Mond der Unsterblichkeit
Klatschen folgte, als wenn eine Hand auf nackte Haut schlug. Kevin hob seinen Kopf, um das Geschehen zu verfolgen, doch Amber drückte ihn wieder nach unten und presste ihre Hand auf seinen Mund. Sie hörte die ve r zweifelte Gegenwehr des Bestatters, Zweige knackten und entflammten. Das Feuer fraß sich binnen Bruchteilen von Sekunden durch das Gebüsch und e r reichte das Versteck. Sie und Kevin rutschten so weit wie möglich zur Seite. Sie spürte Revenants Nähe, die Kälte, die von ihm ausging.
Etwas durchdrang ihren Jackenärmel und bohrte sich in ihren Obe r arm. Sie hielt vor Schmerz die Luft an. Flammen erfassten den Stoff und fraßen in S e kundenschnelle ein Loch. Amber rollte sich blit z schnell auf die Seite, um das Feuer auf dem Boden zu ersticken. Sie durfte auf ke i nen Fall schreien. Wie durch ein Wunder gelang es ihr die Flammen zu löschen, aber ihr Arm brannte entset z lich.
Ein animalischer Schrei erklang. Fest presste Amber den Bruder mit ihrem Gewicht auf den Boden. Eine Weile verharrten sie in dieser Position, bis es plötzlich still war. Sie hob als Erste den Kopf und spähte durch das Dickicht. Auch Kevin sah auf.
So wurden sie Zeugen einer Gräueltat, was Amber bitter bereute. Revenant packte den Bestatter am Revers. Hilflos wie eine Puppe lag McDuff in den A r men des Vampirs und wimmerte. Spitze Zähne senkten sich über die Kehle des Weh r losen und gruben sich in sein Fleisch. Bei dem schmatzenden Geräusch drehte sich Amber der M a gen um. Sie spürte, wie Kevin unter ihr wie Espenlaub zitterte. Seine Zähne klappe r ten so laut, dass sie sein Kinn festhielt. Amber hielt den Atem an, fürchtete, sich selbst durch das Luftholen zu verraten. Blut des Bestatters spritzte ihr ins G e sicht, als Revenant innehielt und den Kopf zur Seite drehte. Dann soff er gierig weiter. Ansche i nend ging es ihm nicht schnell genug, denn der Vampir zerfetzte Hals und Kehle seines Opfers, um den Blutfluss zu b e schleunigen. Nach einer Weile verriet das Geräusch berstender Knochen, dass der Vampir seinem Opfer das Genick gebrochen hatte. Ambers N a ckenhaare sträubten sich. Das Blut rauschte in ihren Ohren und alles um sie herum begann sich zu drehen. Ihr Arm brannte noch immer wie Feuer. Sie musste sich zusa m menreißen. Wenn sie jetzt die Besinnung verlor, waren sie geliefert.
Der Vampir warf den Bestatter wie eine schlaffe Hülle beiseite und wandte sich dann wieder an Gordon Macfarlane, der am Boden ka u erte. Er packte den Schlossherrn an den Haaren. Der Druide ve r suchte, sich aus der Umklammerung zu befreien, doch es glich mehr dem Zappeln eines hilflosen Fisches an der A n gel, als erfolgreicher Gegenwehr gegen den Wiedergänger. Schon senkte R e venant sein bleiches Gesicht über die Halsbeuge des Druiden. Binnen weniger Sekunden war die weiße Kutte Macfarlanes oberhalb des Brustkorbs blutdurc h tränkt. Seine dürren Arme erschlafften und hingen wie lahme Flügel herab. R e venant stieß den le b losen Körper mit den weit aufgerissenen Augen beiseite und wischte sich mit dem Han d rücken das Blut vom Mund.
Vor Angst gelähmt, starrte Amber auf die Leiche Macfarlanes. Das Groteske an der Situation wurde ihr bewusst. Das Bestreben Unster b lichkeit zu erlangen, hatte Macfarlane schneller das Leben geko s tet, als der Krebs. Wie würde Aidan den Tod des Vaters au f nehmen?
Doch schon wurde ihre Aufmerksamkeit wieder auf einen Vampir g e lenkt, der sich ihrem Versteck näherte. Seine Augen glühten rot. Suchend glitt sein Blick über das Dickicht. Er schnüffelte wie ein Tier, das Witt e rung aufnahm. Amber schloss die Augen. Wenn die Geister des Windes ihr schon einmal geholfen ha t ten, we s halb dann nicht auch jetzt?
Ihre Lippen formten tonlose Worte.
Geister des Windes, steht eurer Tochter bei .
Ihr Flehen schien erhört worden zu sein, denn eine starke Böe fuhr durch die Bäume hinter dem Steinkreis. Mit einem Rascheln fiel das Laub auf die Erde. Der Vampir wirbelte herum, in der Hoffnung auf weit e re Beute.
Das war der geeignete Augenblick für eine Flucht.
22.
A mber sprang auf, den Schmerz in ihrem Arm unterdrückend, und ze r rte Kevin mit aller Kraft auf die Beine. Dann rannten sie wie von Furien g e hetzt über das freie Feld, ohne auf die Richtung zu achten.
Sie wagte keinen Blick zurück. Hinter ihnen klangen die Schreie der Flüchte n den und das Gebrüll der Vampire durch die Nacht. Amber spürte, wie kalter Schweiß ihren Rücken hinunter
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