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Mona Lisa Overdrive

Mona Lisa Overdrive

Titel: Mona Lisa Overdrive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Nasenpartie nicht mit Sommersprossen getüpfelt war. Monas zaghaftes Angie-Lächeln wurde breiter, als sie das Bild betrachtete und sich in seiner Schönheit, im Luxus seines Interieurs badete. Sie tippte auf eine Burg, ein Schloß, vermutlich ihr Heim, bestimmt voller Leute, die für sie da waren zum Frisieren und Kleideraufhängen, denn man konnte sehen, daß die Mauern aus großen Steinen gefügt und die massiv goldenen Rahmen der Spiegel mit Blattranken und Engeln verziert waren. Die Schrift darunter gab vielleicht an, wo es war, aber lesen konnte Mona nicht.
    Egal, jedenfalls gab's da, das stand fest, keine verdammten Schaben und einen Eddy auch nicht.
    Sie sah sich die Stim-Sets an und überlegte schon, das restliche Geld auszugeben. Aber sie hätte nicht mehr genug für'n Stim, und die waren außerdem alt, teils älter als sie selbst. Da war noch diese Dingsda, diese Tally, die ganz groß war, als Mona vielleicht neun war ...
    Als sie zurückkam, wartete Eddy schon. Das Fenster war nicht verklebt, und die Fliegen
    schwirrten herum. Eddy lag auf dem Bett und rauchte eine, und der Macker mit dem Bart, der sie beobachtet hatte, saß auf dem kaputten Stuhl und hatte immer noch die Sonnenbrille auf.
    Prior, so nannte er sich, als hätte er keinen Vornamen. Oder wie Eddy keinen Nachnamen. Nun, sie hatte selber keinen Nachnamen, es sei denn, man faßte Lisa so auf, aber das war schon eher ein zweiter Vorname.
    Sie kriegte nicht viel mit von ihm in der Penne. Das kam, so überlegte sie, vielleicht daher, daß er Engländer war. Ein echter Macker war er allerdings nicht, wie sie geglaubt hatte, als sie ihn das erste Mal auf der Straße sah. Er steckte in irgendeinem Spiel, nur in was für einem, das blieb ihr unklar. Er beobachtete sie viel, sah ihr zu, wie sie ihre Sachen in die blaue Lufthansa-Tasche packte, die er mitgebracht hatte, aber sie entdeckte nichts Brünstiges in seinen Blicken, als begehrte er sie nicht. Er beobachtete sie schlicht, beobachtete den rauchenden Edddy, legte die Sonnenbrille in den Schoß, hörte sich Eddys Scheiß an und sagte möglichst wenig. Wenn er aber was sagte, dann meist was Witziges, aber in einem Tonfall, der es einem schwer machte zu erkennen, ob er scherzte.
    Beim Packen kam sie sich verwirrt vor, leicht verrückt, als hätte sie einen Pulli gemacht, der nicht recht fertig wurde. Die Fliegen bumsten gegen das Fenster, knallten gegen das staubige Glas, aber das juckte sie nicht. Fort, sie war längst fort.
    Tasche zu.
    Es regnete, als sie zum Flughafen kamen, Florida-Regen, warme Pisse aus dem Nirgendwo—
    Himmel. Sie war noch nie an einem Flughafen gewesen, kannte sie aber vom Stim.
    Prior hatte einen weißen Datsun gemietet, der selbsttätig fuhr und Hintergrundmusik durch Vierkanallautsprecher spielte. Der Datsun ließ sie in einer kahlen Betonparkbucht mit mitsamt Gepäck zurück und fuhr in den Regen davon. Falls Prior eine Reisetasche hatte, so nicht bei sich.
    Mona hatte ihre Lufthansa-Tasche und Eddy zwei schwarze Krokoklon-Koffer.
    Sie rutschte den neuen Rock, nach unten korrigierend, zurecht und fragte sich, ob sie die passenden Schuhe dazu gekauft hatte. Eddy genoß es; er hatte die Hände in den Taschen und zog die Schultern hoch, um anzuzeigen, daß er etwas Wichtiges tat.
    Sie dachte zurück, wie sie ihn das erste Mal gesehen hatte in Cleveland, als er herauskam und sich den Roller ansah, den der alte Herr verkaufte, eine dreirädrige Skoda, die hauptsächlich aus Rost bestand. Der Alte züchtete Katfisch in Betonbecken, die den dreckigen Hof umsäumten. Sie war im Haus, als Eddy kam, im langen, hohen Kasten eines aufgebockten Lkw-Anhängers. In eine Seite waren Fenster geschnitten, viereckige Kästen, mit zerkratztem Plastik zugeschmiert.
    Sie stand am Herd, es roch nach Zwiebeln und Tomaten, die in Säcken zum Trocknen aufgehängt waren, als sie ihn spürte, am andern Ende des Schlauches fühlte, seine Muskeln und Schultern, weißen Zähne, die schwarze Nylonmütze, die er schüchtern in der Hand hielt. Die Sonne schien durch die Fenster, es war hell im kargen, schlichten Raum mit dem gründlich gefegten Boden, den der Alte ihr abverlangte, aber es war, als fiele ein Schatten, ein Schatten übers Herz, das sie pochen hörte, als er näherkam, die Mütze im Vorbeigehen auf den blanken Spanplattentisch warf und, nun gar nicht mehr schüchtern, sondern so, als wäre er hier daheim, direkt zu ihr ging, wobei er sich mit der Hand, an der ein glänzender Ring steckte,

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