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Mona Lisa Overdrive

Mona Lisa Overdrive

Titel: Mona Lisa Overdrive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Deacon Blues kannte. Vor allem wegen der Perlen schätzte Slick ihn auf etwa Dreißig; um die Dreißig war auch er.
    Gentry machte große Augen, als Slick durch die Tür ins gleißende Licht der 100 Watt-Birnen trat, wobei er Slick deutlich spüren ließ, daß er ein weiteres Hindernis zwischen Gentry und der Gestalt war. Er stellte eine doppelte Motorradtasche auf den langen Stahltisch, die schwer wirkte.
    Slick hatte Dachplatten herausgetrennt, Streben eingefügt, wo nötig, die Öffnungen mit
    Plastiktafeln verschlossen, die ausgesparten Dachfenster mit Silikon abgedichtet. Dann kam Gentry herein mit Atemschutz und Spritzpistole und fünfundsiebzig Litern weißer Latexfarbe; er staubte nicht ab oder putzte zuvor, sondern klatschte eine dicke Farbschicht auf den ganzen Dreck und harten Taubenkot, fixierte es quasi und strich ein zweites Mal drüber, bis es mehr oder weniger weiß war. Er strich alles bis auf die Dachfenster, dann machte Slick sich daran, das Gerät mit einer Winde vom Fabrikboden hochzuziehen: eine Wagenladung Computer, Cyberspace-Decks, einen großen alten Holoprojektortisch, der beinahe die Winde geliefert hätte, Effektgeneratoren, Dutzende von Wellplastikboxen mit Tausenden von Fiches, die Gentry auf seiner Suche nach der Gestalt gesammelt hatte, Hunderte von Metern von Glasfaseroptik auf bunten neuen Plastikspulen, die für Slick nach Industriediebstahl aussahen. Und Bücher, alte Bücher mit Deckeln aus leinenbespanntem Karton. Slick hatte gar nicht gewußt, wie schwer Bücher wogen. Sie hatten einen traurigen Geruch an sich, alte Bücher.
    »Brauchst 'n paar Ampere mehr, seit ich weg bin«, meinte Gentry, der die erste der beiden Taschen aufmachte. »In deinem Zimmer. Neues Heizgerät?« Er wühlte hektisch im Inhalt, als suchte er etwas, das er brauchte, aber verlegt hatte. Dem war aber nicht so, wie Slick wußte. Es kam daher, daß plötzlich jemand bei ihm war, obwohl er ihn kannte.
    »Ja, hab wieder im Lagerplatz heizen müssen. Ist sonst zu kalt zum Arbeiten.«
    »Nein«, sagte Gentry und sah mit einemmal auf, »das ist kein Heizgerät in deinem Zimmer. Hat andre Ampere.«
    »Tja.« Slick grinste nach der Theorie, Gentry komme sich bei Grinsen blöd vor und lasse sich leicht einschüchtern.
    »Tja was, Slick Henry?«
    »Es ist kein Heizgerät.«
    Gentry ließ die Tasche zuschnappen. »Entweder du sagst mir, was es ist, oder ich sperr dir den Strom ab.«
    »Weißt schon, Gentry, wenn ich nicht hier wäre, hättest du viel weniger Zeit... für deine Sachen.«
    Slick zog bedeutungsvoll die Brauen hoch in Richtung des großen Projektionstisches. »Die Sache ist die, daß ich zwei Leute bei mir wohnen hab ...« Er sah, wie Gentry erstarrte, die hellen Augen größer wurden. »Aber du wirst sie gar nicht sehen, wirst sie gar nicht hören und nichts.«
    »Eben«, sagte Gentry verkrampft und kam um den Tisch herum, »weil du sie gleich UDXVVFKDIIHQ
    wirst, nicht wahr?«
    »Zwei Wochen im Höchstfall.«
    »Raus! 6RIRUW © Gentrys Gesicht war keine Handbreit weg, und Slick roch den faulen Atem der Erschöpfung. »Oder du fliegst mit ihnen raus.«
    Slick brachte zehn Kilo mehr auf die Waage als Gentry, größtenteils Muskeln, aber davon hatte sich Gentry nie einschüchtern lassen. Gentry wollte wohl nicht wahrhaben, daß ihm was passieren konnte, oder es war ihm schnuppe. Das allein schon flößte Respekt ein. Gentry hatte ihm einmal fest ins Gesicht geschlagen, und Slick hatte auf den riesigen Schraubenschlüssel aus Chrom-Molybdän in der eigenen Hand gestarrt und sich irgendwie geschämt.
    Gentry hatte sich aufgerichtet, fing zu beben an. Slick war beinahe überzeugt davon, daß Gentry nicht schlief, wenn er nach Boston oder New York ging. Viel schlief er ja in der Fabrik auch nicht. Kam angespannt zurück, und die ersten paar Tage waren die schlimmsten. »Schau«, sagte Slick, wie man zu einem Kind spricht, das kurz vor den Tränen steht, und zog den Beutel aus der Tasche, das Schmiergeld von Kid Afrika. Er hielt die verschließbare durchsichtige Plastiktüte für Gentry hoch: blaue Derms, pink Tabletten, ein scheußlich aussehendes Häuflein Opium, das in rotes Cellophan gewickelt war, Wiz-Kristalle wie dicke gelbe Rotze, Plastikinhalatoren, deren japanische Herstellernamen mit einem Messer abgekratzt waren ... »Von Afrika«, sagte Slick und wedelte mit dem Beutel hin und her.
    »Von Afrika?« Gentry blickte zur Tüte, zu Slick, zur Tüte zurück. »Aus Afrika?«
    »Von. Kid Afrika. Kennst

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