast in Texas, Hawaiigitarre, bald laut, bald leise die ganze Nacht, und wie sie sich feucht an sein Bein schmiegte und das steife, dürre Gras im Nacken kitzelte.
    Prior stellte ihre Tasche auf einen weißen Wagen mit einem gestreiften Dach, woraufhin sie einstieg. Leise hörte sie die spanischen Stimmen aus dem Kopfhörer des kubanischen Fahrers.
    Nun brachte Eddy die Krokokoffer unter, woraufhin er und Prior einstiegen. Dann ging's hinaus aufs Rollfeld durch strömenden Regen.
    Das Flugzeug war nicht das, was sie vom Stim kannte, kein länglicher, feiner Businnenraum mit vielen Sitzen. Es war ein kleines, schwarzes Gebilde mit spitzen, dünnen Flügeln und mit Fenstern, die den Eindruck erweckten, als würde es schielen.
    Sie stieg eine Metalltreppe empor, und da war ein Raum mit vier Plätzen, der überall, auch an Wänden und Decke, mit grauem Teppich bezogen war. Alles war tipp-topp und vornehm grau.
    Eddy kam hinter ihr rein und nahm Platz, als würde er dies jeden Tag tun, lockerte die Krawatte und streckte die Beine aus. Prior betätigte Knöpfe neben der Tür. Mit einem Ächzlaut ging sie zu.
    Sie schaute durch die schmalen, windschnittigen Fenster auf die Rollfeldscheinwerfer, die sich auf nassem Beton spiegelten.
    3HU %DKQ KLHUKHU UXQWHUJHNRPPHQ dachte sie. 1HZ     Der Flieger vibrierte. Sie hörte das Fahrwerk knirschend zum Leben erwachen.
    Zwei Stunden später wurde Mona, vom endlosen Gebrumm des Jets in den Schlaf gewiegt, kurz wach in der verdunkelten Kabine. Eddy schlief, den Mund halb offen. Vielleicht schlief auch Prior, vielleicht hatte er nur die Augen zu, das konnte sie nicht sagen.
    Halb im Traum versunken, an den sie sich nicht mehr erinnern konnte am Morgen, hörte sie
    Texas Radio, leise Hawaiiakkorde, langgezogen wie ziehender Schmerz.
     

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    Jubilee und Bakerloo, Circle und District. Fröstelnd betrachtete Kumiko die kleine
    folienbeschichtete Karte, die Petal ihr gegeben hatte. Die Kälte schien vom Beton des Bahnsteigs durch ihre Stiefelsohlen zu kriechen.
    »Ist so verdammt alt«, sagte Sally Shears in Gedanken. In ihrer Brille spiegelte sich eine gewölbte Wand, die mit weißen Fliesen überzogen war.
    »Wie bitte?«
    »Die U-Bahn.« Sie steckte in einem neuen, unterm Kinn verknoteten Tartanschal, und ihr Atem dampfte weiß beim Sprechen. »Weißt du, was mich stört? Daß sie, wie man ab und zu sieht, neue Fliesen draufkleben in den Bahnhöfen, aber die alten nicht zuvor runternehmen. Und wenn sie ein Loch in die Wand hauen, um an ein Kabel ranzukommen, dann kann man die verschiedenen Fliesenschichten sehn ...«
    »Und?«
    »'s wird halt HQJHU nicht? Wie bei Arterienverkalkung ...«
    »Ja«, meinte Kumiko unsicher, »verstehe ... Die Kerle da, Sally, was hat es mit ihrer Kluft auf sich, bitte schön?«
    »Jacks. Sogenannte Jack Draculas.«
    Die vier Jack Draculas duckten sich wie Raben auf dem Bahnsteig gegenüber zusammen. Sie
    trugen undefinierbare schwarze Regenmäntel und blank geputzte schwarze Kampfstiefel, die bis zum Knie geschnürt waren. Als sich einer davon einem Kameraden zuwandte, sah Kumiko, daß sein Haar zu einem Zopf geflochten war, der von

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