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Mond der Unsterblichkeit

Mond der Unsterblichkeit

Titel: Mond der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Meyer
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Stapel Texte verteilte. Wenn sie doch nur dieses Kribbeln in ihrem Magen und das aufgeregte Her z klopfen abstellen könnte.
    Aidan strahlte sie an und deutete mit dem Arm auf den letzten freien Platz. „Hallo Amber, setz dich da rüber. Wir wiederholen heute z u erst die 2. Szene aus dem 1. Akt. Du hast also genügend Zeit, um den Text noch einmal durchzug e hen.“
    Amber konnte nur nicken und steuerte den Stuhl an. Sie musste sich zwingen, dem Geschehen auf der Bühne zu folgen, bis sie an die Reihe kam. Glückliche r weise gelang es ihr, Aidans Gegenwart und die der anderen zu verdrängen, und ihre Ko n zentration auf die Rolle zu lenken. Dann lief alles wie von selbst. Sie schlüpfte in die Rolle der Paula und sprach den Text, als hätte sie die Worte nicht auswendig gelernt, sondern als wären es ihre eigenen.
     
    *
     
    Aidan betrachtete Amber und war erstaunt, mit welcher Hingabe sie die Paula ve r körperte. Sie besaß das Talent, die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen, wie er es noch bei keiner Studentin gesehen hatte. Sie spielte nicht die Paula, sondern sie lebte sie. Amber bewegte sich mit Anmut auf der Bühne und einer Selbsts i cherheit, die ungewöhnlich für eine Anfängerin im Schauspielmetier war. Sie besaß ein a n geborenes Talent, um das sie viele beneiden würden. Bewundernd glitt sein Blick über ihren wunderschönen Körper, und er eri n nerte sich an die Szene des gestrigen Abends. Fast hätte er sie geküsst. Die ganze Nacht hatte er an nichts anderes denken können, wie es sich anfühlen mochte, sie in seinen Armen zu halten. Nackt und unter seinem Körper vergraben. Wenn sie diese Szene zur Zufriedenheit aller Akteure abschließen wollten, durfte er nicht seine Gedanken nur an den gestrigen Abend verschwe n den, selbst wenn es ihm noch so schwer fiel.
    Thomas legte sich bei Amber mehr ins Zeug als bei Cleo. Amber schaffte es durch ihre schauspielerische Hingabe, ihn aus der Reserve zu locken, sodass seine Darstellung glaubhafter wirkte. Daher b e schloss Aidan die entscheidende Szene zu üben, in der sich Paula von Roger verabschiedete, weil dieser in den Krieg zog.
    Thomas riss Amber bei der Abschiedsszene stürmisch in die Arme. Echte Tränen rannen Ambers Wangen hinab. Als er sich umblickte, stellte Aidan fest, dass auch die Zuschauer von der Darbi e tung gefesselt waren. Dennoch entging ihm nicht der begehrliche Blick, mit dem Th o mas Amber bedachte. Als Thomas’ Hand jedoch Ambers Brust b e rührte, als wäre es zufällig, fand Aidan, dass das zu weit ging.
    „Genug!“, unterbrach er und wandte sich an Thomas. „Ich habe dir schon bei Cleo gesagt, dass du mehr Gefühl an den Tag legen musst. Von plumpen Ann ä herungsversuchen habe ich nichts g e sagt. Stell dir vor, Roger sieht Paula nicht wieder, es ist ihr letzter Kuss und nicht ihr letzter Sex.“
    „Soll ich sie jetzt küssen?“, fragte Thomas hoffnungsvoll und l ä chelte Amber an.
    „Ja, verdammt nochmal. Und denk an das, was …“
    Aidan erstickte fast an seinen Worten, als er sah, wie Thomas sich über Amber beu g te, die jetzt mit geschlossenen Augen auf dem Diwan lag, und seine Lippen auf die ihren presste. Am liebsten wäre er auf die Bühne gesprungen, um Thomas beiseite zu stoßen. Wütend über sich selbst, kniff er die Lippen zusa m men. Das hier war eine gespielte Szene und Amber war auch nicht seine Freu n din. Im gleichen Moment verlor Thomas, der sich auf der Lehne des Diwans aufgestützt hatte, das Gleichgewicht, und fiel auf Amber. Aidan hielt den Atem an.
    „Schluss jetzt!“, rief er. „Sofort!“
    Thomas’ Lippen lagen noch immer auf Ambers, die ihre Hände g e gen seine Brust stemmte und versuchte, ihn wegzuschieben. Als sie seinen Kopf mit der Hand wegdrückte, ließ Thomas wide r willig von ihr ab. Die Zuschauer klatschten und johlten vor Begeist e rung.
    „Weiter!“, rief einer.
    Aidan sah rot. Er stand kurz davor zu explodieren. „Schluss für heute. Die Vorstellung ist b e endet, Leute. Verlasst den Saal, ich muss mit den beiden reden, wenn das was werden soll.“
    Unwillig folgten die Zuschauer dem Befehl. Amber erhob sich mit saurer Mi e ne vom Diwan, schob ihr T-Shirt h e runter und fuhr sich durch ihr zerzaustes Haar.
    Als alle den Saal verlassen hatten, wandte Aidan sich an Thomas. „Sag mal, was fällt dir eigentlich ein? Du kannst dich doch nicht ei n fach wie ein Holzklotz auf Amber fallen lassen! Das ist unprofessionell. Bei Cleo hast du dich um die Kussszene gedrückt, und bei

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