Mona Lisa Overdrive
trug er einen schlichten grauen Geschäftsanzug und eine Krawatte mit diagonalen Streifen. Wie die Freier, mit denen Eddy sie in Cleveland verkuppelt hatte, nur daß der Anzug ganz anders saß.
Sie hatte mal gesehen, wie einem Freier ein Anzug angepaßt wurde, einem Kerl, der sie in ein Holiday Inn abschleppte. Der Klamottenshop lag am Hotelfoyer, und da stand er also in Unterwäsche, war schraffiert mit blauem Licht und betrachtete sich auf drei Großbildschirmen.
Auf den Bildschirmen waren die blauen Linien nicht zu sehen, denn in jedem Bild hatte er einen andern Anzug an. Mona mußte sich auf die Zunge beißen, um nicht in Lachen auszubrechen, denn das System war mit einem Kosmetikprogramm ausgestattet, das sein Aussehen im Bild
veränderte, das Gesicht eine Idee streckte und das Kinn markanter machte, was er offenbar gar nicht bemerkte. Dann entschied er sich für einen Anzug, zog den alten an, den er getragen hatte, und das war's gewesen.
Eddy erklärte Prior gerade etwas, erklärte den springenden Punkt in der Anlage einer seiner Gaunereien. Sie hatte gelernt, nicht hinzuhören, aber seinem Tonfall konnte sie sich nach wie vor nicht entziehen, einem Tonfall, als wüßte er, daß niemand den Kniff, auf den er so stolz war, verstünde, also ging er's ganz sachte und locker an, als würde er zu einem Kind sprechen, und mit gedämpfter Stimme, um nicht ungeduldig zu wirken. Prior schien das nicht zu imponieren, aber Mona hatte sowieso den Eindruck, daß es Prior scheißegal war, was Eddy sagte.
Sie gähnte und streckte sich, während der Flieger zweimal auf Startbeton aufsetzte, aufheulte und allmählich abbremste. Eddy hatte gar nicht aufgehört zu reden.
»Es wartet ein Wagen auf uns«, sagte Prior und unterbrach ihn damit.
»Wo geht's hin?« fragte Mona, die Eddys finsteres Stirnrunzeln mißachtete.
Prior setzte sein Lächeln auf. »Zu unserm Hotel.« Er löste seinen Sitzgurt. »Da bleiben wir für ein paar Tage. Leider größtenteils auf dem Zimmer.«
»So ist's abgemacht«, meinte Eddy, als wäre es seine Idee gewesen, daß sie auf dem Zimmer bliebe.
»Magst du Stim, Mona?« fragte Prior, nach wie vor lächelnd.
»Klar«, sagte sie, »wer tut das nicht?«
»Hast du einen Liebling, Mona, einen Lieblingsstar?«
»Angie«, sagte sie leicht irritiert. »Wen sonst?«
Das Lächeln fiel ein bißchen breiter aus. »Prima. Wir besorgen dir alle neuen Bänder von ihr.«
Monas Universum bestand hauptsächlich aus Dingen und Orten, die sie kannte, aber nie
persönlich gesehen oder besucht hatte. Mitten im nördlichen Sprawl stank es nicht im Stim. Das wurde wohl herausgefiltert, wie Angie auch nie Kopfweh oder Menstruationsbeschwerden hatte.
Aber es stank gewaltig. Wie Cleveland, ja schlimmer noch. Als sie aus dem Flugzeug stiegen, dachte sie, es würde nur im Flughafen so stinken, aber als sie aus dem Wagen kletterten und ins Hotel gingen, stank es noch schlimmer. Und es war saukalt auf der Straße mit einem schneidenden Wind, der ihr in die nackten Waden biß.
Das Hotel war größer als das Holiday Inn, aber auch älter, wie sie fand. Das Foyer war voller als die Foyers im Stim, aber sauberen blauen Teppich gab's reichlich. Prior ließ sie vor einer Reklame für ein orbitales Kurbad warten, während er mit Eddy zu einer langen schwarzen Theke ging und mit einer Frau sprach, die ein Namensschild aus Messing trug. Sie kam sich doof vor, als sie da wartete in diesem weißen Plastikregenmantel, den Prior ihr hatte anziehen lassen, als wäre ihr Outfit untendrunter nicht gut genug. Etwa ein Drittel der Menge im Foyer bestand aus Japanern, die sie für Touris hielt. Offenbar ein jeder hatte irgendein Aufnahmegerät dabei --
Video, Holo, einige wenige auch Simstim-Geräte am Gürtel — aber ansonsten sahen sie nicht gerade nach viel Geld aus. Aber das müßten sie alle schon haben, dachte sie. 9LHOOHLFKW VLQG VLH
NOXJ ZROOHQ HV QLFKW ]HLJHQ überlegte sie.
Sie sah Prior einen Kreditchip über den Tisch zu der Frau mit dem Namensschild schieben, die ihn nahm und durch einen Metallschlitz führte.
Prior stellte ihre Tasche aufs breite Bett aus beigem Temperschaum und öffnete durch
Knopfdruck die Gardinenfront. »Es ist nicht das Ritz«, sagte er, »aber wir versuchen alles, daß du dich wohl fühlst hier.«
Mona gab einen nichtssagenden Laut von sich. Das Ritz war eine Hamburger-Bude in Cleveland, und sie wußte nicht, was sie damit anfangen sollte.
»Schau«, sagte er, »dein Lieblingsgerät.« Es
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