Mond der Unsterblichkeit
Wassers.
Der Dürre lachte auf. „Hört mal alle her, unser Rodney glaubt an Märchen! Ausgemachter Blödsinn. Dir ist wohl ne Latte beim Dachdecken auf den Kopf g e knallt, alter Junge?“
Rodney sah sich unsicher um, als alle ins Gelächter des Dürren ei n stimmten. Dann zuckte er mit den Schultern. „Es könnte doch sein …“
Aidan hätte die anderen für ihr albernes Verhalten schütteln kö n nen, doch er schwieg, reichte dem Verkäufer ein paar Pfund für den Einkauf und eilte aus dem Laden.
Nachdenklich fuhr Aidan zu Hermits Haus. Sonnenschein und wolkenloser Himmel ließen die Geschehnisse irreal erscheinen. Aber der tote Vater in der G e richtsmedizin entsprang keinem Trugbild. Dumpf schlug Aidans Herz in der Brust, als er an Hermits Tür pochte. Seine Hoffnung, den Alten anzutreffen, wurde erneut ze r schlagen. Nicht auszudenken, wenn ihm etwas zugestoßen war. Oder sollte Hermit ang e sichts der Gefahr das Weite gesucht haben? Verdammt, er hätte jetzt jemanden zum Reden gebraucht, jemand, der seine Sorge um A m ber verstand, und Rat wusste. Eine Weile saß Aidan in seinem Auto und wartete. Als Hermit nicht nach Hause kam, fuhr er zum Schloss zurück. Es war bereits Mittag und Amber schlief noch immer, sehr ungewöhnlich für eine Frühaufst e herin wie sie. Der Kaffee, den er am Morgen für sie gebrüht ha t te, stand noch immer unberührt in der Thermoskanne auf dem Küchentisch. Er ging hinüber zu ihrem Zimmer.
„Hey Schatz, willst du gar nicht aufstehen heute?“ Er küsste sie liebevoll auf die Schläfe.
„Ich fühl mich hundeelend“, antwortete sie in die Kissen. „Mein Arm schmerzt höllisch und überhaupt spüre ich jeden Körperteil, als hätte mich j e mand ve r prügelt.“
„Oh, das gefällt mir aber gar nicht. Ich dachte eigentlich, wir wollten gemei n sam nach Hermit suchen, aber wenn es dir nicht gut geht …“ Amber wirkte lethargisch. War sie krank? „Ich werde einen Arzt rufen“, sagte er bestimmt.
„Nein!“, rief sie, drehte sich um und hielt ihn am Arm fest. „Ich will keinen Arzt. So schlecht geht es mir auch nicht. Ich brauche nur ein wenig Ruhe.“ Bi t tend sah sie zu ihm auf.
„Okay, aber wenn es dir schlechter geht, sag mir Bescheid. Soll ich vielleicht deine Mutter anrufen?“
„Nein, bitte nicht. Sie braucht Abstand, bis zu Dads Beisetzung. Ich komme allein klar. Außerdem seid ihr noch da, Kevin und du.“
Aidan gab sich zunächst mit ihrer Antwort zufrieden, wenngleich er sich So r gen machte. Lange wü r de er sich das nicht mit ansehen.
Als Amber am nächsten Tag wieder nicht aufstehen wollte, lagen A i dans Nerven blank. Er war selbst todmüde, hatte in der Nacht kaum ein Auge zugetan, weil Amber schlafgewandelt war. Im dünnen Nachthemd war sie durch den Weh r gang zum ehemaligen Folterturm gegangen. Aidan war ihr gefolgt, hatte sie z u rück ins Bett getragen und die Tür hinter ihnen abgeschlossen. Sie trommelte mit ihren Fäu s ten gegen seine Brust.
„Lass mich, ich muss zu ihm.“
Aidan schüttelte sie grob. Erst da erwachte sie aus dem Schlaf. Sie klammerte sich zitternd an ihn. Dann war zwischen ihnen aufs Neue die Leidenschaft en t facht. U n gestüm, wie ein brodelnder Vulkan erwiderte sie seine Zärtlichkeit, was ihm mächtig eingeheizt hatte. Aber irgendetwas war anders zwischen ihnen g e wesen, als dachte sie an einen anderen. Der Gedanke war unerträglich.
Bis zum Morgengrauen wälzte er sich im Bett herum, und fühlte sich mit den ersten Sonnenstrahlen wie gerädert. Ruckartig fuhr er in die Höhe, als sein Blick auf den digitalen K a lender fiel, der über Ambers Bett hing. Heute war Mittwoch. Er musste in die Uni, eine wichtige B e sprechung des Kollegiums war anberaumt worden. Außerdem hatte er einen Termin mit dem Beerdigungsinstitut in Inve r ness, und er wollte intensiver nach Hermit suchen. Er drehte sich zu Amber, die tief schlief. Sanft strich er ihr eine widerspenstige Haarsträhne aus dem G e sicht. Sie war so anders als Moira, die immer im Mittelpunkt stehen wollte, weshalb er sich bis zu ihrem Verschwinden mit ihr gestritten hatte. Anfän g lich glaubte er noch an eine Versöhnung, bis ihre Beziehung zu Connor seine Hoffnung ze r stört hatte. Aidan verspürte wieder die Wut im Bauch. Gerade Connor, dieser einfältige Neffe Cecilias, ein Muskelprotz mit angeklatschtem Haar und wenig Hirn. Moiras Betrug hatte ihn ve r letzt. Zum Glück war es Schnee von gestern. Sollte sie doch mit diesem Connor glücklich
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