Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mond der Unsterblichkeit

Mond der Unsterblichkeit

Titel: Mond der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
Vom Netzwerk:
Schritte nähe r ten. Das Orchester kam zur Probe in den Saal.
    „Wir müssen los. Wir reden ein andermal darüber, Amber. Bitte“, antwortete er, leise und verließ den Saal, ohne sich noch einmal umzudrehen.
     
     
     

12.
     
    S chweren Herzens setzte Amber sich wenig später in ihren Mini. Sie fühlte sich wie damals, als sie Charles mit Janice in flagranti e r wischt hatte.
    „Wir reden ein andermal darüber“, wiederholte sie Aidans Worte und wischte die Träne fort, die sich aus dem Augenwinkel gestohlen hatte. So leicht konnte er sich nicht aus der Affäre ziehen, und so tun, als wäre nichts geschehen. Er hatte sie genau so begehrt wie sie ihn, dessen war sie sicher. Seine Flucht tat weh, seine Argumente klangen nach Ausrede. Sie hatte wirklich nichts dazug e lernt. Zum Glück konnte sie nach Hause fa h ren. Aber ihr Zuhause war auch Aidans. Wie sollte sie ihm nur wieder b e gegnen, ohne an vorhin zu denken? Tränen rannen ihr über das Gesicht, wie die Regentropfen vor ihr an der Win d schutzscheibe.
     
    Am nächsten Tag war Aidan zu einem Seminar abgereist. Dabei wünschte sie sich eine Aussprache herbei. Wann er zurüc k kehren würde, wusste sie nicht. Der Kuss, der zwischen ihnen alles komplizierte, war nicht der alleinige Grund für sein Fortgehen. Ein heftiger Streit mit seinem Vater war das ausl ö sende Moment gewesen. Jedenfalls behauptete Kevin das, der den Streit mitangehört hatte. Doch Amber wurde das Gefühl nicht los, dass er die Gel e genheit nutzte, um ihr aus dem Weg zu gehen. Das schmerzte. Immer wieder kaute sie in G e danken die Kussszene durch. Sie spürte noch immer den Abdruck seiner Lippen auf den ihren. Sie musste lächeln, als sie sich an die kleine, weiße Narbe an seiner Obe r lippe erinnerte, die sich zum Nase n flügel zog. Endlich hatte sie etwas an ihm gefunden, was nicht perfekt war, und ihn gleichzeitig noch anziehender mac h te.
    Draußen tobten die Herbststürme und tagelang goss es in Strömen. Es waren nur noch wenige Tage bis Halloween. Das graue Wetter schlug aufs Gemüt. Oft sah sie zum Fenster hinaus und wa r tete noch immer auf Aidans Rückkehr. Jedes Mal war sie enttäuscht, wenn sie Wagen vo r fahren und Türen klappen hörte, und es sich nur um die sel t samen Gäste des Schlossherrn handelte.
    Jeden Abend betraten etwa ein gutes Dutzend Gäste das Schloss. Wenn A m ber von einem Spaziergang zurückkehrte und ihnen begegnete, erwiderten sie nicht einmal ihren Gruß. In ihren Blicken lag ein seltsamer Ausdruck, der Furcht auslöste. Unter den Gästen befand sich auch Cec i lia Hayden. Amber mochte sie nicht. Die strenge Miene und der unruhige Blick, mit dem sie Amber stets b e dachte, machte sie u n sympathisch. Sie hatte Cecilia noch niemals lächeln sehen.
    Auch heute waren die schmalen Fenster des Turms hell erleuchtet, in dem Wi l liam einst das Blut der Gefolterten getrunken haben sollte. Amber glaubte, die Furcht der Gefolterten noch zu spüren, obwohl Jah r hunderte vergangen waren. Sie hätte zu gern Mäuschen gespielt und e r fahren, was die Versammlung um Macfarlane im Ve r borgenen trieb. Sallys Worte klangen noch deutlich in ihren Ohren: „Die tre f fen sich fast jeden Abend, um diesen Monstern zu huldigen.“
    Die arme Sally befand sich seit Tagen wieder in einer psychiatr i schen Klinik, weil sie sich von blutgierigen Monstern verfolgt fühlte. Die Eltern hatten sie in einer Ecke kauernd und blutüberströmt vo r gefunden. Auf ihren Unterarmen klafften große Wunden. Amber em p fand Mitleid mit ihr. Als sie Sally neulich in der Klinik besuchen wollte, ließ das Kranke n hauspersonal sie nicht zu ihr, denn sie hatte kurz zuvor einen Pfleger angefallen und ihm in den Hals gebissen. Nicht zum ersten Mal fragte sich Amber, ob ein Trauma Sally dazu getrieben haben moc h te, oder sie doch so geistig verwirrt war, wie alle behaupteten. Und dann war da trotzdem noch der Gedanke, diese seltsamen Treffen bei Macfarl a ne könnten mit Sallys schlechter Verfassung im Zusammenhang st e hen.
    Die Tage dümpelten dahin, trüb, langweilig, bestimmt von den G e danken an Aidan. Amber streifte oft, wenn das Wetter es zuließ, am Ufer des Loch G e alachs entlang. Auf einem ihrer Spaziergänge traf sie den alten Hermit, der von Clava Cairn herabgestiegen kam. Sein Schritt war schleppend. B e stimmt plagte ihn wieder die Gicht.
    „Hallo, Miss Amber“, begrüßte er sie und winkte ihr zu.
    „Hallo, Hermit. Wie geht es Ihnen?“
    Er kicherte. „Wie soll es

Weitere Kostenlose Bücher